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„Bewahrt
euer Feuer und euer Licht, daß euch dadurch
kein
Schaden geschieht!“
(Aus einem alten
Nachtwächterlied!)
Feuersbrünste haben
zu allen Zeiten nicht nur Angst und Schrecken unter den betroffenen
verbreitet, sondern unersetzlichen Schaden an Hab und Gut angerichtet,
der in den meisten Fällen den Geschädigten an den
Bettelstab brachten. Erst nach vielen Jahren mangelhafter Selbsthilfe
nahm auch die Obrigkeit den Kampf gegen den „roten
Hahn“ auf.
Verordnungen und harte
Strafandrohungen gegen
nachlässigen Umgang
mit Feuer und Licht:
Eine Verordnung von 1687
wendet sich gegen die Verarbeitung des Flachses in den
Häusern, weil sie meistens im Herbst und Winter bei offenem
Licht vorgenommen wird. Es heißt darin: „ . . .
daß zu Verhütung der aus der Flachs-Verarbeitung zu
öfteren entstandenen Feuersbrünsten
fürterhin der Flachs und Hanff
nicht mehr in denen Wohn-Häusern, so wenig bey Tage als bey
Nacht, gedörret, sondern auff jeder commun Kosten darzu eigene
à part (getrennt) gelegen Häuser aptiret
(hergerichtet) werden sollen.“ Daß derartige
Mahnungen kaum Erfolg hatten, beweisen weitere Verordnungen
ähnlichen Inhalts. Sie werden auch auf das Dreschen des
Getreides ausgedehnt.
Der Flachs wurde nach wie
vor „in oder bey denen Häusern, absonderlich aber in
oder auf denen Back- und anderen Ofens, auch nahe bey dem Feuer-Heerdt
getrocknet“; „imgleichen die Korn-Frucht
bey offenem Lichte, ohne Leuchten, gedroschen worden.“
Was man unter „offenem Licht“ und
„Leuchte“ verstand, besagt ein besonderer
Paragraph: „Soll keiner bey fünf Reichsthalern oder
härterer Straffe sich unterstehen, des Nachts oder zu
Abendzeiten bey einem Kreysel oder offenem Leuchte Früchte zu
dröschen, sondern dazu jedesmahl eine zugemachte Leuchte
gebrauchen, und selbige an einen unschädlichen Orte
aufhangen.“ Bei den Kreyseln oder Krüseln
unterschied man zwischen dem Hängerkrüsel oder dem
Standkrüsel, die mit einem einfachen Docht und mit Tran
(Rüböl) als Energiespender versehen waren.
Gelegentlich einer
großen Feuersbrunst in Sulingen (1719), die durch
unvorsichtiges Tabackrauchen
hervorgerufen worden sein soll, wird den Pfeifenrauchern der Kampf
angesagt. Unter Hinweis auf die verheerende Feuersbrunst, wobei
„der gantze Ort in einer Stunde in die Asche geleget worden,
solches aber guten theils daher zu rühren scheint,
daß die Schmaucher (niederdeutsch: Smeiker) bey der Arbeit
sich hin und her bewegen, und solchergestalt leicht von dem brennenden
Taback etwas verschütten, und dadurch den Brand
verursachen.“
In Zukunft soll niemand
„an was Orten und Enden es seyn möchte, auch in
denen Stuben Taback zu rauchen, ohne auf dem Kopff der Pfeiffen eine
Kapsel von Blech oder anderm Metall zu haben, worinnen oben im Boden
sich kleine Löcher befinden, wodurch nicht leicht eine
brennende Kohle kommen, hergegen aber die Luft dringen und der Taback
brennen kann.“ Zuwiderhandelnde werden mit zwei Thalern in
Strafe genommen. Etwaige Denunzianten erhalten von dem
Bußgeld die „Halbscheid“, (1719).
Als besonders
feuergefährlich betrachtet man das damals übliche Dörren und Brennen der zerschnittenen
Chichorienwurzeln zur Beschaffung eines Kaffeeersatzes.
„Da diese sehr leicht völlig in Flammen gerathen,
wenn sie auf heissen Platten gedörrt werden“, wird
dieses Verfahren strikt untersagt. Auch hier fällt das
Bußgeld von zwei Reichsthalern dem Denunzianten zu, (1798).
