Der Spritzenplatz in Polle und seine Bedeutung
Der Spritzenplatz in Polle und seine Bedeutung
- Wolfgang Wagner -
Der Spritzenplatz führt in seiner topographische Lage die Mittel- und Burgstraße im alten Ortskern zusammen – denn der Ort wurde im Mittelalter als so genannte Zwei Straßenanlagen planmäßig angelegt. Als einer der letzten Plätze ist er durch den steigenden Autoverkehr noch nicht zerstört worden. Eine kleine Betrachtung soll die mögliche Bedeutung erschließen, die wir heute als Geschichte zu verstehen haben. Nach einer älteren nur mündlichen Überlieferung traf man sich hier wenn im Ort ein Feuer ausbrach. Dieses würde den eigentlichen Namen sowie seine eigentliche Funktion gut erklären. Bis in die zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts befand sich auf dem Spritzenplatz auch ein kleiner gemauerter Brunnen, der dann zugeschüttet worden ist. Eine Linde mag in den dreißiger Jahren gefolgt sein, die bei den älteren Einwohnern noch als „Hitlerlinde“ bekannt ist. Ob in dem zurückliegenden Jahrhundert hier noch ein kleines Feuerwehrhaus stand – kann nur vermutet werden. Zeitgenössische Aufnahmen von dieser Situation oder spezielle Schriftdokumente, die dieses belegen könnten, liegen bisher nicht vor. Bei der Linde stand noch bis etwas 1967 ein so genannter „Milchbock“ auf dem die schweren Milchkannen von den umliegenden Kleinbauern angeliefert und vom Milchwagenfahrer für die Molkerei nach Holzminden abgeholt wurden. Auch erinnere man sich gern daran, dass wir als Kinder auf dem „Spritzenplatz“ bei Oppermanns gespielten haben. Der Platz im oberen Ortsbereich war also schon immer prädestiniert, denn es gab für die Bewohner ein Ober- und ein Unterdorf! Als weiteren wesentlichen Punkt muss die Wasserversorgung genannt werden, die „Im Tappen“ abgezweigt und den ehemaligen Brunnen sowie Teiche bei dem ehemaligen Ritterhof - heute Ritterhof Schule - versorgte. Da nun der alte Brunnen auf den Spritzenplatz sowie der alte Behlingsche Ritterhof nicht mehr existieren, kann hier nur ein unvollständiges Bild nachgezeichnet werden. Die Wasserversorgung erfolgte also grundsätzlich durch den „Piepenbach“, der im Glasetal künstlich abzweigt und am Westhang des Birkenberges zum Tappen geführt wird. Nach älteren Karten existiert der Piepenbach bereits im 18.Jahrundert – dürfte aber nach vorsichtiger Einschätzung noch um 2oo Jahre älter sein. Wahrscheinlich wurde der Bachlauf im ausgehenden Mittelalter zur Wasserversorgung für den oberen Ortsbereichs (Klosterhof, Kluse im Klostergang) für Mensch und Tier angelegt und versorgt seit dieser Zeit den Ort mit Wasser. Das Wissen um die Bedeutung und den Ursprung sind im laufe der Zeit ganz offensichtlich verloren gegangen.
Das Thema „Spritzenplatz“ ist also mit der „Piepenbache“ als Wasserversorgung im Zusammenhang zu sehen. Denn Hydrologisch ist im alten Ortskern keine stetige sowie brauchbare Quelle zu finden. Wasser musste also zugeführt oder geholt, d.h. geschöpft werden. Quellen sind am Papenbrink und im Glasetal zu finden. Die gesamten Wasserverhältnisse (z.B. der Mühlenbetrieb der Amtsmühle, die Blaufärberei, mögliche Brunnen im Unterdorf, Anlagen „Im Teiche“ usw.) sind noch einmal gesondert zu betrachten.
Durch die Um- und Neugestaltung des Spritzenplatzes 2004 wurde eine Anlage geschaffen, die zum Verweilen und Ausruhen einladen soll. Mit dem Brunnen möchte man an die historische Überlieferung anknüpfen, dieses war auch die Idee und der Wunsch des Arbeitskreises Dorferneuerung. Ein interessantes Beispiel, das sich hier für eine vergleichende Betrachtung heranziehen lässt ist in Hellental zu finden. Nur die Dimensionen sind größer und vielleicht auch beeindruckender. Auffällig ist eine eingefasste Quelle im oberen Ortsbereichs, darunter ein kleines Feuerwehrhaus (1875) und der große Feuerlöschteich, der in das Dorfbild eingepasst ist und diesen bestimmt. Ein paar Bilder mögen dieses verdeutlichen.
Autor: Wolfgang Wagner
Der Spritzenplatz um 1955
Der Spritzenplatz um 1935
Situation 1992
Literatur:
W. Wagner (1990): Flecken Polle – Eine Bilderchronik, Seite 59
Dieter Wieland (1984): Bauen und Bewahren auf dem Lande
Hrsg. Deutscher Heimatbund: Plädoyer für ein Leben auf dem Lande. Europäische Kampagne für den ländlichen Raum 1987-1988
Manfred Sack (1982): Lebensraum - Strasse
H. Seedorf (1977): Topografischer Atlas Niedersachsen u. Bremen
K. Brüning (1976): Handbuch d. historischen Stätten Deutschlands „Niedersachsen /Bremen“