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Die Eversteiner und ihre Zeit
Ihr Herrschaftsbereich an Diemel und Oberweser
Von Fr. Schreiber
Vorbemerkung
Seit Professor Georg Schnath 1922 seine Arbeit über die Herrschaften Everstein, Homburg und Spiegelberg veröffentlichte, ist von seiten der Geschichtswissenschaft auf diesem Gebiet nichts Wesentliches erschienen. Neben Spilkers Veröffentlichung aus dem Jahre 1833 wird seine Arbeit stets als wichtigste Quelle angeführt. Es ist auch fraglich, ob von ihm nicht berücksichtigte Urkunden bedeutende neue Erkenntnisse vermitteln könnten, insbesondere über den Ursprung des Geschlechts der Eversteiner. – Die vorliegende Arbeit ist daher auch nicht gedacht als umfassende Neubearbeitung dieses Stoffes mit letzten wissenschaftlichen Anspruch. Sie ist vielmehr geschrieben von einem Laien für Laien, für Freunde der Heimatgeschichte, die sich über den Ablauf der eversteinischen Periode einen Überblick überschaffen wollen. Die Lektüre soll nicht durch umfangreichen wissenschaftlichen Ballast, durch zahllose Fußnoten und Literaturangaben erschwert werden. Die Wissenschaftlichkeit soll aber insofern gewahrt bleiben, als alle Angaben auf vorhandenen Quellen beruhen und nicht der Phantasie und Spekulationen Raum gegeben wird.
In einem ersten Teil werden die Schwierigkeiten erörtert, denen sich der Fachhistoriker gegenüber sieht, damit dem Laien deutlich wird, weshalb so viele Fragen ungeklärt bleiben müssen. Sodann sollen Maßnahmen, Vorgänge, Unternehmungen der damaligen Zeit im vorhinein erläutert werden, damit das Verständnis für die weiteren Ausführungen gegeben ist. Die eigentliche Geschichte der Eversteiner dagegen soll nicht in der Art dargelegt werden, dass in ermüdender Weise sämtlich Güter der Eversteiner bis zur letzten Hufe aufgeführt werden oder sämtliche Urkunden, in denen Eversteiner aus irgendeinem Grunde genannt sind. Es geht vielmehr darum, die Eversteiner im historischen Geschehen ihrer Zeit zu sehen, in ihren politischen und sozialen Abhängigkeiten, in den Zwängen, denen sie sich fügen mussten, die ihren Aufstieg ermöglichten, schließlich aber auch ihr Ende herbeiführten.
Mehr als bisher soll ihr Machtbereich an der Diemel Berücksichtigung finden, wo sich allseitig mit anderen mächtigen Herren auseinander zusetzen hatten.
Der Heimatfreund, der sich nur kurz und im Überblick über die Geschichte der Eversteiner unterrichten möchte, seien die Kapitel in den Büchern von Rauls oder Uhden empfohlen (s. Literaturverzeichnis).
Einleitung
Die Geschichte der Eversteiner, soweit wir sie überblicken können, umfasst einen Zeitraum von drei Jahrhunderten, d. h. von etwa 1100 bis 1400. In dieser Periode gab es, wie auch heute, keinen Stillstand der Entwicklung. Alle Lebensbereiche waren in Bewegung und ständiger Wandel unterworfen. Das deutsche Kaisertum erreichte mit Barbarossa einen Höhepunkt und begann wieder zu verfallen. Die Ritter, die den Kern der kaiserlichen Heeresmacht gebildet hatten, die mit über die Alpen oder ins Heilige Land gezogen waren, entarteten zu Raubrittern. Auf den Bergesgipfeln wuchsen Burgen empor, und in den Niederungen entstanden Wasserburgen. Noch heute zeigen Ruinen vom Aufstieg und Verfall des Rittertums. Religiöser Eifer erfasste die Menschen und wurde zur Triebfeder zum Bau von Kirchen und Klöstern. Fromme Männer und Frauen fanden sich unter dem Leitgedanken „Bete und arbeite“ in Klöstern zusammen. Aber auch dort machten sich Nachlässigkeiten und Zuchtlosigkeit breit und gaben den Anlass zu Reformbewegungen. – In dieser Zeit mehrten sich Handel und Gewebe. Es entstanden Städte, die zu Reichtum gelangten, und die Hanse verhalf ihnen zu wirtschaftlicher Macht.
Für dreihundert Jahre waren etwa zehn Generationen der Eversteiner in dieses historische Geschehen eingefügt, hatten sich damit auseinander zusetzen und mussten die Probleme ihrer Zeit mit bewältigen. Sie lebten nicht still für sich wie auf einer Insel, sondern waren allen diesen Spannungen und Zerreißproben ausgesetzt. Nur zu gern wüssten wir, wie sie im einzelnen damit fertig wurden. Leider aber geben die Urkunden, die nach mehr als fünfhundert Jahren auf uns überkommen sind, darüber nur wenig Auskunft. Sie erhalten Verträge über Käufe und Verkäufe, Verpfändungen, Stiftungen u. a., und nur mit Mühe kann man daraus Auskünfte über weitere Lebensbereiche entnehmen, über ihre Beziehungen zu Kaiser und Reich, zu Fürsten und Bischöfen, über ihr Verhältnis zu den Bürgern der Städte, zu den Handwerkern und dienstpflichtigen Bauern. Auch über ihren Alltag mit Sorgen und Freuden sagen sie wenig aus, über die Verhältnisse in den Familien, über die Stellung der Frauen und über ihre Kinder.
