Kriegsgefangenenlager und Fremdarbeiter im Flecken Polle

Texte und Berichte zu Polle

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Kriegsgefangenenlager und Fremdarbeiter im Flecken Polle

- von Wolfgang Wagner -



Während der Zeit des Zweiten Weltkrieges gab es im Flecken Polle Fremdarbeiter- und Kriegsgefangenenlager. Durch eine Befragung von Augenzeugen (Oral History) sollte versucht werden, die Bedeutung und den Umfang dieser Lager für eine Dokumentation zu erfasse. Der bisherige Stand der Erkenntnisse war nicht besonders ergiebig (Krause-Schmitt, Ngo, Schmidt 1986).


Domäne Heidbrink

Neben dem Gutshaus befinden sich einige landwirtschaftliche Gebäude sowie drei Arbeitshäuser, die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts errichtet wurden. Auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen wurden Getreide, Zuckerrüben und Kartoffeln angebaut. Der Pächter in den vierziger Jahren war Cornelius Hensen.


Schon um 1930 wurden polnische Arbeitskräfte angeworben, die hier Arbeit fanden und Familien gründeten (z. B. Familie Cikowski).  Unter anderem waren auch italienische Saisonarbeiter auf dem Gut tätig. In den Arbeitshäuser wohnte eine Familie Lasch aus Polen, die auf der Domäne als landwirtschaftliche Helfer beschäftigt waren. Beim Ausbruch des Polenfeldzuges 1939 wurde der Vater für eine gewisse Zeit interniert, während die Söhne zur Wehrmacht eingezogen wurden. Bei den schweren Kämpfen um den Brückenkopf Polle fand die Familie durch einen Tieffliegerbeschuss in einer Baracke des Steinbruches am Kapenberg (heute Mülldeponie) den Tod.1


Während des Krieges bekam die Domäne Hilfskräfte (Fremdarbeiter) zugewiesen. Es handelte sich um einen ältere Frau mit Sohn, zwei Junggesellen aus Polen und um eine vierköpfige russische Familie. Diese wohnte in den Eingeschossigen Backsteinbauten, die von einigen Einwohnern Polles die „Polenkaserne“ genannt wurde. Dennoch ist sicher, dass diese Menschen nicht isoliert und gemieden lebten, der Kontakt zur Bevölkerung war gegeben. Nach dem krieg wurden aufgrund des knappen Wohnraumes zusätzlich Flüchtlinge in den Häusern untergebracht.2


Im März 1945 erfolgten mehrfache LKW-Transporte mit französischen Kriegsgefangenen, die auf der Domäne übernachteten und unter Bewachung standen. Da ein großer Fahrzeugpark beobachtet wurde, dürfte es sich um mehrere hundert Personen gehandelt haben. Über den Verbleib der Transporte ist nichts weiter bekannt, lediglich der Hinweis, dass die Fähre benutzt wurde.


Das Lager auf dem Ritterhof

Der Ritterhof auf der Hinteren Straße war ein Fachwerkwohnhaus mit Wirtschaftsgebäuden, das im 17. Jahrhundert von der Familie von Behling errichtet wurde. Durch den Neubau der Grund- und Hauptschule (Ritterhofschule) fiel die alte Bausubstanz 1962 – 64 der Spitzhacke zum Opfer.

Gemälde des Ritterhofes in Polle (Vorkriegszustand)

Im Wohnhaus wurde 1940/41 ein Lager für französische Soldaten eingerichtet. Es bestand bis zum Kriegsende. Ein Zaun grenzte den Lagerbereich ab, der der Bevölkerung nicht zugänglich war. Die Lagerinsassen arbeiteten auf den landwirtschaftlichen Höfen im Flecken Polle, in Heinsen und im Nachbarort Brevörde. Am Wochenende erhielten diese ihre Verpflegung von einem dem Lager gegenüberliegenden Haus. Die Behandlung der Franzosen wird als gut bezeichnet. Als Wachmänner werden ein Axmann aus der Eifel (?) und ein Söffge aus Heinsen genannt. Unterschiedliche Angaben liegen bei der Personenstärke (10, 20 und 30) vor. Wahrscheinlich dürften aber kaum mehr als als 15 Gefangene in den Räumlichkeiten untergebracht worden sein.3


