Ein Mord vor 200 Jahren bei Grohnde
Der Täter in Polle gefaßt und bei Latferde hingerichtet

Am 6.Februar 1741 und in den folgenden Tagen, also vor 200 Jahren, herrschte in Grohnde, ja in dessen ganzer Umgebung größte Aufregung.  Man hatte den weithin bekannten Amtsboten der Ämter Grohnde, Ohsen und Polle, Johann Jürgen Geisen, wenige 100 Meter östlich von Grohnde auf  der Grohndischen Amtsweide ermordet aufgefunden.  Geisen war am  6. Februar 1741, abends 6 Uhr, in der  beginnenden Dunkelheit ganz unvermutet überfallen worden.  Der Täter hatte ihn von seinem Berufswagen heruntergerissen und ihn mit „drei Hieben in den Hals und vielen unmenschlichen Schlägen umb das Haupt “ elend getötet und danach seinen Wagen beraubt. Die Fahndungen  setzten sofort ein und schon  gut  24 Stunden  nach der Tat hatte man den Mörder, einen Schneider  namens Johann Jürgen Sporleder, der am 7. Februar abends 8 Uhr in seiner Wohnung in Polle verhaftet wurde. Eine Hausdurchsuchung führte auch das geraubte Geld zu Tage, bei dessen Vorführung dem Täter nichts weiter übrig blieb, als ein „ Geständnis “ abzulegen.

Der Ermordete, der 40 Jahre weniger zwei Monte und zwei Tage alt geworden war, und dessen guter Ruf von mehreren Seiten  bezeugt wird, wurde am 12. Februar, dem Quinauagestimä, auf dem Friedhof zu Grohnde  „bey ungewöhnlich volksreicher Versammlung mit einer Leichenpredigt zur Erde bestattet“. Den Mörder brachte man zunächst in das Amtsgefängnis der Poller Burg, aber schon nach zwei Tagen schaffte man ihn nach Grohnde, wo ihm der Prozess gemacht wurde. Da die ganze Sachlage völlig klargestellt war, fand schon zwei Monate nach dem Mord, am 21. April 1741, die Hinrichtung des Sporleders statt  Sie wurde auf der Richtstätte des Amts Grohnde, dem über der Ilse und der Ilsemühle gelegenen Ilseberg bei Latferde vorgenommen. Wenige Monate vorher, im Jahr 1740, hatte man hier auch einen Pferdedieb gehängt, aber bei der empören- den Rohheit, mit der Sporleder vorgegangen war, glaubte man doch nach der Auffassung der damaligen Zeit, mit durchgreifenderen Strafen vorgehen zu müssen.  Davon erzählt noch heute der Mordstein, den man unweit des Tatortes in der heutigen Platanenallee östlich von Grohnde errichtet hat, wo er heute auf der Böschungsmauer unmittelbar an der Südseite der Reichsstraße steht. (Siehe Abbildung )   Seine  Inschrift lautet:

 
„D. 6. Febr. 1741
ist alhie ermordet und
beraubet  Johan  Jürgen
Geis.  grohnd.  Ohs.  und
pollischer   Amtsbote,
der treu in  seiner Ver-
richtung und bey jeder-
man  beliebt  war.
Der grausame Thäter
ist  mit  glühenden Zangen
gerissen,  mit  Keulen  er-
schlagen  und aufes Radt
gelegt  d. 21. Apr. 1741 “

 

Das Grohnder Kirchenbuch, aus dem der größte Teil der hier gemachten Angaben stammt, schließt seinen Bericht mit dem lateinischen Zitat eines römischen Schriftstellers: „ Auri saera sames, quid non cogis mortalis pectora.“   Auf Deutsch lautet das etwa in freier Übersetzung „Verfluchter Hunger nach Gold, wozu bringst du nicht sterbliche Herzen.“Die Wesertalstraße Grohnde-Kemnade scheint es überhaupt in sich zu haben, denn hier finden sich noch zwei ältere Mordsteine, über die schon früher in der  „ Dewezet “ berichtet wurde, der Sünderstein und der Frenkestein.  Auch an der Straße von Hehlen nach Ottenstein stehen zwei solcher Mordsteine. Weitere kann man an den verschiedenen Stellen unseres Kreises finden, die z. T. bis in unsere Zeit reichen. Um die große Mehrzahl  aber spinnt nur noch die Sage ihre kaum noch nachspürbaren Geschichten.

Veröffentlicht:  
Dewezet, Februar 1941  mit einer Zeichnung
Autor:
Lehrer Hans Prigge, Polle
Literaturhinweis:
Hans Prigge (1978) :  Chronik des Fleckens Polle 

Anmerkung:
In dem Buch  Chronik des Flecken Polle  wird in dem Aufsatz  „ Rund um Galgen und Schandpfahl “  über die peinliche Gerichtsbarkeit im Flecken berichtet.

Wolfgang Schild (1985) : Kriminalität und ihre Verfolgung ; In: Stand im Wandel – Kunst und Kultur des Bürgertums in Norddeutschland 1150-1650 , Landesausstellung Niedersachsen 1985, Band 4