Man müsste schon das Einfühlungsvermögen eines Gustav Freytag oder eines Wilhelm Raabe haben, wollte man die Geschichte der Eversteiner wirklichkeitsnahe lebendig werden lassen. Wir wollen und bescheiden und uns an die Überlieferten Fakten halten, anderseits aber versuchen, zu leidlich anschaulichen Vorstellungen zu gelangen.
Die Probleme des Geschichtsforschers
Der Quellenmangel
Die dreihundertjährige Geschichte der Eversteiner liegt in einem Zeitabschnitt, an den ein Familienforscher in den meisten Fällen nicht zu denken wagt. Die Kirchenbücher als die wichtigste Quelle der Genealogen beginnen gewöhnlich erst nach dem Dreißigjährigen Krieg, also in der Mitte des 17. Jahrhunderts oder später. Sie stehen für die Geschichte der Eversteiner also nicht zur Verfügung.
Natürlich fehlen auch Tagebuchaufzeichnungen, Memoiren oder Lebensbeschreibungen, die ein Chronist aus dem Erleben aufgeschrieben haben könnte. Dass z. B. Caesar die Ereignisse des Gallischen Krieges der Nachwelt schriftlich überliefert hat, ist ein besonderer Glücksfall. – Das Leben und die Taten Jesu von Nazareth wurden erst Jahrzehnte nach seinem Tod aufgezeichnet, und da zeigen sich schon erhebliche Unterschiede in der Überlieferung und Darstellung. Ähnliches gibt es von den Eversteinern nicht. Wir sind ausschließlich auf sporadisch vorkommende Urkunden angewiesen, auf Verträge, Käufe und Verkäufe. Verpfändungen, Schenkungen, Stiftungen, die die Eversteiner unmittelbar betreffen oder in denen sie genannt sind.
Die erste Schwierigkeit besteht darin, diese Urkunden ausfindig zu machen. Sie werden und den Staatsarchiven gesammelt und aufbewahrt, in den Archiven der Kirchen, der Städte und Gemeinden, der Adelshäuser oder befinden sich in Privathand. Welch mühsame Aufgabe für einen Historiker ist es aber, den Namen eines Eversteiners zu suchen, der z. B. in einer Urkunde als Zeuge genannt ist, die in einem Stadtarchiv Süddeutschlands aufbewahrt sind. Es wäre eine Jahrhundertaufgabe, alle Urkunden und die darin genannten Namen, Orte und Inhalte zu registrieren, zu speichern und in einem Computer abrufbereit den Historikern zur Verfügung zu stellen. Davon kann noch keine Rede sein. Als H. Dürre die Urkunden der Homburger in den Regesten sammelte, kam er auf eine Zahl von 431, - 50 mal sind darin auch die Eversteiner genannt. Er musste aber bald eine Ergänzung herausbringen, denn es hatten sich weitere 79 angefunden, die noch irgendwo verstreut gelegen hatten. –Ein besonderer Glücksfall bewahrte und das Lehnsregister der Eversteiner aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Es befand sich im Staatsarchiv Hannover, und Professor Schnath schrieb zur Auswertung für seine Dissertation etwa 1922 ab. Das Original ging mit anderen wertvollen Beständen des Staatsarchivs im Zweiten Weltkrieg verloren. Die Abschrift blieb erhalten und gelangte in das Archiv zurück.
Für den Laien bestehen, was die alten Urkunden anbetrifft, weitere fast unüberwindliche Schwierigkeiten: Die Urkunden sind entweder in Latein abgefasst oder in einem mittelalterlichen Deutsch unterschiedlicher Dialekte. Das Latein ist nicht die klassische Ausprägung, wie sie in den Schulen gelehrt wird, sondern eine vielfach abgewandelte Form (Mönchs- oder Küchenlatein), in der die strengen Regeln der Grammatik nicht beachtet werden und die Wörter z. T. andere Bedeutungen haben. Auch das Deutsch der jüngeren Urkunden bereitet Schwierigkeiten, denn es ist von unserem Hochdeutsch recht verschieden. Rechtschreibregeln gab es noch nicht. – Sind die Urkunden bereits veröffentlicht, dann ist das Lesen erleichtert. Liegt aber nur das ursprüngliche von Hand geschriebene Schriftbild vor, dann muss sich auch der Fachmann mit jeder Urkunde und ihren Eigenarten vertraut machen und sich einlesen, um zum Verstehen des Inhalts vorzudringen.
In den Klöstern haben sich die Mönche oft die Mühe gemacht, Copialbücher anzulegen, Bücher mit den Abschriften von Urkunden, um sicherzugehen, dass die Besitzungen des Klosters belegt werden konnten, falls die Originale verloren gingen. Oft sind die Copialbücher noch vorhanden, oft aber absichtlich oder unabsichtlich gefälscht.