 Gasthof „Zur Krone“

Die Gaststätte „Zur Krone“ liegt am Ende der Marktstraße im Flecken Polle. Im Winter 1944/45 wurden hier etwa 50 italienische Soldaten, die unter ständiger Bewachung standen, im Saal des Gasthofes einquartiert. Dabei soll es sich um Soldaten des Generals Badoglio gehandelt haben, die sich geweigert hatten, an weiteren Kriegshandlungen teilzunehmen. Die Einquartierung dauerte ca. 3 Monate. Über das weitere Schicksal der Soldaten ist nichts bekannt. Wahrscheinlich wurden diese bei Annäherung der Front im April 1945 über die Weser fortgeschafft.4


Das Lager Nr. 3620 am Angerweg

In den mündlichen Mitteilungen wird dieses Lager von zahlreichen Personen genannt. Es befand sich gegenüber dem heutigen Friedhof. Der Aufbau der „Baracke“ erfolgte mit Fertigteilen im Frühjahr 1944 durch das Baugeschäft Klinge aus Polle und dem Zimmereibetrieb Winter aus Brevörde. Das Lagergebiet war mit einem Stacheldrahtzaun gesichert. Etwa 50 russische Soldaten wurden kurze Zeit später hier untergebracht.


Diese wurden Hauptsächlich bei Arbeiten im Staatsforst unter Aufsicht von Förster Engelke eingesetzt. Die Bekleidung der Gefangenen war insgesamt einfach. So wurden z. B. Holzschuhe getragen. Die Lagerinsassen waren sehr umgänglich und auch hilfsbereit. Einige fertigten Weidenkörbe, um diese gegen Lebensmittel einzutauschen. Die Verständigung zwischen den Lagerinsassen und der Bevölkerung wäre möglich gewesen, da ein Kaukasier relativ gut deutsch sprach. Allerdings waren Kontakte, Gespräche oder gemeinsame Mahlzeiten mit den Kriegsgefangenen der Bevölkerung strikt untersagt und wurden mit Strafe belegt. Abgetragene Kleidungsstücke oder Schuhe durften den Gefangenen nicht gegeben werden. Bei Zuwiderhandlung wurde dem Spender, wie in einem Fall geschehen, mit Lageraufenthalt  (KZ) gedroht.


Da die „Russen“ auch auf den Bauernhöfen arbeiteten, blieben natürlich Kontakte zu den deutschen nicht aus. „Da haben wir einfach die Tür abgeschlossen und saßen dann gemeinsam am Tisch“, so eine mehrfach wiederkehrende Mitteilung von verschiedenen Personen.


Das russische Lager bestand bis etwa Weihnachten 1944. Über den Verbleib der russischen Soldaten liegen keine Informationen vor. Ach Namen von Kriegsgefangenen konnten nicht in Erfahrung gebracht werden.


Kurze Zeit später wurden polnische Frauen aus Warschau mit ihren Kindern in der Lagerbaracke untergebracht. Es soll sich dabei um Familienangehörige gehandelt haben, die während des Aufstandes im Ghetto aus Warschau herausgeholt wurden. Eine Polin bekam im Februar ein Kind, wobei die Hebamme Hartmann aus dem Ort tätig war. Das Nötigste für die Mutter und das Kind wurde aus dem gegenüberliegenden Wohnhaus besorgt.


Die hygienischen Verhältnisse werden als befriedigend angegeben. Dazu fehlt es an Bekleidung und anderen persönlichen Dingen. Die Wöchnerin erkrankte; es erfolgte die Einlieferung in das Saalfeldstift Bodenwerder, das damals ein Krankenhaus war. Der Ehemann war zu dieser Zeit im KZ Dachau, stand aber mit seiner Frau in Briefkontakt. Dieser soll vor seiner Inhaftierung als Richter in Warschau tätig gewesen sein. Mutter und Kind überlebten die Kriegswirren und trafen sich später mit dem Ehegatten im Flecken Polle.


Die jüngeren und kräftigeren Frauen mussten im Wald arbeiten, die Betreuung der Kinder lag in den Händen älterer Frauen. Auf eine Bewachung scheint man in den letzten Kriegsmonaten verzichtet zu haben.5


Bei den schweren Abwehrkämpfen der Wehrmacht und der Waffen-SS um den Brückenkopf Polle brannten das Lager und zwei Scheunen am Angerweg ab (Meyer 1980).


Das  Lager im Steinbruch der Norddeutschen Hütte AG

Der Steinbruch, südlich von Polle gelegen, war von 1916 bis etwa 1947 in Betrieb. Es wurde dort der so genannte obere Muschelkalk gebrochen, der auch als „Trochitenkalk“ bezeichnet wird. Dieser zeichnete sich durch einen hohen Kalkgehalt aus, der für Süß- und Seewasserbauten, als Packmaterial für Straßen und als ausgezeichneter Zusatzstein für Hochöfen (Stahlerzeugung) angesehen wurde. Der aus der Hochofenschlacke hergestellte Zement besaß die Eigenschaft der Seewasserbeständigkeit (Lenz 1934).


