Auf den Spuren der Burg der Eversteiner

Unter ihrem Schutz erhielt Holzminden im Jahre 1245 seine Stadtrechte

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Auf den Spuren der Burg der Eversteiner

Unter ihrem Schutz erhielt Holzminden im Jahre 1245 seine Stadtrechte


Eine Eversteinsche Burg in unserem Holzminden? Es sollte allgemein bekannt sein und ist es doch nicht. Sehen wir zu, wo sie lag.


Der Blick vom Hafendamm auf unsere Stadt ist zumindest eigenartig – er könnte noch schöner sein, wenn nicht so manches Ungepflegte den Anblick störte: Verträumt liegt der Hafen, von der Zeit längst überholt und ohne jede Bedeutung, als wüsste er, daß seine Tage gezählt sind. Schön ist die Allee auf dem Hafendamm mit ihren weit herabschirmenden Kastanien. Wer Interesse für Naturgegebenheiten hat, findet hier mehrere Bäume mit Drehwuchs. Schön und ganz eigenartig ist die alte Kastanie am Hafen, dahinter die kleinen Häuschen aus der Zeit, als hier der Steinhof Umschlagsplatz für den Sollingsteinversand war. Dann breit gelagert das Fährhaus mit seinem schönen alten Sollingplattenbehang. So schön dieser alte Behang an sich ist, noch schöner wird die Fachwerksfront sein, die er jetzt verbirgt und die eines Tages in ihrer ganzen Schönheit und in prächtiger Farbenwirkung wieder erstehen soll.


Das ist der Platz, auf dem einst die Burg, Otto von Eversteins „vestes Hus to Holtesminne“, stand. Der südliche Teil der Burg wurde zum Hafen, Mauerreste sollen bei der großen Kastanie noch in der Erde stecken. Beim Ausschachten des Hafens mag man vielleicht auf Mauern der Burg gestoßen sein – aber was gab die vergangene Zeit schon auf solche Funde?  Für uns Holzmindener ist es jedenfalls nicht ohne Interesse, einmal über die Burg etwas zu erfahren, unter deren Schutz Holzminden im Jahre 1245 die Stadtrechte bekam. Es sind also nur noch vier Jahre bis zu unserer 700-Jahrfeier . . . .


Das Gebiet der Burg war ziemlich ausgedehnt, da auch ein größeres Vorgelände dazu gehörte. Wie die meisten derartigen „festen Häuser“, wird auch die Holzmindener Burg aus zwei Teilen bestanden haben, der so genannten „oberen Burg“ (was aber hier nichts mit einer Höhenlage zu tun hatte) und einer Vorburg. Dazu wohl außerhalb der Befestigung ein Vorwerk als Wirtschaftsgebäude. Die genaue Lage der einzelnen Teile wird sich allerdings kaum feststellen lassen, durch den Hafen ist der vermutlich südliche Teil ganz verschwunden, und daß Mauerreste in dem übrigen Gelände einmal freigelegt würden, kann nur ein Zufall bringen. Es wird angenommen, daß zwei Türme vorhanden waren, das einige Mal erwähnte Haus wird das Herrenhaus gewesen sein, Tor und Notpforte fehlten nicht. 1393 hatte Graf Hermann von Everstein innerhalb dreier Jahre 20 Mark am Turm, 20 Mark am Hause und 20 Mark am Vorwerk zu verbauen. Hierzu braucht wohl nichts erwähnt zu werden, daß die Wertbezeichnung „Mark“ im 14. Jahrhundert anders zu verstehen war als heute. Es ist ja nicht sehr viel, was wir von der Burg Holzminden wissen, die Quellen sind recht spärlich. Ausmessungen oder wenigstens sachliche klare Beschreibungen solcher alten Reste waren ja früher nicht gebräuchlich, so dass hier wie in so vielen Fällen alles verloren ist.


