Polles Heimatdichter Carl Ziesel

Schreibt über die Französische Besatzungszeit

Poller Biographien

Polles Heimatdichter Carl Ziesel

Schreibt über die Französische Besatzungszeit


- Text von Wolfgang Wagner -

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Überlieferungen sowie Erzählungen, die schon Geschichte darstellen, erfordern, wenn sie niedergeschrieben werden, eine gewisse schriftstellerische Freiheit, die aber den historischen Kern nicht entstellen sollte. Seit längerem liegt schon ein Bericht vor, den Carl Ziesel „Der Hausvogt von Polle“ betitelte. Schriftstellerische Freiheit kann diesem Bericht nicht abgesprochen werden, sie macht ihn aber auch lesenswert. Seine Erstveröffentlichung erfolgte am 15. November 1896 in der Beilage Nummer 269 zum Hannoverschen Anzeiger in der Wahlheimat von Carl Ziesel, in Hannover. Dieser Bericht macht besonders deutlich, dass auch die Bevölkerung des Amtes Polle während der französischen Besatzungszeit schwer zu leiden hatte, durch Kontributionen und auch durch dienstbeflissene Beamte.


 


Carl Ziesel wurde am 4. März 1844 im Flecken Polle geboren. Seine Mutter Elenore Klenke, geboren am 16. Mai 1824, verstarb am 2. Oktober 1872. Sein Vater Ludwig Ziesel, unter französischer Besatzungszeit geboren am 5. Januar 1812, verstarb im gesegneten Alter von 82 Jahren am 14. August 1894. Er bekleidete, und dies ist aktenkundig, auch das Amt des Bürgermeisters in Polle.


 


Seine Jugend und einen Teil seiner Schulzeit wird Carl Ziesel sicher in Polle verbracht haben, fertigt er doch später in Rastatt „Max und Moritz in Polle“ in Form von Versen mit Zeichnungen an, von denen angenommen werden kann, dass er zum Teil die Jugendstreiche oder gar, besser gesagt, die Lausbubenstreiche selbst erlebt hat.


 


Als 22jähriger hat Carl Ziesel den Soldatenrock ausgezogen und ist am 27. Juni 1866 in der Schlacht bei Langensalza als Hannoveranischer-Cambridge-Dragoner dabei. Einige Jahre später trat er in Hannover als Telegraphensekretär in den Postdienst ein. Von seiner weiteren beruflichen Laufbahn wissen wir, dass er 1879 in Rastatt war und von dort die schon erwähnten Bubengeschichten von „Max und Moritz in Polle“ erhalten geblieben sind. Gut 100 Jahre später gingen sie in die Chronik des Fleckens Polle ein.   


 


Zu seinen Lieblingstouren gehörte neben Fritz Reuter Wilhelm Busch, der mit seinen bekannten gleichnamigen Geschichten wohl Carl Ziesel zu „Max und Moritz in Polle“ angeregt haben mag. Nach seiner Pensionierung malte Carl Ziesel Ölbilder, unter anderem seinen Eindruck aus der Schlacht bei Langensalza. Auch schrieb er Kurzgeschichten für den Hannoverschen Anzeiger, von denen heute einige eine geschichtliche Bedeutung für den Flecken Polle haben.


 


Zu den Geschichten gehört auch „Der Hausvogt von Polle“, identisch mit dem „Burgvogt von Polle“ und in der Chronik des Fleckens etwas abgeändert zur „Franzosenzeit im Weserbergland“. In der Oberweser-Mundart, die heute in Polle nur noch sehr wenig gesprochen wird, schrieb er die Geschichte „An’n  Wihnachtsabend up’n Anstand“. Eine weitere launige und zugleich detailreiche Geschichte aus seiner Feder erzählt, „Wie Polle in den Deutschen Zollverein kam“. Er beschreibt die herrliche Zeit, in der der Schmuggel in das Kraut schoss, und zeichnete den historischen Augenblick ab, wo nach erfolgter einmonatiger Vergünstigung, „dat was ne herrliche Tied“, am 1. Januar 1854 die „bedreuwete Wertschaft“ begann.


 


In seinem Heimatort und zu seinem Elternhaus, dem Haus mit der Nummer 19 auf der Marktstraße in Polle, muss es Carl Ziesel häufig auch in den späteren Jahren hingezogen haben. Dabei besuchte er auch seine Schwester Friederike, die mit Carl Mönckmeier auf der Großkötnerstelle Nummer 29, nur ein kurzes Wegstück vom Zieselschen Elternhaus entfernt, verheiratet war. Von seinem Besuch der Burgruine in den späten Jahren mit seiner Frau Sopie Rebekka, sie war die Tochter eines Hoteliers Evers aus Bremen, ist eine zeitgenössische Aufnahme erhalten geblieben.


 


Nur wenige Wochen nach seinem 69. Geburtstag, am 19. April 1913, verstarb Carl Ziesel. Seine letzte Ruhestätte fand der Heimatdichter in Hannover, wo auch seine vier Kinder wohnen. An seinem Todestag soll zur Erinnerung der Originalbericht vom 15. November 1896 aus der Beilage zum Hannoverschen Anzeiger aus der französischen Besatzungszeit in der damaligen Mundart wiedergegeben werden.


Wolfgang Wagner

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