Während des Zweiten Weltkrieges war die Förderung des Kalksteins eine kriegswichtige Produktion, da er für die Stahlerzeugung im Hochofenbetrieb Ostlebshausen bei Bremen benötigt wurde. Für die Aufrechterhaltung des Steinbruchbetriebes waren etwa 18 Fremdarbeiter arbeitsverpflichtet worden. Es handelte sich um Polen, Ukrainer und einen Ungarn. Diese erhielten für ihre Arbeit eine Schwerstarbeiterzulage. Zwischen Polen und den Ukrainern gab es gelegentlich Zwistigkeiten. Die Fremdarbeiter konnten sich frei bewegen und waren gehalten, um 22 Uhr in ihrer Unterkunft im Steinbruch zu sein. Auch gab es für sie Heimaturlaub, aus dem alle wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten. Ein reguläres Lager, das unter Bewachung stand, hat es nach den bisherigen Erkenntnissen nicht gegeben.6


Nach dem Krieg dienten die Unterkünfte den deutschen Ost-Flüchtlingen zur Notaufnahme, da im Flecken nicht ausreichend freier Wohnraum zur Verfügung stand, und dieser von einer Kommission aus Hameln zwangsbewirtschaftet wurde. Auch sollen nach dem Kriegsende die Polen in den Baracken zusammengefasst worden sein, bevor sie in das Sammellager im Schloss Bevern gebracht wurde.


Während des ersten Weltkrieges sollen im Steinbruch bereits russische Kriegsgefangene gearbeitet haben. Von denen zwei an Ruhr bzw. Cholera gestorben sein sollen.


Lager bei dem Gut Sonnenberg

Gut Sonnenberg

Westlich von Polle ließ die Gräfin von Reventlow 1928 eine schlossartige Anlage auf dem Hebenberg errichten. Der Wirtschaftsbetrieb, der bis zu dieser Zeit auf dem Behlingschen Rittergut auf de Hinteren Straße bestand, wurde nach der Fertigstellung der Gutsgebäude auf den Hebenberg verlegt. Durch seinen Gesamteindruck als Abgeschlossenen Anlage mit Erker. Turm und Torbauten erhielt das Gut im Volksmund die Bezeichnung Schloss Sonnenberg“. Bis 1940 waren die von Reventlow im Besitz des Gutes.


In der Nähe der Anlage, beim Vorwerk, stand eine Wellblechbaracke, in der während des Krieges drei internierte polnische Familien lebte. Diese arbeiteten auf dem Gut. In einer Geschichte von Gertrud Mutzke,  „Wirklichkeit in einer schlimmen Zeit“, wird die Geburt eines Kindes am Heiligabend 1943 geschildert. Dieser Bericht beschreibt eindringlich die unbefriedigenden Verhältnisse der Fremdarbeiter. Etwa 15 Personen dürften in der Baracke untergebracht gewesen sein.


Auch die Nachbarorte von Polle waren während des Krieges polnische Kriegsgefangene auf landwirtschaftlichen Höfen untergebracht, die dort arbeiten und offensichtlich auch Familienanschluss hatten.7

Italienische Saisonarbeiter auf Gut Sonnenberg

Auf dem Gut waren außerdem noch ca. 20 italienische Saisonarbeiter beschäftigt. Sie erhielten neben der normalen Essenration noch zusätzlich Zigaretten, Spaghetti und Chiantiwein.



Kriegsgefangenentransporte


Die Weserfähre wurde gegen Ende des Krieges in zunehmendem Maße durch Kriegsgefangenentransporte in Anspruch genommen. Etwa 14 Tage vor den schweren Kämpfen um den Brückenkopf Polle wurde eine große Anzahl von russischen Kriegsgefangenen von Westen nach Osten übergesetzt. Da diese Aktion mehrere Tage dauerte, dürfte eine erhebliche Anzahl an Personen (2000 – 3000) transportiert worden sein. Nach einer kurzen Rast mit Verpflegung auf einem Platz hinter der Fähre wurden die Gefangenen weitergeführt.8

Poller Fährübergang über die Weser (historische Postkarte)

Sonstige Fremdarbeiter im Flecken Polle


Einige Fremdarbeiter waren auf Bauernhöfen untergebracht. Sie arbeiteten und schliefen dort, wurden verpflegt und hatten im Haus so etwas wie eine Schlafkammer. Dass sich hier natürlich auch soziale Kontakte entwickelten, war natürlich verboten, letztlich jedoch die Hofgemeinschaft unausbleiblich. Strafandrohungen wurden in vielen Fällen ignoriert oder einfach umgangen.