Unklarheiten bei Ortsnamen
Probleme bringen Ortsnamen mit sich, als man sich fast ausschließlich auf das gesprochene Wort verließ und die schriftliche Festlegung noch ohne Bedeutung war, unterlagen die Ortsnamen ständig der Wandlung. Wie konnte z. B. aus Odrekessen Oelkassen werden? Oft kann man nur mit Mühe einen Ort identifizieren. – Manche Ortsnamen kommen häufig vor wie z. B. Holzhausen=Holtensen=Holzen, so dass man nur schwer klären kann welches Holzhausen o. ä. gemeint ist. – Viele Orte sind wüst geworden. Wenn nicht andere Urkunden oder alte Flurnamen Hinweise geben, ist ihre Lage oft nicht zu bestimmen. Eine Hilfe bei der Lagebestimmung können die Namen der altsächsischen Gaue sein, falls sie angegeben sind. – Benachbart liegende Orte sind zumeist auch zusammen genannt, so dass man daraus den Schluss ziehen kann, um welches Holzhausen oder andere Orte es sich handeln dürfte. Der Historiker muss also bei der Auswertung von Ortsnamen mit aller Gebotenen Vorsicht zu Werke gehen und darf sich nicht zu voreiligen Schlüssen verleiten lassen.
Die Identifizierung der Person
Jeder Genealoge ist bemüht, einen möglichst weit in die Vergangenheit zurückreichenden Stammbaum oder eine möglichst vollständige und gesicherte Sippschaftstafel. Die wichtigste Grundlage sind für die Kirchenbücher und die standesamtlichen Register. Bei einem weit in der Vergangenheit zurückliegenden Geschlecht stehen diese nicht zur Verfügung. Man ist vielmehr auf Urkunden angewiesen, in denen die Angaben zur Person zumeist nur eine untergeordnete Rolle spielen. Es ging darin um Kaufverträge u. ä. Die dabei genannten Personen waren damals bekannt und dürften keiner zusätzlichen Identifikation durch Geburtstag, durch die Nennung der Eltern o. ä. Erläuterungen.
Wurde ein Kind geboren, dann dachte niemand daran, das Geburtsdatum irgendwo schriftlich festzuhalten. Wichtiger waren eventuell Heirats- oder Sterbedaten. Diese fanden möglicherweise ihren Niederschlag in Erbverträgen, Besitzverschreibungen, im Zusammenhang mit der Witwenversorgung usw.
Viele Namen sind nur aus Zeugenlisten bekannt. Aus einer Zeit, in der man noch nicht des Lesens und Schreibens kundig war, hatte sich die Sitte erhalten, einen Vertragsabschluss für die Zukunft durch eine große Zahl von Zeugen zu sichern. Dieser Brauch wurde noch lange bei schriftlichen Beurkundungen beibehalten. Viele der Eversteiner sind uns aus solchen Zeugenlisten bekannt. Natürlich fehlen auch hier nähere Angaben zur Person. Nur auf die soziale Stellung kann man daraus Schlüsse ziehen, denn die Zeugen werden genau in der Reihenfolge ihres sozialen Status aufgeführt. Zuerst werden die Geistlichen genannt, sodann die weltlichen Personen in der Reihenfolge ihres Ranges und Ansehens
Eine wichtige Quelle der Namen sind auch die Nekrologien, Verzeichnisse von Todestagen, an denen für bestimmte Personen, für die eine entsprechende Stiftung gemacht worden war, eine Totenmesse gelesen werden musste. In diesen Totenbüchern ist aber nur der Sterbetag angegeben, nicht das Sterbejahr, das sich möglicherweise nur aus weiteren Angaben lässt. Personen mit gleichem Vornamen lassen sich aufgrund der Nekrologien kaum unterscheiden (sieh Seite 7).
Oft sind bestimmte Personen überhaupt nur einmal erwähnt, so dass man, auch wenn man ihre Lebenszeit ungefähr eingrenzen kann, nicht weiß, in welchen Zweig der Familie sie einzuordnen sind.
Eine weitere Irritation ergibt sich daraus, dass die Verwendung von Familiennamen sich noch nicht allgemein eingebürgert hatte. Noch heute ist in den Herrscherhäusern z. T. üblich, dass nur der Vorname genannt wird (Queen Elizabeth). Ein Zusatzname war nur bei gleichen Vornamen mehrerer Personen zur Unterscheidung erforderlich, der Vatersname, der Hausname, ein „Spitzname“ aufgrund eines besonderen Charakteristikums (der Schwarze, der Einäugige o. ä.) oder, wenn jemand aus einem entfernten Ort stammte, der Name des Herkunftsortes. Daher die zahlreichen Familiennamen, die mit einem Ortsnamen identisch sind, früher ergänzt „von“ oder „de“, welche nicht unbedingt das Adelsprädikat bedeuten mussten.
Aus dieser Praxis ergibt sich aber, dass der Ortsname als Zusatz mit dem Wohnungswechsel geändert werden konnte So nannten sie die Eversteiner nach der Aufgabe der Burg Everstein „von Polle“ oder „von Ohsen“ im günstigen Fall „Graf Everstein von Polle“. Diese Art der Namensänderung ist zu unseren Bedauern einerseits schuld daran, dass wir nicht wissen, woher sie gekommen sind. Der Name eines früheren Wohnsitzes ist uns nicht bekannt. Anderseits lässt sich bei späteren Wohnsitz- und Namensänderungen die Verbindung zu den Eversteinern nicht nachweisen. Schließlich ist es aber auch vorgekommen, dass sich Ministerialen, die mit der Verwaltung der Burg beauftragt waren, „von Everstein“ nannten, obgleich sie mit dem eigentlichen Geschlecht der Eversteiner nicht verwandt waren. – Wenn, wie Pöppel in seiner Chronik von Bad Driburg annehmen zu können glaubt, die Eversteiner von dem Grafengeschlecht Werl/Arnsberg abstammen, dann müssten sie diesen Namen abgelegt und damit ihre Herkunft verdunkelt haben. – In einem Fall ist bekannt, dass sich zwei Brüder nach ihrer Mutter „von Everstein“ nannten, auf deren Abstammung sie offenbar besonders stolz waren.
