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In Polle ist heute Weihnachtsmarkt Was eine alte Urkunde über die Poller Märkte erzählt
Polle. Am heutigen Dienstag wird hier der diesjährige Weihnachtsmarkt abgehalten. In früheren Jahren wurde dieser Tag von alt und jung tüchtig gefeiert, und abends ging es zum Tanz, der bis in den frühen Morgen andauerte und wobei es selten ohne eine „zünftige Keilerei“ abging. In den Vorkriegsjahren und mehr noch vor der Jahrhundertwende waren der Tag des Weihnachtsmarktes und auch die Tage der beiden im April und September stattfindenden Märkte regelrechte Feiertage. Aus der nahen und weiteren Umgebung kam man damals nach Polle zum Markt. Knechte und Mädchen schlossen nicht nur hier, sondern auch in anderen Orten keinen Dienstvertrag ab, wenn ihnen nicht zum Poller Weihnachtsmarkt der Nachmittag dienstfrei war. Ein merklicher Rückschlag für die Poller Märkte trat ein, als diese vom Montag auf den Dienstag verlegt wurden. Von Jahr zu Jahr ließ der Betrieb nach; während früher eine Marktbude neben der anderen stand, sind heute leider nur noch wenige Marktbezieher, die unseren Märkten treu geblieben sind und in jedem Jahre wiederkommen.
Wie stark vor einigen Jahrzehnten der Andrang der Marktbezieher zu unsern Märkten war, geht aus einer Schilderung des Bäckermeisters Ernst S c h m i d t hervor, dessen Vater damals auf den Märkten seine Backwaren feilhielt. Schon als Schuljunge mußte er frühmorgens den von seinem Vater beanspruchten Marktplatz durch vier auf der Erde ausgelegte Stangen kennzeichnen und des öfteren nachsehen, ob sie nicht entfernt waren und ein anderer den Platz besetzt hatte. Häufig schon tauchte damals die Frage auf, seit wann die Märkte in unserm Ort abgehalten werden. Unsere älteren Einwohner wissen von ihren Eltern und deren Vorfahren zu berichten, daß auch sie schon jährlich drei Fahrmärkte feierten. Seit wann in Polle Märkte überhaupt stattfinden, ist nicht gewiß. Feststellen läßt sich jedoch anhand einer alten Urkunde aus dem Jahre 1657, daß bis dahin nur zwei Märkte üblich waren. Dieses „Offen Patent“ von 1657 erteilt dem Flecken Polle die Genehmigung des Herzogs Georg Wilhelm, nunmehr drei Jahrmärkte daselbst abzuhalten, und zwar, wie das Patent angibt, „zur beforderung der allgemeinen Commercien“, also zur Förderung des Handels. Während der Marktage war dem Amtmann Cunrad Ludewiges und seinen Nachfolgern anbefohlen, den Kauf- und Handelsleuten gehörigen Schutz und sicher Geleit für An- und Abreise zu gewähren. Nach Entrichtung eines gebührlichen, also angemessenen Zolls durften diese ihren Handel treiben. Das interessante alte Dokument ist von Herzog Georg Wilhelm handschriftlich unterzeichnet und hat folgenden Wortlaut:
Nr. 5 d 1657.
Offen Patent
Wegen Dreyer Jahrmarckte in dem Flecken
Polla Jährlich zu halten.
Von Gottes gnaden Wir Georg Wilhelm Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg & Siegen allen und Jeden unsern Graffen, Praelaten, denen von der Ritterschaft, Drosten, Amtsbünden, Vogten, auch Bürgermeisters und Rähten in unsern großen und kleinen Städten, So von allen unsern angehörigen und Unterthanen, Wie auch allen benachbarten Herrschaften, neben erbietung nach Standes gebühr, unser freundliche Dienste gnedigen und geneigten gunste, hirmit zu wissen, Daß Wir aufs begehrhens unterthenigen ansuchen, der semptlichen Einwohner unsers Fleckens Polla, zu fortsetz und beforderung der allgemeinen Commercien an statt der vor diesem daselbst gehaltenen Zwey Jahrmarckte, mit Dreyen Jahrmarckten, das Erste Montags nach Georgy, das andere nach Nativitatis Mariae zum Viehe Marckte, und das dritte Montags nach Andrea, und zwar jedes auff Drey Tage in gedachtem Flecken auff dem Anger und Wiesen daselbst zu halten, auch Kauffs- und Verkaufshändel alda zu treiben, in gnaden bewilligt, zugelassen und Verstattet, freundlich bittent, gnedig gesinnet und begehrent. Es wolle ein Jeder, so darumb gebürent ersuchet wirdt, dieses ihren Unterthanen und angehörigen nicht allein ohnbeschwert vermelden und Kundt thun, sondern auch dieß offen Patent zur nachrichtung offentlich anzuschlagen, Vergönnen und Verstatten, Dagegen Wir des freundlichen und respective gnedigen erbitens sein, auch unserm jetzigen Ambtmann zu Polle Cunrad Ludewiges und dessen Nachfolgers, an gedachtem unserm Amts, hirmit anbefohlen haben wollen, Allen und Jeden alda ankommenden Kaufs- und Handelsleuten und Unterthanen, die Zeit wefrender gedachter Drey Jahrmarckte gehörigen Schutz und sicher geleidt, ab- und anzureisen, und ihren Handel und wandell gegen entrichtung gepürlichen Zolls und pilligen stette geldts zu halten, auch dieselbe doch das sie geleidtlich sich bezeigen. Was in gnedige protection und Schutz befohlen sein zu lassen, das sind Wir ingleichen zu erwiedern und umb einen Jeden nach Standes gepühr freundlich zu verdienen, auch in allen gnaden zu erkennen geneigt, Urkundlich geben unter unserm fürstl. Handtzeichen und vorgedrücktem Cantzley Secret in unser Residentz Stadt Hannover den 30. Septembris Anno 1657 Georg Wilhelm.
Das Dokoment zeigt also, daß schon vor 280 Jahren unsere Einwohner darauf bedacht waren, Handel und Wandel in Polle tunlichst zu heben und darin die Unterstützung ihres Landesherrn fanden. Es ist sehr bedauerlich, daß die Bedeutung unserer Märkte heute nur noch gering ist, und es müßte daher versucht werden, zum mindesten dem Weihnachtsmarkt neuen Auftrieb zu geben. Unserer Heimat würde damit ein bedeutender Dienst erwiesen.
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