Im Flecken gab es mehrere bäuerliche Familien (die Größe des Betriebes spielte für die Verteilung von Hilfskräften keine Rolle), bei denen polnische und belgische Fremdarbeiter mit im Haus lebten. Frauen waren in der Minderzahl, auch wenn keine konkreten Zahlen angeführt werden können.


Anzumerken ist och, dass es in den siebziger Jahren Besuche von ehemaligen Fremdarbeitern in Polle gegeben hat. Als Beispiel kann hier das kleine landwirtschaftliche Anwesen der Familie Müller angeführt werden. Diese bekamen 1942/43 einen Russen, der „Tolli“ hieß. Sein Vater wurde auf dem Hof von Bohmhauers untergebracht. Sohn und Vater sprachen gebrochen Deutsch. Über die Herkunft ist nichts weiter bekannt. „Tolli“ erkrankte vermutlich an Fleckfieber, wurde nach Hameln ins Krankenhaus eingeliefert und verstarb Eine geraume Zeit später kam „Andrè Feis“ als Helfer auf den Hof. Sein Alter dürfte wohl etwa 20 Jahre gewesen sein. Wahrscheinlich kam er aus Belgien. Es folgten Norbert de Bie aus Belgien, der sich freiwillig zur arbeit in das „Reich“ gemeldet hat, um Repressalien (KZ) von seiner Familie abzuwenden. Er arbeitete in Sorau und in Berlin und konnte vor der Einschließung der Reichshauptstadt durch russische Truppen das Weserbergland erreichen. In Polle wurde er auf  dem Hof der Familie Müller auf der Bergstraße untergebracht. 1976 besuchte Norbert de Bie Frau Alwine Müller in Polle. Die Überraschung und die Freude warengroß. Der Kontakt mit der Familie de Bie wurde im Januar 1989 erneut aufgenommen.9


Zusammenfassung der Ergebnisse und Ergänzungen

Durch Akten der Gemeinde


Nach dem bisherigen Stand der Nachforschungen hat es im Flecken Polle als bewachte Lager nur die Baracken am Angerweg und im Ritterhof an der Hinteren Straße gegeben. Die Wellblechbaracke beim Vorwerk und im Steinbruch können als „Lager“ in diesem Sinne nicht verstanden werden, wenn auch im Einzelfall das Schicksal der Betroffenen ähnlich einzustufen ist. Ein nicht weniger trauriges Kapitel sind die verschiedenen Gefangenentransporte, die gegen Ende des Krieges durchgeführt wurden und sich in der Regel nur durch Augenzeugenberichten erfassen lassen. Nur erahnen können wir den seelischen und körperlichen Zustand, dem diese Menschen durch den anhaltenden physischen und psychischen Druck ausgesetzt waren.


Eine Suchaktion. Die von der Militärregierung „nach vermissten Angehörigen der Vereinten Nationen angeordnet“ und in einem Rundschreiben vom 17.4.1946 vom Oberkreisdirektor der Kreisverwaltung Hameln an den Bürgermeister weitergeleitet wurde, ergab für die Zeit vom 3.9.1939 bis zum 8.5.1945 für Polle folgende Aufstellung: 3 Belgier, 85 Polen und 48 Russen sowie drei Beisetzungen.


Aus den Akten der Gemeindeverwaltung des Fleckens Polle zum Meldewesen bei Ausländern konnte weiterhin noch folgendes entnommen werden:


In einem Schreiben vom 9.2.1938 des Landrates in Hameln an die Bürgermeister im Landkreis wird darauf hingewiesen, „dass eine ordnungsgemäße Kontrolle der Ausländer aus sicherheitspolitischen Gründen unbedingt erforderlich ist. Die Durchführung der Kontrollen durch die zuständigen Gendarmeriebeamten, die Prüfung des Auslandspapiere der Ausländer durch mich, die Erteilung der Aufenthaltsgenehmigungen, die Ausstellung der Karteikarten, die Benachrichtigung der Staatspolizeistellen usw....Ich ersuche deshalb die Herren Bürgermeister, mir künftig diese Meldungen unbedingt und rechtzeitig einzureichen.“ Am 17.4.1939 gibt der Landrat aus Hameln folgendes bekannt: „Der Herr Reichsminister des Inneren weist in seinem Erlaß vom 5.4. d. J. nochmals auf die Bedeutung der Erfassung aller in Deutschland lebenden oder noch zuziehenden Ausländer hinsichtlich der Durchführung des Vierjahresplan hin u. ordnet nochmals die restlose Erfassung sämtlicher Ausländer an.“