Einen gewissen Anhalt zur Klärung der Familienzugehörigkeit geben die Vornamen. In den Familien waren bestimmte Vornamen üblich, bei den Eversteinern Otto, Albert oder Albrecht, Konrad, Berthold und Hermann. Die Ebersteiner auf der Burg Eberstein bei Fulda verwendeten andere Vornamen, so dass sich schon daraus eine fehlende Verbindung vermuten lässt. Im Stammbaum der schwäbischen Ebersteiner kommen Namen Adelbert, Berthold und Hermann vor. Eine Beziehung zu ihnen wäre also denkbar, sie lässt sich aber nicht nachweisen.
Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass die Aufstellung einer Sippentafel der Eversteiner große Risiken in sich birgt. Deshalb soll auch im Rahmen dieser Arbeit darauf versichtet werden.
Das Problem der Zeitbestimmung
Im Zusammenhang mit der Bestimmung der Personen war schon gesagt worden, dass es oft nicht möglich ist, die Lebenszeiten genau anzugeben. Auch andere Ereignisse können zeitlich oft nur mit Mühe und unzureichend datiert werden. Das hat verschiedene Ursachen: So gibt es Urkunden, bei denen das Ausstellungsdatum fehlt. Mit detektivischen Scharfsinn lässt sich aus den darin genannten Personen oder aus besonderen Umständen, eventuell auch aus der Schrift oder der Art der Abfassung das Datum erschließen.
Die Totenbücher der Klöster, die Nekrologien, sind zumeist eine wichtige Fundgrube für bedeutende Persönlichkeiten und weitere wesentliche historische Erkenntnisse. Sie haben aber einen Nachteil, die Mönche waren nur daran interessiert, den Sterbetag festzuhalten, weil an diesem jährlich wiederkehrenden Datum eine Totenmesse gelesen werden musste. Das Sterbejahr war ihnen unwichtig und wurde nicht vermerkt. Man kann es daher nur aus anderen Quellen entnehmen oder mit ihrer Hilfe einkreisen. Wenn also jemand ein gewisses Alter erreicht haben musste, das über die normale Lebenserwartung hinausgeht, oder wenn er nicht mehr erwähnt wird, dann musste er wohl in dieser Zeit verstorben sein.
Die Entstehungszeit eines Klosters ist unsicher, wenn nicht bekannt ist, welches Datum dafür maßgebend gewesen sein könnte, entweder das der Stiftungsurkunde, das Jahr des päpstlichen Privilegs, der ordensrechtlichen Gründung oder schließlich des Einzuges des ersten Mönchkonvents. Für die Entstehung des Klosters Amelungsborn wird das Jahr 1120 genannt oder 1135 das des Einzugs des Konvents.
Andere Differenzen tauchen bei der Angabe von Daten hinsichtlich des Baues von Burgen, Kirchen o. ä. Sie wurden niemals innerhalb eines Jahres errichtet. Gibt eine überlieferte Jahreszahl den Zeitpunkt des Baubeginns oder der Fertigstellung?
Natürlich stößt man bei Jahresangaben auch auf offensichtliche Irrtümer. So kann aus einer Urkunde hervorgehen, dass ein Ereignis zur Zeit eines bestimmten Grafen geschehen ist, während sich aus einer anderen ergibt, dass dieser zu dieser Zeit schon nicht mehr lebte.
Neben harmlosen Schreibfehlern, mit denen man selbstverständlich auch rechnen muss, kommen absichtliche Fälschungen vor. So haben zuweilen Autoren die Lücken in der Geschichte mit eigenen phantasievollen Zutaten ausgefüllt. In den Bereich der Kriminalität aber gehören Urkunden, die gefälscht wurden, um angebliche Anrechte auf Besitzungen zu dokumentieren. Es gehört oft viel Scharfsinn dazu, solchen Betrügereien auf die Spur zu kommen.
Die Vorgänger der Eversteiner an Diemel und Weser
Die Billunger
Im 10. und 11. Jahrhundert waren die Billunger an der Weser reich begütert. Als der Sohn Heinrichs I., Otto I. (936 – 973) zum König gekrönt worden war (später Kaiser), setzte er Hermann Billung (get. 973) als eine Art Stellvertreter im Sachsenland ein. Der Sitz der Billunger war Lüneburg. Im Weserraum gehörten ihnen Teile des Wetigaues, des Gebietes südlich von Pyrmont. Der Thilitigau um Hameln, aber auch Forst an der Weser und Rothe am Ith (bei Holzen) sind als Billunger Besitz bezeugt, ebenfalls Grafenrechte in Schieder. Die Klöster Fischbeck und Kemnade wurden von ihnen gegründet. Als 1106 Magnus, der letzte des Geschlechts, starb, gehörten zu seinem Nachlass die Schalksburg an der Porta, die Bückeburg bei Obernkirchen, Vogteirechte über Möllenbeck, Fischbeck, Kemnade und das Stift Hameln. Er übertrug sein Erbe an seine Töchter Eilika und Wulfhild. Letztere wurde die Gemahlin Heinrichs des Schwarzen, des Herzogs von Bayern aus dem Geschlecht der Welfen, die damit an der Weser Fuß fassen konnten. Die Grafschafts- und Vogteirechte an der Weser gingen an den neuen Herzog Lothar von Süpplingburg über, der 1125 – 1137 die Königswürde trug. Er heiratete Richenza von Northeim und erwarb dadurch die Eigentümer der Northeimer (s. Kunst und Kultur im Weserraum Seite 128, 129).
