Der Ritterhof auf der Hinteren Straße
Der Ritterhof stand
an der Stelle, wo sich heute die so genannte Ritterhofschule im Flecken Polle
befindet. Die Gebäude wurden 1962/64 beim bau der Schulgebäude abgerissen.
Der Hof mit den Wirtschaftgebäuden stammt vermutlich aus dem 17. Jahrhundert
und wurde 1656 von Ehrich Behling gekauft. Die Familie von Heimbruch, die auf
der Burgstraße bis etwa 1860 ein Gut besaß, vererbte das Behlingsche-Gut an
die Familie von Reventlow.
Carl Söffge, vom
Vollmeierhof Söffge, bewirtschaftete den Ritterhof von 1895 bis zum Oktober
1918. Bewirtschaftet wurde das Anwesen mit einem Groß- und Kleinknecht und
mit zwei Tagelöhnern. Im Ersten Weltkrieg waren Krieggefangene polen auf dem
Hof im Einsatz, Dienstgrade befanden sich nicht darunter.
Neben der
Landwirtschaft befand sich auch eine Schäferei mit etwa 200 – 300 Tieren auf
dem Hof. Die Schafhaltung dominierte im Vergleich zur Rindviehhaltung. Zum
Winter wurden Schafe verkauft, da die Ställe nicht vorhanden waren bzw. sich
Überbelegung ergeben hätte. Die Schäferei wurde von einem Schäfer betreut,
der die Aufgabe besaß die Tiere auf die Brache zu treiben. Dort wurde zur
Nachtzeit eine Umzäunung errichtet, die wechselte. Durch den Kot der Tiere
wurde die Brache gedüngt (Naturdüngung). Der Schäfer hielt sich mit einem
abgerichteten Hund immer in der Nähe der Tiere auf. Ein Schäferkarren diente
dabei als Wohnort.
Neben dem Wohnhaus
befanden sich die Schweineställe, daneben der Pferde-. Kuh- und die
Schafställe.
Die Piepenbache
floss hinter dem Hof entlang und wurde als Tränke für die Tiere genutzt.
Vermutlich versorgte der abgezweigte Bach schon in früheren Zeiten den Hof
mit Trinkwasser. Eine Wasserleitung war schon um 1910 im Wohnhaus vorhanden.
Hinter dem Hof befand sich der Gemüse- und Grasgarten mit der Piepenbache.
Im Wohnhaus an der
Westseite befand sich eine etwa 1 Meter dicke Bruchsteinmauer mit
Fensternischen. Die anderen Hausseiten waren aus Fachwerk. Im Erdgeschoss
neben der Küche befand sich ein Steingewölbe, welches als Speisekammer
genutzt wurde. Eine Fensterscheibe im Wohnzimmer trug den Namen „von
Behling“.
1918 gab Carl Söffge
die Bewirtschaftung des ehemaligen Rittergutes auf und zog mit seiner Familie
nach Bad Pyrmont. Nur einige Jahre später kam er nach Polle zurück und erwarb
auf der Burgstraße das Haus Nr. 14 mit der Holzgerechtssame. Dieses gehörte
einer Familie Holsten. 1)
1) Mitteilung von Fr.
Schrader, geb. Söffge, Burgstraße 14 am 21.7.1981.
Die Bewirtschaftung
erfolgte nach 1918 bis 1928/29 von Robert Bohmhauer aus Polle. Die Schäferei
stand auch hier im Vordergrund. Es wurden etwa 250 bis 300 Tiere von einem
Schäfer betreut. Von den Reventlowschen-Gütern wurde der größte Teil
bewirtschaftet. Neben der Schäferei konnten nur 6 – 10 Kühe / Rinder sowie 7
Ackergäule gehalten werden, da nur kleine Ställe vorhanden waren.
Das Fuhrunternehmen Bohmhauer wurde vom Ritterhof mit Pferdegespannen
betrieben. Es wurden Fuhrleistungen (Steine und Sand) für den Bau der
Jugendherberge sowie für das Gut Sonnenberg erbracht. Im letzteren Fall wurde
dieses mit der Pacht verrechnet. Die Höhe der zu erbringenden Pacht konnte
nicht ermittelt werden. Nach 1928 erfolgte die Bewirtschaftung der Güter von
dem Gut Sonnenberg aus. Der Volksmund hat dem Gut aufgrund seines Schlossartigen
Aussehens den Namen „Schloss Sonnenberg“ gegeben.2)
2) Mitteilung von Herrn
Robert Bohmhauer wohnhaft in Polle, Pyrmonter Straße Nr. 164,
bei einem Besuch am 21.7.1981.
Literatur:
Friedrich Wittkopp
: Der Poller Ritterhof. (196 ?)
Aufsatz
ist im TAH erschienen.
Hans Prigge (Polle 1978)
: Polle - Weserbergland
Seite
32 bis 34
H. Wilh. H. Mithoff (Hannover
1871):
Hans Berner (Goldap/Ostpr. 1929) : Die Behling’s in Hajen und Polle
(Beiträge
zur
Geschichte einer hannoverschen Beamten-
und
Gutsbesitzerfamilie)
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