Der Spritzenplatz von Polle - Entwicklung von 1920 - den 20igern - über 1935 - den Dreissigern - über die Fünfziger - Nachkriegszeit im Weserland

Der Spritzenplatz in Polle

und seine Bedeutung

-Wolfgang Wagner-

Der Spritzenplatz führt in seiner topographische Lage die Mittel- und Burgstraße im alten Ortskern zusammen – denn der  Ort wurde im Mittelalter  als so genannte Zwei Straßenanlagen planmäßig angelegt.  Als einer der letzten Plätze ist  er  durch den steigenden  Autoverkehr noch nicht zerstört worden. Eine kleine Betrachtung soll die  mögliche Bedeutung  erschließen,  die wir heute als Geschichte zu verstehen haben.  Nach einer älteren nur mündlichen Überlieferung traf man sich hier wenn im Ort ein  Feuer ausbrach.  Dieses würde den eigentlichen Namen sowie seine eigentliche Funktion gut erklären.  Bis in die zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts befand sich auf dem Spritzenplatz auch ein kleiner gemauerter Brunnen, der dann zugeschüttet worden ist.   Eine Linde mag in den dreißiger Jahren gefolgt sein, die  bei den älteren Einwohnern noch als „Hitlerlinde“ bekannt ist. Ob in dem zurückliegenden Jahrhundert hier noch ein kleines Feuerwehrhaus  stand – kann nur vermutet werden. Zeitgenössische Aufnahmen  von dieser Situation oder spezielle Schriftdokumente, die dieses belegen könnten, liegen bisher nicht vor.  Bei der Linde stand noch bis etwas 1967 ein so genannter „Milchbock“ auf dem die schweren Milchkannen von den umliegenden Kleinbauern angeliefert und vom Milchwagenfahrer für die  Molkerei nach Holzminden abgeholt wurden. Auch erinnere man sich gern  daran,  dass wir als Kinder auf dem „Spritzenplatz“ bei Oppermanns gespielten haben.  Der Platz im oberen Ortsbereich war also schon immer prädestiniert, denn es gab für die Bewohner  ein Ober- und ein Unterdorf! Als weiteren wesentlichen Punkt muss die Wasserversorgung genannt werden, die „Im Tappen“ abgezweigt und den ehemaligen Brunnen sowie Teiche bei dem  ehemaligen  Ritterhof - heute Ritterhof Schule - versorgte. Da nun der alte Brunnen auf den Spritzenplatz sowie  der alte  Behlingsche Ritterhof nicht mehr existieren, kann hier nur ein unvollständiges Bild nachgezeichnet werden. Die Wasserversorgung erfolgte also grundsätzlich  durch den „Piepenbach“, der im Glasetal  künstlich abzweigt und am Westhang des Birkenberges zum Tappen geführt wird.  Nach älteren  Karten  existiert der Piepenbach bereits im 18.Jahrundert – dürfte aber nach vorsichtiger Einschätzung noch um 2oo Jahre älter sein.  Wahrscheinlich wurde der Bachlauf im ausgehenden Mittelalter zur   Wasserversorgung für den oberen Ortsbereichs (Klosterhof, Kluse im Klostergang) für Mensch und Tier  angelegt und versorgt seit dieser Zeit den Ort mit Wasser.  Das Wissen um die Bedeutung und den Ursprung  sind im laufe der Zeit ganz offensichtlich verloren gegangen.

Das Thema „Spritzenplatz“  ist also mit der „Piepenbache“ als Wasserversorgung im Zusammenhang zu sehen. Denn Hydrologisch ist im alten Ortskern keine stetige sowie brauchbare Quelle zu finden. Wasser musste also zugeführt oder geholt, d.h. geschöpft werden.  Quellen sind am  Papenbrink und im Glasetal  zu finden. Die gesamten Wasserverhältnisse  (z.B. der Mühlenbetrieb der Amtsmühle, die Blaufärberei, mögliche Brunnen im Unterdorf, Anlagen „Im Teiche“ usw.) sind noch einmal gesondert zu betrachten.

Durch die Um- und Neugestaltung des Spritzenplatzes 2004 wurde eine Anlage geschaffen, die zum Verweilen und Ausruhen einladen soll. Mit dem Brunnen möchte man an die historische Überlieferung anknüpfen, dieses war auch die Idee und der Wunsch des Arbeitskreises Dorferneuerung.  Ein interessantes Beispiel, das sich hier für eine vergleichende Betrachtung heranziehen lässt ist in Hellental zu finden. Nur die Dimensionen sind größer und  vielleicht auch beeindruckender.  Auffällig ist eine eingefasste Quelle im oberen Ortsbereichs, darunter ein kleines Feuerwehrhaus  (1875) und der große Feuerlöschteich, der in das Dorfbild eingepasst ist und  diesen bestimmt.  Ein paar Bilder mögen dieses verdeutlichen.

Der Spritzenplatz um 1955

Der Spritzenplatz um 1935

Situation 1992

Literatur:

W. Wagner  (1990): Flecken Polle – Eine Bilderchronik, Seite 59
Dieter Wieland (1984): Bauen und Bewahren auf dem Lande
Hrsg. Deutscher Heimatbund: Plädoyer für ein Leben auf dem Lande. Europäische Kampagne für den ländlichen Raum 1987-1988
Manfred Sack (1982): Lebensraum - Strasse
H. Seedorf (1977): Topografischer Atlas Niedersachsen u. Bremen
K. Brüning (1976): Handbuch d. historischen Stätten Deutschlands „Niedersachsen /Bremen“