Die Grafen von Northeim
Mit Graf Siegfried I. tauchen die Northeimer aus dem Dunkel der Geschichte auf. Seine Söhne waren Graf Benno im Nethegau (Die Nethe entspringt bei Neuenheerse am Eggegebirge und fließt über Willebadessen und Brakel nach Boffzen, wo sie in die Weser mündet.) und Siegfried II. Graf Otto, Sohn Bennos, war einer der mächtigsten Reichsfürsten, als ihm 1061 die Würde des Herzogs von Bayern verliehen war. Auch Otto Graf im Nethegau, dazu Vogt des Klosters Corvey und Burgherr auf dem Desenberg. Er verstarb 1083.
Seine Söhne waren Heinrich d. Dicke, gest. 1101, der Gründer des Klosters Buisfelde und Siegfried III., Graf im Nethegau und seit 1107 Herr auf der Bomeneburg bei Eschwege. Die Tochter Mechthild heiratete Graf Konrad von Werl/Arnsberg.
Der Sohn von Siegfried III. war Siegfried IV., der sich Graf von Bomeneburg und Homburg nannte und als Erbauer oder zumindest als Erneuerer der Homburg bei Stadtoldendorf gilt. Mit ihm starb das Geschlecht der Northeimer im Mannesstamm aus (1144). Der Enkel des Grafen Konrad, ebenfalls ein Konrad von Werl/Arnsberg, der als erster den Titel „Graf von Everstein“ führte, war auch mit einer Mechthild von Northeim verheiratet (Pöppel).
Die Welfen
Wulfhild, die Erbtochter des 1106 verstorbenen Billungers Magnus, heiratete den Welfenherzog Heinrich d. Schwarze von Bayern und führte diesem damit das billungische Erbe an der Weser zu. Sein Sohn Heinrich d. Stolze erbte mit der Heirat von Gertrud, der Tochter Lothars von Süpplingenburg, weitere Besitzungen. So konnte schließlich sein Sohn Heinrich d. Löwe das gesamte Erbe im Raum Braunschweig-Lüneburg und darüber hinaus einen weiteren Streubesitz in seiner Hand vereinigen. Als Herzog von Sachsen (seit 1142) und Herzog von Bayer (seit 1156) versuchte er, seinen Herrschaftsbereich weiter auszudehnen. Zu seinen Erwerbungen in unserem Raum gehörten die Grafschaften Winzenburg und Katlenburg, ferner am Harz die Burgen Herzberg, Scharzfels und der Königshof Pöhlde. Seine Besitzungen lagen aber auch westlich der Weser im westfälischen Bereich, die er als Erbe der 1144 ausgestorbenen Grafen von Northeim beanspruchte, darunter die Burg Desenberg und Altenfils, Landkreis Brilon. Er war in Kämpfe verwickelt um Arnsberg und Medebach, Landkreis Brilon. In Minden wurde er 1168 getraut. Bei seinen Expansionsversuchen westlich der Weser geriet er in Gegensatz zu dem Erzbischof von Köln. Philipp von Heinsberg, der zusammen mit zahlreichen Fürsten und Adligen, die Heinrich durch sein herrschsüchtiges und rücksichtsloses Wesen gegen sich aufgebracht hatte, seinen Sturz betrieb (1180).
Der Sturz des Löwen verschaffte allen großen und kleinen Dynasten Bewegungsfreiheit. Westlich der Weser entstand das Herzogtum Westfalen unter dem Erzbischof von Köln. Um 1200 erbauten die Grafen von Everstein die Kogelnburg (Kugelburg) oberhalb von Volkmarsen und gründeten an der Weser die Stadt Holzminden. Nach Heinrichs Rückkehr aus der Verbannung in England 1189 hinderte ihn ein Sturz vom Pferd und das nachfolgende Krankenlager, mit der früheren Aktivität erneut in das politische Geschehen einzugreifen. Erst 1235 erstand unter dem Enkel Heinrichs, Otto mit dem Beinamen “das Kind“, das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg neu. In der folgenden Zeit verwendeten die Welfen trotz vielfacher Erbteilungen und anderer Wirren viel Energie darauf, ihr Territorium weiter zu vergrößern und unter anderem den Anschluss an die Weser zu gewinnen. So vereinbarten sie mit dem Erzbischof von Köln die beiderseitige Anerkennung der Weser als Grenze ihrer Einflusssphären (Vertrag von Kogelnburg 1260). Ein entscheidendes Ziel ihrer Expansionspolitik wurde mit der Eingliederung der Grafschaft Everstein und der Edelherrschaft Homburg 1408 bzw. 1409 in ihren Besitz erreicht.