Eine besondere Verordnung
wendet sich gegen das „Schiessen
und Placken in offenen Städte, Flecken und
Dörfer.“ Mit „placken“ oder
„plackern“ bezeichnete man das planlose
Schießen der Soldaten, das aber auch „bey
Hochzeits- und dergleichen Zusammenkünfften, oder sonst bey
anderen Gelegenheiten, Gelagen und Gästereyen“ zur
gefährlichen Unsitte geworden war. Die dabei entstehende
Feuersgefahr muß wohl in der Art der damaligen
Schießwaffen begründet sein. „Derjenige,
welcher dagegen handelt und darüber betreten wird, soll nicht
allein des Schieß-Gewehrs verlustig seyn, sondern auch nach
dem Betrag seines Vermögens mit 5,10 bis 20 Reichsthalern
Geld- und nach Befinden Leibes-Straffe ohne Nachsehen beleget
werden.“ Zu den angedrohten Strafen gehören auch
„Staupschläge“ und die Verweisung aus dem
Lande, insbesondere bei den Dienstboten, weil bei ihnen
Geldbußen wegen ihrer Mittellosigkeit nicht angewendet werden
können.
Strengste Strafen droht man
vor allem „den Mauer- und
Zimmer-Leuten“ an, die beim Bau
der Schornsteine und Kamine, der Darren-, Back- und anderen
Öfen, auch der Brauhäuser und sonstigen
Feuerstätten nachlässig arbeiten und die
„neue, revidierte Feuerordnung“ nicht
gebührend beachten. Sie sollen „Zeit Lebens nach der
Hameln in die Karre gebracht“ (Festungsbau!) oder
„des Amts entsetzt“ werden, (1710).
Das Feuerlöschen im
alten Amt Polle
Verordnungen und
Strafandrohungen genügten nicht, um der dauernden Feuersgefahr
Herr zu werden. Dazu bedurfte es handfester Bekämpfungsmittel.
Aber damit sah es im allgemeinen nicht gut aus, wie aus einem
22seitigen Bericht des Amtes Polle vom 19. November 1816 an die
„Königliche Privosorische
Regierungs-Commission“ hervorgeht. Analaß dazu war
das Schadensfeuer des Halbmeiers Christian Oppermann in Heinsen in der
Nacht vom 14. zum 15. November 1816, bei dem sich die dringende
Notwendigkeit für die Anschaffung einer Feuerspritze
offenbarte. Das ganze Amt, das immerhin sechs Dörfer
umfaßte, besaß „nur eine einzige
höchst elende Feuersprütze“, die noch dazu
„herrschaftlich“, also Eigentum des Amtes und nicht der Gemeinde Polle
war. Die Feuer-Löschungs-Gerätschaften waren
mangelhaft und bedurften der Erneuerung. Die äußerst
schlechten Wegeverhältnisse erschwerten zudem die gegenseitige
Hilfe.
Von Heinsen wird berichtet
„Dieses Dorf liegt eine halbe Stunde
Süd-Östlich von Polle, hart an der Weser, und hat
keinen anderen Zugang als von Polle her, indem es rings von der Weser
eingeschlossen und mit einer Fähre nicht versehen
ist.“ (Die Straße Polle-Heinsen wurde erst zwischen
1854 und 1857 erbaut; sie war zunächst nur ein Kommunalweg und
wurde mit dem 1. Juli 1863 als
„Landstraße“ anerkannt. Die
Straße Höxter, Stahle, Heinsen, Polle wurde zwischen
1860 und 1870 „chausseemäßig“
ausgebaut.)
Eine Hilfe von Bevern oder
Forst hätte den Umweg über die Poller Fähre
nehmen müssen. „Erwägt man dazu noch,
daß dieses Dorf aus 130 größtentheils nahe
aneinander gereiheter Feuerstellen besteht, so dürfte die
Nothwendigkeit der Anschaffung einer eigenen Feuersprütze
keinen Zweifel mehr unterworfen seyn.“ Die Lage der anderen
Amtsdörfer war in Bezug auf eine Nachbarschaftshilfe auch
nicht günstiger. Am katastrophalsten ist die Lage von
Pegestorf, „da die Wege, welche dahin führen, wenn
anders nicht die Weser sehr niedrig steht, insgesammt über
steile Berge gehen.“ (Ein schmaler Fußweg unter den
Steinmühler Felsen entlang war zwar vorhanden, aber der
einzige Fahrweg führte über den Mühlenberg.
Es dauerte noch Jahrzehnte, bis eine befestigte Landstraße
nach Pegestorf und darüber hinaus nach Bodenwerder und Hameln
führte.)