Die Auflösung der Burgstelle muss schon vor 1577 begonnen haben; denn Wulbrandt Gülichen, Unterlandsknechtshauptmann in Wolfenbüttel, kaufte damals mit des Herzogs Zustimmung ein Haus auf dem Burgplatze. 1607 war die Burg bereits ganz „desolat“, also zerfallen. Im gleichen Jahre überlässt Heinrich Julius seinem Amtmanne zu Fürstenberg Nicolaus Theßmar den „sumpfigen Ort im Knick bei seinem Burgplatz zu Holzminden“ am Neuen Tore. Theßmar soll den Platz gegen Entschädigung wieder hergeben, „wenn wir unser Schloß Holzminden wieder erbauen lassen.“ Dazu kam es aber nicht, Th. errichtete hier das Haus Grabenstr. 43, das Tillyhaus. Soweit erstreckte sich also das Gebiet der Burg. Auf dem bekannten Merianschen Stiche, 1654 veröffentlicht, ist der Rest der Burg und rechts vom Burgturme, auch obiges Theßmarsche Haus, heute Tillyhaus, in seiner damaligen Gestalt (das Dach noch nicht abgewalmt) zu sehen. Das Neue Tor stand in der Nähe des jetzigen Spritzenhauses am Hafen. Die Zeichnung gibt den südlichen Stadtteil nach dem Merianschen Stiche wieder; es ist ein möglichst originalgetreuer Ausschnitt, vergrößert, aber in der Technik dem Stiche nachgeahmt.


Geben wir nun noch dem alten Merian das Wort: „Das Fürstliche Wolfenbüttelsche Ampt Holtzminden ist ein uhraltes Hauß, hat seinen Nahmen von dem Bache, welcher in dem Söllinger Walde bey der Newstatt (Neuhaus) entspringet und die Holtzminde genannt wird. Dieses uhralte Hauß und Vestung ist für etzlichen hundert Jahren ruiniert, vermuthlich zu dero Zeit, als das Gräfliche Schloß Eberstein von weyland Hertzogen Bernhard und Hertzogen Heinrich zu Braunschweig und Lüneburg bestritten, gewonnen und geschleiffet worden, welches anno 1416 geschehen.“ Also ein ungefährer Anhalt, wann die Burg Holzminden zerstört wurde. Aber weiter: „Sonsten ist ads gemalte uhralte Hauß Holtzminden (davon die starcken, hocherbaweten Mauern nebst einem von gehawenen Steinen hoch auffgemawerten sehr starcken runden Thurm noch fest stehen) oben an die Statt Holtzminden hart bey die Weser an einem luftigen Orte gelegen und hat es daselbst ein sehr luftige fruchtbare Gegend, stattliche große Felder, Wiesen und Aven, einen reichen Kornbaw, deßgleichen an Holtzungen und Fischereyen nicht allein die Notdurfft, sondern einen Ueberfluß usw.“


Das ist , wie schon gesagt, nicht sehr viel, aber immerhin genug, um sich ein Bild der einstigen Burg machen zu können, und es erscheint uns nicht unnötig, das Erinnern an die Zeiten, da Holzminden ein Burgsitz war, wach zu halten. Jakob Grimm sagt:


„ In Rom, Athen und bei den Lappen

spähen wir jeden Winkel aus,

dieweil wir wie die Blinden tappen

daheim im eignen Vaterhaus.“


Dieses kenntnislose Tappen ist nicht gerade rühmenswert, deshalb mögen diese gelegentlichen Hinweise auf die Vergangenheit unserer Heimat freundlich aufgenommen werden.


Sie war einmal, die Eversteinsche Burg! Wir können sie nicht wiedererstehen lassen, wollen das auch gar nicht – aber den Platz, auf dem sie stand, können wir schon etwas in Ehren halten. Augenblicklich - - ? Aber das braucht ja kein Dauerzustand zu bleiben, als Stapelplatz für allerlei sonst nicht unterzubringendes Lagergut ist die Stelle, die sich von der Dampfer- und Brückenseite her eine Visitenkarte der Stadt darstellt, zu schade. Man denke an die Schauseite anderer Weserstädte – Höxter, Hann.-Münden -, hier wäre einmal Gelegenheit, durch schmucke Grünflächen, durch ein gepflegtes Gelände auch den Dampferreisenden einen guten Eindruck zu machen. Wo ein Wille ist, wird schließlich auch ein Weg gefunden.


C. Sauermilch.

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Autor: C. Sauermilch.

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