Der Ursprung der Eversteiner
Die Eversteiner
Jeder Genealoge weiß, dass seinem Forscherdrang Grenzen gesetzt sind. Irgendwann, meistens viel zu früh, schweigen die Quellen, und dann ist er mit seiner Weisheit am Ende. Wenn die früheste Beurkundung der Eversteiner aus dem Jahr 1122 stammt, dann ist das durchaus erstaunlich zu nennen. Überraschenderweise kommt diese Nachricht nicht aus der Gegend an der Oberweser, sondern aus Holstein. Der Pfarrer Helmold zu Bosow am Plöner See berichtet in seiner Chronik der Slawen, die bis 1170 fortgeführt wurde, auch aus dem Leben des Apostels der nördlichen Slawen, des Vicelin. Dieser stamme aus Hameln und habe als Jüngling nach dem Tode seiner Eltern auf der Burg Everstein ein Unterkommen gefunden. Die edle Herrin, die Mutter des Grafen Konrad, habe ihn eine Zeitlang beherbergt, bis er die Burg verlassen habe, um in Paderborn zu studieren. Später sei er nach Bremen berufen worden.
Die Burg Everstein hat also damals schon existiert. Es ist aber nichts darüber bekannt, dass der Everstein jemals das Zentrum einer Grafschaft gewesen sei, und auch der genannte Konrad wird, wie Schnath berichtet, stets nur unter den Edelfreien aufgeführt. Der erste, der den Grafentitel führte, war Albrecht I. Die Eversteiner könnten ihn beansprucht haben, seit sie, vermutlich bald nach 1123, mit der Grafschaft Donnerstag bei Warburg belehnt worden waren.
Pöppel nimmt in seiner Chronik von Driburg an – ohne allerdings den eindeutigen Beweis erbringen zu können -, dass die Eversteiner von den Grafen Werl/Arnsberg abstammen. Sie müssten sich dann wohl nach der Übersiedlung auf den Everstein nach diesem benannt haben. Den in der Familie tradierten Grafentitel könnten sie von Werl mitgebracht haben.
Pöppel erwägt schließlich auch die Möglichkeit, dass Konrad durch seine Heirat mit einer Mechthild aus dem Geschlecht der Northeimer deren Brautschatz, nämlich die Besitzungen an der Oberweser, und auch den Grafentitel übernommen habe. Diese Vermutung hat insofern eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich, als damit geklärt wäre, wie die Eversteiner zu ihren Besitzungen an der Oberweser gelangt sein könnten. Über Belehnungen oder von spektakulären Annektionen durch Kriege o. ä. ist nichts bekannt. Solche Ereignisse hätten vielleicht doch in Urkunden ihren Niederschlag gefunden. Den Nachweis bleiben uns die Historiker schuldig, und so ändert sich nichts an der Tatsache, dass der Ursprung der Eversteiner in Dunkel gehüllt ist.
Andere Geschlechter Eberstein
Der Name Everstein bzw. Eberstein ist nicht einmalig im deutschen Sprachraum. Eine Burg Eberstein existiert bei der Gemeinde Ebersteinburg etwa 5 km nordwestlich von Baden-Baden. Der erste bekannte dortige Graf ist ein Graf Berthold, comes de Eberstein, der in Urkunden zwischen 1035 und 1080 genannt wird. Auch ein Graf Adalbert wird 1041 erwähnt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieser ein Vorfahre des für die hiesigen Eversteiner belegten Adalbert I., gest. 1147, gewesen ist. Wenn eine Verbindung zwischen diesen Ebersteinern und denen hier an Diemel und Weser bestanden haben sollte, dann kann sie nur in dieser frühen Zeit vermutet werden, belegt ist sie nicht, und deshalb soll auch Spekulationen in dieser Richtung kein Raum gewährt werden. Weder konnte H. Langenbach in seiner Publikation „Die Grafen von Eberstein“ verwandtschaftliche Beziehungen nachweisen, noch Frau Dr. Ostermeyer, Hameln, die anlässlich eines Besuches in der dortigen Gegend der Frage nachging.
Ein weiteres Zentrum der Ebersteiner befindet sich in der Rhön östlich von Fulda. Dort krönt eine Burg Eberstein eine der Bergkuppen. Heute ist sie unter dem Namen „Tannenfels“ bekannt, eigentlich nach einem Geschlecht von Tann „Tann-fuldischer-Kopf“. Diese Burg wurde Ende des 11. Jahrhunderts und 1150 von Abt Marquardt von Fulda erobert. 1170 werden Ministeriale des Klosters Fulda erwähnt, die sich „Ebirstein“ nannten. 1282 wurde die Burg erneut erobert und geschleift. Das Geschlecht der Ebersteiner, ab 1350 auf Schloss Schackau, existiert heute noch (Hist. Stätten Hessen). Eine Beziehung zu den Eversteinern an Diemel bzw. Weser ist auch hier nicht festzustellen.
Schließlich sei noch erwähnt, dass eine Landgemeinde bei Oldenburg i. O., heute Teil von Oldenburg, „Everstein“ heißt und dass in Urkunden des Oldenburger Stadtarchivs (Old. Jb. 1896) ein Ritter de Eversen (nichtEverstein) genannt wird. Mehr scheint darüber nicht bekannt zu sein.
