Vom Feuerlöschwesen im alten Amt Polle

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Vom Feuerlöschwesen im alten Amt Polle


„Durch der Hände lange Kette um die Wette fliegt der Eimer;

hoch im Bogen spritzen Quellen, Wasserwogen.“


(Friedrich von Schiller 1799)

Eine Feuersbrunst und ihre Bekämpfung in früherer Zeit konnten kaum packender dargestellt werden als in Schillers bekanntem „Lied von der Glocke“. Die mit Wasser gefüllten und von Hand zu Hand herangereichten Feuereimer spielten eine entscheidende Rolle. In Bächen oder Gräben, in künstlich angelegten Feuerteichen oder Zisternen, in Fässern oder Hausbrunnen wurden die Eimer in aller Eile gefüllt, ehe sie den Weg zur Feuerstelle nahmen.


In der Regel waren es Ledereimer, von denen jeder Hauswirt nach amtlicher Verordnung zwei in seinem Besitz haben sollte. Weil sie in dem Getümmel der Brandbekämpfung zuweilen verloren gingen, sei es aus Unachtsamkeit oder böswilliger Absicht, mussten sie mit einer Nummer versehen werden, die der Dorfschmied mit einem heißen Eisen einzubrennen hatte. In Polle geschah dies durch den Schmid Rörentrop, in Heinsen durch Schmied Bolte, in Brevörde durch Schmied Beysen, in Pegestorf durch Schmied Ulit und in Vahlbruch und Meiborssen durch Schmied Reuber in Vahlbruch. Da die Nummern an den Eimern mit den Hausnummern übereinstimmen sollten, mussten diese vielfach erst noch angebracht werden.


Statt der bisherigen Ledereimer empfahl die Obrigkeit die nach ihrer Meinung praktischeren und billigeren Segeltucheimer der Firma Hansen in Hildesheim, von denen „die Militärverwaltung, das Oberhofmarschallamt und die hiesige Stadt bedeutende Anschaffungen machte“. Der preis eines Segeltucheimers sollte nur 16 – 17 Ggr. betragen gegenüber 2 Rthlr. für einen Ledereimer. Als weiterer Vorteil wurde hervorgehoben, „daß sie haushoch herabfallen können, ohne daß sie leiden oder Untenstehende beschädigen“. Die Ledereimer wogen durchweg drei Pfund, die Segeltucheimer nur ein   Pfund, wohlgemerkt in trockenem Zustand. Eine aufmerksame, sorgfältige Pflege brauchten sie beide.


Interessant ist auch die Empfehlung einer „wohlfeilen Feuersprütze“ durch die Regierung. Es Heißt: „Von dem hiesigen Uhrmacher und Königlichen Münz-Granveur Maaß ist eine Feuersprütze erfunden und verfertigt worden, die, nach den damit angestellten Versuchen, wenn 16 Mann das Druckwerk führen, 28 bis 30 Feuereimer voll Wasser in einer Minute 60 bis 70 Fuß (rund 20 Meter) hoch in ununterbrochenem Strahle treibt, und ohne Beschlag der Räder  und Axen, nicht mehr als 87 bis 88 Rthlr. mit diesem Beschlage aber 103 bis 104 Rthlr. kostet“. Über den Erfolg dieser Werbung ist leider  nichts ausgesagt. An Konkurrenten auf diesem Gebiet fehlte es nicht.


Für die um 1800 auf dem Amt Polle bereits befindlichen Spritze bestand eine besondere „Instruction für die Sprützenmeister“. Sie besagte: „Bey entstehender Feuersbrunst liegt dem  Schmied Siedenburg (?), Tischler Diestelhorst und Amtszimmermeister Wilhelm Mönckmeier ob, sich sofort auf dem Amte bei der Feuersprütze einzufinden. Sie sorgten mit dafür, daß die auf dem Amte anwesenden Feuergeräte als  Eimer, Schlangen, Haken und Leitern nach der  Brandstelle kommen, eilen jedoch mit der Sprütze sofort nach der Brandstelle und besorgen die Leitung der Sprütze, verhüten, daß niemand anders zugelassen werde außer denen, welche das Pumpen zu verrichten haben und verhüten, daß die Sprütze zu heftiges Pumpen oder auf sonstige Weise kein Schaden zugefügt werde“. (Polle, den 22. November 1811)


Jeder Ort hat drei beeidigte „Feuerherren“ zu bestellen. Die für 1812 aufgestellte Liste enthält folgende Namen:  Polle: Zimmermeister Mönckemeier, Maurermeister Jacob und Paul Siedenburg. (Hier fehlt die Berufsbezeichnung; an anderer Stelle steht „Schmied“. Der Name ist nicht eindeutig zu klären.)  Heinsen: Friedrich Weper, Friedrich Oppermann und Friedrich Schrader.  Vahlbruch: Friedrich Stukenberg, Henrich Söfie, Hundertmark junior. Meiborssen: von der Heide, Osterhage junior, Ostermann junior. Für Brevörde und Pegestorf sind keine Namen angegeben, weil sie wohl einer anderen „Präfektur“ angehörten.