Am 27.2.1940 ordnet der Landrat erneut an, „Polnische Gesindekräfte und Wanderarbeiter stets zu überwachen....Arbeitgebern, die ihre polnischen Kräfte leichtfertig entweichen lassen, werde ich die ausländischen Arbeiter entziehen....Die Überwachung der ausländischen Arbeiter ist während des Krieges besonders vordringlich.“ Am 23.3.1940 gibt der Landrat in einem Rundschreiben an die Bürgermeister des Kreises bekannt: „...es sind bereits etwa 450 polnische Wanderarbeiter in meinem Kreise zur Arbeitsleistung untergebracht.“ In einem Rundschreiben vom 9.4.1940 wird die „Erfassung aller im Altreich eingesetzten Landarbeiter polnischen Volkstums“ angeordnet. „Die starke Zunahme fremder und bisher feindlicher Arbeitskräfte birgt eine große Gefahr in sich. Dieser Gefahr zu begegnen, sind seitens der Regierung besondere Maßnahmen getroffen worden. Kennzeichen der Ausländer durch ein auf der linken Brustseite zu tragendes gelber P (Polen), das Mitführen einer mit Lichtbild und Fingerabdruck versehenen Arbeitskarte, Ausgehverbot, Verbot zum Betreten von Gaststätten, Verbot zum Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel ohne besondere Erlaubnis, strengste Meldepflicht seitens der Betriebsführer usw.“


Ein Rundschreiben der Geheimen Staatspolizei – Staatspolizeistelle Hannover – vom 10.4.1942 kündigt folgendes an: „In den nächsten Tagen ist der Einsatz einer größeren Anzahl von Arbeitskräften aus den altsowjetrussischen Gebieten zu erwarten. Die sowjetrussischen zivilen Arbeitskräfte werden in geschlossenen Lagern zusammengefaßt, die sie nur zum Zwecke des Arbeitseinsatzes verlassen dürfen. Hierbei bildet der Einsatz von einzelnen weiblichen Arbeitskräften in der Landwirtschaft die einzige Ausnahme. Sämtliche sowjetrussische Arbeitskräfte unterliegen besonderen Beschränkungen und strenger Bewachung...“


Anmerkungen:


1 Gemäß einer Mitteilung von Georg Bruns, Polle.

2 Nach Aussage von Anneliese Henze, Polle, die viele Jahre auf der Domäne Heidbrink wohnte und arbeitete.

3 Gemäß einer Mitteilung von Frau und Herrn Ludwig Schmidt, Polle, die zeitweise Kontakt mit einigen französischen Gefangenen hatten.

4 Gemäß einer Mitteilung von Georg Bruns, Polle.

5 Information durch Anneliese Lampe, Polle, die in der Nähe des Lagers gewohnt hat.

6 Mitteilung von Frau Brünninghaus, Polle, die während des Krieges im Büro des Steinbruchbetriebes gearbeitet hat.

7  Nach Mitteilung von Friedrich Klages, Heinsen, der während seiner Jugend Kontakt mit den polnischen Arbeiter hatten.

8 Gemäß einer Mitteilung des Fährmannes Wilhelm Winter, Polle, und dessen Vater.


Quellennachweise:


Brednich, R. (1988): Quellen und Methoden. In: Grundriss der Volkskunde. Einführung in die Forschungsfelder der europäischen Ethnologie. Berlin 1988, S. 73 -93


Krause-Schmitt, U.; Ngo, M.; Schmidt, G. (1986): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu den Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933 – 1945, Niedersachsen II, Band 3, S 86


Lenz, W. (1934): Die Geologie des Kalksteinvorkommens an der Oberweser. In: Heimatbuch des Kreises Hameln-Pyrmont, 1934, S. 138 und 236


Meyer, H. (1980): Damals. Der Zweite Weltkrieg zwischen Teutoburger Wald, Weser und Leine, Preußisch Oldendorf 1980, S. 185 – 191


Richter; Schüddekopf; Strohtmann (1962): Unser Jahrhundert im Bild, Gütersloh 1964


Wagner, W. (1990): Der Flecken Polle. Eine Bilderchronik, Horb am Neckar, 1990


Archiv des Flecken Polle: Akten betreffend der Fremdarbeiter,  Akten betreffend des „Russenlagers“ am Angerweg

 

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