Eine andere Gefahrenquelle
sah man in der „schändlichen Gewohnheit,
daß einige Leute zur Winterzeit sich auf denen Cammern und
Boden eines Topff-Kohlen-Feuers zur
Erwärmung bedienen.“ Dienstboten, die auf diese
Weise handeln, haben mit einer „14tägigen
Gefängnißstraße zu Wasser und
Brod“ zu rechnen. Der Hauswirt aber, der sich einer solchen
Übertretung schuldig macht, wird „mit
willkührlicher Geld-Buße auch anderer scharffer
Bestrafung beleget.“ (1737)
Die Verhandlungen zwecks
Anschaffung einer Feuerspritze ziehen sich in die Länge.
Letzten Endes aber ist nur Heinsen
bereit, eine Spritze anzuschaffen, wohl weil es noch unter dem tiefen
Eindruck der jüngsten Feuersbrunst steht. Es hat Beziehungen
mit dem „Sprützen-Fabricanten Wicke zu
Braunschweig“ aufgenommen und sie durch einen Kaufvertrag zu
einem günstigen Abschluß gebracht, wie aus einem
weiteren Schreiben des Amtes vom 26. August 1817 hervorgeht.
Daß die Gemeinde durch „die thätigen
Bemühungen des dortigen Pfarrers Soltmann ermuntert“
wurde, ins besonders erwähnt.
Die Regierung in Hannover
reagiert auf diesen Bericht mit folgenden Worten: „Wir haben
aus dem Bericht des Königlichen Amtes vom 26sten vorigen
Monats mit Vergnügen ersehen, daß die Gemeinde
Heinsen in Folge der desfallsigen rühmlichen
Bemühungen des dasigen Predigers, sich zur Anschaffung einer
eigenen Feuer-Sprütze entschlossen und diesen Vorsatz auch bereits ins Werk
gerichtet hat, und empfehlen dem Königlichen Amte, darauf zu
achten, daß nunmehr auch behuf eines
zweckmäßigen Gebrauchs dieser Sprütze . . .
für deren Conservation (Pflege) gehörig gesorgt
werde.“
Die Kosten für die
von dem „Stück- und Glockengießer Wicke zu
Braunschweig gelieferten Spritze beliefen sich auf 250 Thaler
Conventionsmünze. Dazu kamen noch 28 Thaler für
Schläuche. Die Konkurrenzfirma J. C. Weidemann in Hannover
hatte ein Angebot über „600 Reichsthaler in
Ldr.“ (Louisdor à fünf Reichsthaler)
gemacht. Für den Fall, daß die übrigen
Gemeinden des Amtes doch noch dem Heinser Beispiel folgen sollten,
wurden sie aufgefordert, die Spritzen „bey dem Fabrikanten
Wicke zu Braunschweig zu bestellen, da dieser solche, nach den
eingesandten Anschlägen ungleich wohlfeiler liefert als die
hiesigen Fabrikanten.“
Brevörde richtete
im August 1849 durch seinen Bauermeister Conrad Pape an die
Königlich Hannoversche Landdrostei die
„unterthänige Bitte um eine gnädige
Beyhülfe zur Anschaffung einer neuen Feuersprütze und
Sprützenhause.“ Es hat wie Heinsen ebenfalls eine
Spritze angeschafft und dazu ein Spritzenhaus errichten lassen. Diese
Kosten belaufen sich zusammen auf 500 Reichsthaler. Da res aber
zugleich ein neues Armenhaus durch den Amtszimmermeister
Mönkemeyer bauen lassen muß, das 1186 Reichsthaler
und zwölf gute Groschen laut Voranschlag kosten soll,
fühlt sich die gemeinde außerstande, alle Kosten
ohne eine Beihilfe aufzubringen.
Es ist aus den Akten nicht
ersichtlich, warum die Brevörder Gemeinde ihren Beihilfeantrag
wenige Wochen später zurückzieht. Die Anschaffung
einer eigenen Spritze aber war bei den erwähnten finanziellen
Schwierigkeiten im höchsten Maße anzuerkennen.
Nachrichten über das Verhalten der übrigen Gemeinden
fehlen.
Wer den hervorragenden
Ausbildungsstand der modernen Feuerwehren in den Städten, aber
auch auf dem flachen Lande, heute überschaut, ahnt wenig von
dem langen und beschwerlichen Wege, der zu der heutigen Entwicklung
führte.
Quellen: H.
St. A. Hannover/Hann. 74/Polle Nr. 239 und Hann. 80, Hannover I Bu. Nr.
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Veröffentlicht: 30. Mai 1983 TAH - Autor: Friedrich Wittkopp
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