|
Vom Osterfeuer,
Wasserschöpfen
und Krengelschenken
Alte Osternbräuche aus Polle und
seiner Umgebung
Ostern, wer denkt hier nicht
unwillkürlich an ein paar Tage
zusätzlichen Urlaub, und – wo Kinder im Haus sind – an die Suche von
versteckten Ostereiern. Dass es ein
klassisches christliches Fest ist, das dazu noch astronomische ausgerechnet
wird, ist wohl weniger bekannt.
Gepflegt wurden in dieser Zeit noch verschiedene alte Bräuche, die
nicht mehr geläufig sind. Von
Generation zu Generation weitergegeben, bildeten diese Traditionen die Strukturen und den Inhalt der
Dorfgemeinschaft, welche heute
nur noch schwer zu verstehen
sind. Der ausgeprägte hektischen
Lebensstil und die Konsumfreudigkeit stehen nicht mehr mit den Traditionen im
Einklang und haben altes
Brauchtum entwertet und schließlich
verdrängt. Typisches für die
Osterzeit, ist das klassische Feuer, das sich bis heute erhalten hat. Das Schöpfen von Wasser ist gänzlich aus
der Mode gekommen; und nur noch
wenigen bekannt: das Schenken eines Krengels durch den Paten.
Der
Osterkrengel
Der Osterkrengel war ursprünglich
ein Geschenk an das Patenkind, das sich am Morgen des Ostersonntags bei
seinem Paten einfand und diesen mit einigen
Beigaben von Süßigkeiten traditionell entgegennahm. Wertvolle Geschenke wurden an diesen Tag nicht überreicht. In den dreißiger
Jahren war das Krengelschenken in Polle, Heinsen, Grave und Brevörde
noch lebendiger Erinnerung und gute
Tradition. Und so wusste Else Berner, Seniorchefin der Bäckerei
Berner in Polle, 1982 noch zu
berichten, es seien 300 Stück zu Ostern gebacken und auch verkauft worden. Es gab insgesamt zwei
Größen: einen mit rund 50 Zentimeter und einen
kleinen Krengel mit 20 Zentimeter Länge.
Bei einer Familie, die nun mehrere Kinder besaß, bekam jedes Kind von
seinem Paten einen Osterkrengel. Dabei
fielen erfahrungsgemäß natürlich eine größere Menge an Krengeln an, die ja
nicht auf einmal und nur im frischen
Zustand verzehrt werden konnten. Diese wurden dann in Kaffee oder Milch in
einer Schüssel „eingeplockt“ und nach
Bedarf mit Zucker gesüßt, denn es durfte ja nichts umkommen. Auch altes Brot wurde je
nach den Lebensumständen auf diese Art
und Weise zu den Mahlzeiten
noch verzehrt. Der Volksmund prägte in
scherzhafter Weise den Begriff
von „Plocken - Polle“.
Dass der Brauch des Krengelschenks
alt ist, lässt sich nur vermuten, mündlich konnte diese Tradition nur rund 100 Jahre zurückverfolgt werden. Eine aktenkundige Nennung ist nicht
bekannt. Inwieweit dieser Brauch über die genannten Dörfer hinaus gepflegt
wurde, bleibt aufgrund fehlender Hinweise unklar. Dabei kann heute allgemein festgestellt
werden, daß er in den genannten Orten weitgehend eingeschlafen und schon
nicht mehr tradiert wird. Hinzukommt noch erschwerend, daß es in vielen
kleinen Ortschaften heute kein ortsansässigen Bäcker mehr gibt, der die
Tradition pflegen könnte.
Das Osterwasser
Nur noch die ältere Generation in
den ländlichen Gemeinden weiß von diesem Brauch zu berichten, der gänzlich
aus der Mode gekommen ist Hier waren
es gerade die Frauen und Mädchen, denen die Aufgabe zukam das Osterwasser zu
besorgen. Dabei war zu beachten, daß es nur zu einer bestimmten Zeit vor
Mitternacht, zum Ostersonntag aus
einer klaren Quelle oder Bach geschöpft werden konnte, um seine besondere
Wirkung zu haben. Es wurde
dann in Flaschen oder Tongefäßen im
Haus aufbewahrt und bei Bedarf verwendet.
Außerordentlich wichtig war,
daß beim Holen nicht gesprochen wurde, denn dann hatte das geschöpfte Nass
seine Bedeutung verloren und war nur noch „Quasselwasser“. Neues konnte dann
erst wieder im kommenden Jahr besorgt werden. Und wer mochte schon
ohne Osterwasser sein? Dass sich um
diesen Brauch einige Anekdoten ranken, wird sicher nicht ausgeblieben sein und auch seine tiefere
Bedeutung gehabt haben. Denn den jungen Frauen wurde auch schon mal aufgelauert, um sie bei ihrer Tätigkeit, in
unterschiedlichster Art und Weise
zum Sprechen zu bringen. Mit welchem
Erfolg, sei einmal dahingestellt. Das in der Osternacht geschöpfte Wasser
galt als besonders „heilkräftig“ und
sollte Krankheit lindern oder gar
heilen. Der Bauer gab es auch seinen erkrankten Tieren, um es zu
kurieren.