Die Lage der Eversteiner zwischen den Blöcken
Der Raum an der Oberweser, so wird häufig argumentiert, sei für das Entstehen kleiner Herrschaften wie die der Eversteiner und Homburger besonders günstig gewesen. Hier hätten sich die Bereiche der Erzbistümer bzw. Diözesen Mainz, Paderborn, Minden und Hildesheim – früher auch Würzburg – berührt. In den Grenzlanden, weit entfernt vom Zentrum der Macht, seien ihr Einfluss und ihr Interesse nur gering gewesen, so dass die kleinen Dynasten sich hätten festsetzen können. Betrachtet man aber die Geschichte der Grafen von Everstein, die ständig in Bewegung gehalten wurde durch Rivalitäten, Ehrgeiz, Habsucht, Besitzstreben. Machtgier, Aggressivität und Streitsucht gerade der hohen Herren, zu denen sich auch die Landgrafen von Hessen und die Herzöge von Braunschweig gesellten, dann muss man wohl zu dem Schluss kommen, dass sie gerade hier in ihren Grenzgebieten präsent waren. Sie lagen einander auf der Lauer gegenüber, immer bestrebt, Schwachstellen des Gegners zu erkunden und auszunutzen, darauf bedacht, dass keiner dem anderen zu nahe kam, aber auch immer bestrebt, die eigen Einflusssphäre auszuweiten.
Die Grenzen waren nicht fein säuberlich abgesteckt und anerkannt, und auch der Vertrag von Kogelnburg, in dem die Weser als Grenze zwischen Köln und Braunschweig festgelegt wurde, hatte nur kurze Zeit Gültigkeit. In diesem Zusammenhang muss auch gefragt werden, welche Bedeutung der Grenzbeschreibung des Bistums Hildesheim aus der Zeit um 1000 beizumessen ist. Vermutlich war sie mehr oder weniger nur die Grenze des geistlichen Bezirks. Sobald der Bischof aber als Landesherr agierte, galten rein weltliche Interessen. Dann wurden harte Bandagen angelegt. Zudem ist zu bedenken, dass die Bischöfe nicht nur friedlich-fromme geistlichen Herren waren, die einzig und allein ihren geistlichen Obliegenheiten nachgingen. Sie entstammten durchweg adligem Geschlecht, waren als Ritter erzogen und wussten das Schwert oft besser zu führen als den Hirtenstab.
So saßen die Eversteiner zwischen den Blöcken, mussten sich ihrer Haut wehren und waren immer in Gefahr, zerrieben zu werden. Als die Schwächeren waren sie gezwungen, sich anzupassen und mit dem einen oder anderen zu paktieren. Dass sie sich gerade dem weit entfernten Erzbischof von Köln verschrieben und dort Schutz suchten und nicht wie die Homburger bei den Herzögen von Braunschweig, trug zu ihrem Scheitern bei.
Typische allgemeine Sachverhalte im Herrschaftsbereich der Eversteiner
Graf und Grafschaft
Der Ursprung des Wortes „Graf“, lat. comes, ist nicht eindeutig geklärt. Es ist nicht Aufgabe
dieser Arbeit, auf die Diskussion darüber einzugehen. Soviel ist aber saicher, dass z. Zt. Karls d. Gr. Der Graf ein Beauftragter des Kaisers war, der einen bestimmten Bezirk, die Grafschaft (lat. comitas) zu verwalten hatte. Diese deckte sich zumeist mit bereits vorhandenen Verwaltungseinheiten, z. B. den Gauen (lat. pagus). Zu den vordringlichen Aufgaben des Grafen gehörten die Rechtsprechung und die Aufstellung des Heerbannes, denn fast jedes Jahr war Karl in den Sommermonaten auf Kriegszügen unterwegs, und es war Sache des Grafen, aus ihrer Grafschaft ein Heer zusammenzustellen und für die Ausrüstung mit Waffen und Proviant Sorge zu tragen. Als Grafen wurden Persönlichkeiten aus dem hohen Adel ausgewählt, die dem Kaiser treu ergeben waren. Indes war nicht zu erwarten, dass trotz der rücksichtslosen Strenge des Kaisers die in ihrer Struktur sehr unterschiedlichen Völkerschaften, die Karl unterworfen und in seinem Reich zusammengefasst hatte, sich gehorsam und friedlich allen kaiserlichen Anordnungen fügten.
So blieb es nicht aus, dass nach Karls Tod, als die starke Zentralgewalt fehlte, sich die brüchige Grafschaftsordnung mehr und mehr auflöste. Die Grafen sahen ihre Grafschaft als persönliches Dominium an und vererbten sie an ihre Nachkommen. Sie fühlten sich als unabhängige Herren ihres Gebietes, verwalteten aus eigener Machtvollkommenheit und führten eine selbständige Politik. Sie verkauften, verlehnten, verpfändeten und vererbten ihren Landbesitz. Dabei zersplitterten die Grafschaften. Sie wurden durchsetzt von Immunitätsbezirken der Klöster, Stifte und Bistümer und wurden so zu einem Flickenteppich aus unterschiedlichen Besitzungen und Gerechtsamen, die ständigen Veränderungen unterworfen waren. Löste sich eine Grafschaft schließlich gänzlich auf, so blieb doch der Grafentitel am Namen des Geschlechts haften. Er wurde zu einem Prädikat des höheren Adels.
Dass die Stammburg Everstein je das Zentrum einer Grafschaft gewesen ist, ist nirgends belegt. Erst Albrecht I. nahm den Grafentitel an, vermutlich nachdem er mit der Grafschaft Donnersberg bei Warburg belehnt worden war.