Die zur napoleonischen Zeit bestellten und beeidigten Feuerherren übten in der Regel auch die Funktion der „Feuer-Visitatoren“ aus, denen es oblag, alle Erlasse und Verordnungen auf ihre strikte Befolgung hin zu überwachen und Gesetzesübertreter anzuzeigen. Ihr Amt war schwierig und umstritten. Zwar sollten sie ihr Amt „oft und zu ungewissen Zeiten, für sich allein“ ausüben, aber die von der französischen Besatzung eingesetzten Beamten, der „Maire“ und „Maire-Adjunct“, wollten von den beabsichtigten Visitationen rechtzeitig benachrichtigt werden. Ein Schriftwechsel zwischen dem Poller Maire Otto und dem Ottensteiner Canton-Maire Keitel macht das deutlich.


Aus den einzelnen Punkten der Instruktion seien hier erwähnt: „Katzen, welche gewohnt sind, auf dem Herd zu liegen, abzuschaffen“ und „nie zu verabsäumen, des Abends und zwar von Ostern bis Michaelis nach 8 Uhr und von Michaelis bis Ostern nach 6 Uhr den angeordneten Wasser-Vorrath im Hause zu haben“. Im Übrigen werden die üblichen Verordnungen über den Umgang mit Feuer und Licht wiederholt.


Als Feuersignal dienten nach altem Herkommen die Kirchenglocken. Da über sie die Pastoren zu verfügen hatten, erging an die Geistlichen Sporleder für Polle und Brevörde, Stisser für Heinsen, Pfannenschmied für Vahlbruch und Meiborssen und Langheld in Hohe für Pegestorf am 4. Februar 1835 folgende Verordnung: „Bei entstehender Feuersbrunst im Orte oder in einer Entfernung von etwa 2 – 3 Stunden(!) sind die Sturmglocken zu läuten, um jedoch zu bezeichnen, daß das Stürmen ein ausgebrochenes Feuer andeute, ist vor jedem – einzelnen Falle die Glocke vorgängig anzuschlagen und zwar dergestalt, daß, wenn im Pfarrorte selbst das Feuer ist, immer 3 Schläge rasch nacheinander folgen und dann eine Pause eintritt. Ist das Feuer nicht im Pfarrorte, aber doch innerhalb des Amtes, so wird die Glocke vor dem Geläute immer zweimal rasch nacheinander angeschlagen und bleibt je dazwischen eine Pause. Wenn das Feuer indes außerhalb des Amtes ist, so folgen vor dem Beginnen des Geläutes die einzelnen Schläge einander nach angemessenen Pausen“.  Diese Lösung war alles andere als eindeutig. Wenn man dann weiterliest, daß das Läuten nur mit der ausdrücklichen Genehmigung der „Amts- oder Ortsobrigkeit oder der Prediger“ geschehen durfte, kann man ermessen. Wie viel kostbare Zeit vertan wurde. Oft wurde auch Klage geführt, daß die Pferdehalter sich weigerten, ihre Gespanne für die Spritze zur Verfügung zu stellen.


Neben der „Landschaftlichen Brandkasse Hannover“, deren Vorläuferin die schon 1751 gegründete „Landschaftliche Brand-Assecurations-Sozietät“ war, bestanden die „Aachen-Münchener“ und „Lübecker-Feuerversicherungs-Gesellschaft“.


Besonderes Augenmerk richtete die Regierung auf den Einbau eines Schornsteines durch eine „Bekanntmachung des Königlichen Ministeriums des Innern die Anlegung enger Schornsteinröhren betreffend vom 6. Junius 1854“. Nach einer Aufstellung von Otto Uhden in seinem Buch „Flecken und Schloß Bevern“ (Seite 80/81) gab es 1743 im damaligen Holzminden noch kein Haus mit einem Schornstein, und 1760 gab es in Lütgenade und Rühle je zwei, in Golmbach vier, in Reileifzen einen und in Grave  keinen Schornstein. Wenn für das Amt Polle auch keine derartige Aufstellung vorliegt, so werden dort die Verhältnisse nicht anders gewesen sein.


So genannte „tote Zäune“ (Stakets) zwischen den Häusern mussten beseitigt werden, weil sie einer eventuellen Brandbekämpfung hinderlich waren. Deuteten irgendwelche Gerüchte auf mögliche Brandstiftung hin, sollten in den Dörfern „temporäre Feuerwachen“ oder „Patrouillen“ eingerichtet werden.


Ein besonderes Muster an Vorsicht war ein Schreiben der Herzoglich Braunschweigisch-Lüneburgischen Kreisdirektion Holzminden vom 21. April 1856. In ihm wurden die hannoverschen Dörfer, die im Bereich der braunschweigischen Grenze lagen, darauf hingewiesen, daß anlässlich des 25jährigen Regierungsjubiläums des braunschweigischen Herzogs Wilhelm am 25. April Freudenfeuer auflodern würden. Sie sollten nicht missdeutet werden.

Anfang und Ende einer Spendenliste als Beispiel einer tätigen Nächstenliebe der Gemeinde Heinsen für die Abgebrannten der Stadt Einbeck. Wenn man für die Datierung die Amtszeit Des Pastors Helms zugrunde legt, muß dieses Brandunglück um 1850 gewesen sein.

 


Veröffentlicht:   11. Juli 1983   TAH -  

Autor Friedrich Wittkopp

Veröffentlicht:   11. Juli 1983   TAH -  Autor Friedrich Wittkopp

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