Das Osterfeuer
Als der bekannte aller Osterbräuche muss das Osterfeuer
genannt werden, das am Ostersonntag in der Abenddämmerung an einem gut
sichtbaren Platz abgebrannt wurde. Die
Standorte sind in den letzten
Jahren gewechselt und alte traditionelle Plätze aufgegeben
worden. In Heinsen zum Beispiel wurde
das Osterfeuer auf der Poppenburg abgebrannt, dieses ist natürlich heute
nicht mehr möglich, da die topographisch vorspringende Bergzunge, die
vielleicht einmal eine Burganlage war,
heute bewaldet ist. Im Flecken Polle gab es noch in den fünfziger Jahren zwei
Osterfeuer, die von Jugendlichen an alten Standorten zusammengetragen
wurden. Der Flurname „Osterberg“, in
der Nähe des ehemaligen Steinbruches, weist auf einen solchen hin. Parallelen zu ähnlichen Flurnamen in
anderen Orten sind hier denkbar. So besaßen die „Auberdörpschen“, wie man zu sagen pflegte, ihr
Osterfeuer auf dem Birkenberg, unterhalb der Jugendherberge. In früheren Zeiten soll es noch weiter
westlich, dem Glasetal zu, abgebrannt worden sein. Die „Unterdörpschen“, also
die, die im unteren Teil des Ortes von Polle wohnten - eine rein symbolische
Grenze verlief zwischen Kirche und Moorgasse-, trugen ihr Feuer am
Osterberg zusammen. Die Vorbereitungen
und das Zusammentragen liefen in alten Zeiten schon einige Wochen vor Ostern
an. Es war eine Angelegenheit, in der Jugendliche und Konfirmanden
einbezogen und die als
gemeinschaftliche Aufgabe verstanden wurde.
Das Feuerholz wurde aus dem nahe gelegenen Wald besorgt und am Brennplatz mit einer besonderen
Technik zusammengestellt, auch ein Pferdegespann leistete dabei gute Dienste, später übernahmen Trecker mit
Hänger diese Aufgabe. Eine ältere Einwohnerin, die ihre Jugendzeit in
Brevörde verbrachte, erinnerte sich wie es in den Jahrzehnten nach der
Junderwende zuging. Das Brennmaterial für das Osterfeuer wurde von den
älteren Schulkindern auf dem Dahlacker zusammengetragen. Mit dem
Handwagen zogen die Kinder durch den Ort und sangen dabei folgendes Lied mit
Wiederholung:
„Leue, Leue
schreif Pupeir,
gif ösch a bieten
torm Austerfeuer,
Holt and Strau
is nich deuer.“
Die Kinder sammelten das Material
ein und schafften es zu dem vorgesehenen Brennplatz. Beim Zusammentragen trat
auch ein gewisser Ergeiz in der Gruppe auf, wer wohl das größte und am
längsten brennende Osterfeuer besaß.
War das Feuer entfacht, blickte man prüfend auf die umliegenden Nachbarorte, verglich und beurteilte, welches wohl das größte war und
ob es überhaupt mit dem eigenen mithalten konnte. Bei all der Arbeit und den
Mühen, die man auf sich genommen hatte, kam es auch vor, daß Unbekannte aus dem
Nachbarort das Osterfeuer anzündeten
und ein großes Ärgernis auslösten. Nun war man gezwungen, neues Material zu
beschaffen, soweit dieses überhaupt noch möglich war. Um dieses unterbinden,
hielt man vor Ort im Wechsel Wache. Ein interessanter Brauch, der mit dem
Osterfeuer im Zusammenhang steht, wird heute in seiner ursprünglichen Form
aber nicht mehr gepflegt. Ein Fichtenstamm, der eine Länge von 3 Metern haben
konnte, wurde vor dem Osterfest geschlagen und zu einer Fackel aufgearbeitet. Durch ein versetztes Längsspalten mit
Keilen aus Buchenholz erhielt
die Fichtenstange ihre Form; die
Arbeitsweise erfolgte dabei Absatzweise.
Das untere Ende erhielt durch
das Abschälen der Baumrinde seine gewünschte Handlichkeit. Ein
sorgfälliges Trocknen beendete schließlich die Arbeiten an der
Osterfackel. Am Osterabend wurde diese in dem lodernden Feuer
angezündet und unter Schwenken zum Ort
getragen. Dieser symbolischen Handlung des Feuerholens folgten zahlreiche Einwohner, die sich eingefunden
hatten und die Träger begleiteten. Am
Ortsrand brannten die Fackeln
schließlich ab. Ende der sechziger bis Anfang der siebziger Jahre
brannten die letzten Osterfeuer auf der Birkenberg; schließlich eingestellt,
denn der Funkenflug gefährdete die Schonungen. 1981 wurde dann mit folgendem
Plakatanschlag auf den Höhenweg
eingeladen:
„Ob Sonne, ob Regen
Leute, geht Richtung Sonnenberg,
dem Osterfeuer entgegen.
Ob es donnert oder kracht,
es wird am Ostersonntag um
20.30 Uhr entfacht!“
Veröffentlicht: TAH, 8.4.1982
Autor: Wolfgang Wagner
Anmerkung: Fr. Else Berner,
Polle Burgstr.; Fr. Hermine Claaßen,
Polle Marktstr.; Fr. Alwine Müller,
Polle Bergstr.; H. Konrad Bögeholz, Brevörde , H-Karl Meyer,Polle
Burgstr.; Fr. Bittner aus Pegestorf sowie
weiterePersonen gaben mir seiner Zeit wertvolle Hinweise und Anregungen zum
Osterbrauchtum. Dabei lag der Eindruck
vor, daß die Weser eine natürlich Brauchtumsgrenze ist. Osterfeuer und Wasserholen wurden auch auf der gegenüber liegende Seite gepflegt. Das Krengelschenken schien dort gänzlich
unbekannt zu sein. Es ist denkbar, daß
dieser Brauch aus Westfälischen Gebiet eingewandert ist.
|
|