Der Landbesitz
Der Besitz der Eversteiner stellte nicht, wie schon angedeutet, ein in sich geschlossenes Territorium mit festen Grenzen dar, sondern setzte sich aus Ländereien unterschiedlichen Charakters zusammen, die von Besitzungen anderer Herren durchsetzt war. Den Kern bildete der Allodial – oder Eigenbesitz.
Es war der Teil der Besitzungen, der ererbt oder gekauft war und über den der Eigentümer frei verfügen konnte, ihn vererben, verkaufen, verpfänden, verlehen oder auch stiften. Durch diese Veräußerungen war der Eigenbesitz eine Art Kapitalreserve, auf die in schwierigen Situationen zurückgegriffen werden konnte, die dadurch aber im Laufe der Zeit zusammenschmolz. Die Eversteiner machten auch von der Möglichkeit Gebrauch, diesen Eigenbesitz einem mächtigen Herren zu übereignen, z. B. dem Erzbischof von Köln, um ihn gleichzeitig als Lehen zurückzuempfangen. Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen z. B. mit den Herzögen von Braunschweig, richtete sich der Angriff nun nicht allein gegen die Eversteiner, sondern mehr noch gegen den Erzbischof von Köln. Die Braunschweiger bekamen es also mit diesem zu tun. Letztlich hat diese Manipulation den Eversteinern wenig eingebracht, ihnen eher geschadet, besonders wenn sich die mächtigeren Herren schließlich auf Kosten der Eversteiner einigten, z. B. als beide 1260 die Weser als Grenze ihrer Einflusssphäre anerkannten. Die Tatsache, dass aus dem ohnehin lückenhaften Mosaik der Allodien immer wieder Steine herausgebrochen wurden, trug zu allmählichen Auflösung der Grafschaft bei.
In unseren waldreichen Bergland gehörte den Eversteinern natürlich auch ein größerer Waldbesitz, verstreut über ihr gesamtes Territorium. Er war besonders als Jagdrevier begehrt, denn die herrschaftliche Tafel wurde zu einem großen Teil mit Wildbret als Frischfleisch beliefert. Die Jagd gehörte zu den Vergnügungen der Herren. Noch im 18. Jahrhundert trug von Langen, der „Wirtschaftsminister“ des Herzogs von Braunschweig, den Titel „Oberjägermeister.
Die Lehen
Das Lehenwesen ergab sich aus zwei Komponenten mittelalterlichen Regierens, einer militärischen und einer verwaltungsmäßigen. Dem Lehnsempfänger oder Vasall wurde ein Lehen übertragen, wenn er im Krieg sich bewährt und treue Dienste geleistet hatte oder wenn er durch einen Lehnseid gebunden, zur Heeresfolge verpflichtet werden sollte. Als Gegenleistung sicherte der Lehnherr durch die Vergaben des Lehens die wirtschaftliche Existenz des Vasallen und nahm ihn in seinen Schutz.
Aber nicht nur in militärischer Hinsicht war der Lehnsherr auf Lehnsleute angewiesen. Die Verwaltung seines Landes war nur möglich, wenn er es – wies auch heute noch geschieht – in Bezirke und weitere kleine Verwaltungseinheiten aufteilte. Der Lehnsmann wurde also mit der Verwaltung eines solchen Bezirkes betraut, und dieser teilte ihn weiter auf bis hin zu den Bauernhöfen. Im Idealfall war also ein Land nach dem Schema einer wohlgeordneten Lehnspyramide gegliedert und verwaltet.
Dieser Idealfall trat aber letztlich nur selten ein, er wurde vielmehr durch immer neue Störungen vereitelt, durch Käufe, Verkäufe, Verpfändungen u. ä., aber auch durch Streit und kriegerischen Auseinandersetzungen. – Es konnte ein Lehen dem einen entzogen und einem anderen übertragen werden. – Es konnte unter mehrere aufgeteilt werden. Sogar Städte und Burgen wurden an zwei oder mehrere Vasallen verlehnt, wie z. B. die Burg Ohsen. Dabei war es nötig, die Räumlichkeiten jeweils den Parteien zuzuweisen. Die Stadt Lügde hatte mehrere Lehnsträger, und die Eversteiner besaßen zeitweise ein Sechstel der Stadt Brakel. – Die Dörfer gehörten fast immer verschiedenen Herren, so dass die Bauern dem einen oder anderen ihre Dienste zu leisten hatten. – Ein Lehen konnte einem Lehnsmann entzogen werden, er konnte es aber auch von sich aus zurückgeben. – Es kam auch vor, dass sich die adligen Herren gegenseitig mit Lehen bedachten. – Oft hatte ein Lehnsmann nicht nur einen, sondern mehrere Lehnsherren. So empfinden die Eversteiner Lehen vom Erzbischof von Mainz und auch von Köln. Letzterem trugen die Eversteiner ihre Besitzungen von sich aus als Lehen an, um dadurch als Lehnsempfänger den Schutz des Lehnsherren zu genießen, in diesem Falle um einen Verbündeten gegen die Herzöge von Braunschweig zu haben.
So herrschte in den mittelalterlichen Lehnsverhältnissen ständig Bewegung, und sie gaben zu immer neuen Auseinandersetzungen Anlass.
Verpfändungen
Das Verpfänden von Landbesitz wird während der Zeit der Eversteiner wiederholt erwähnt. Es war eine frühe Form des Geldgeschäfts, als es noch keine Banken gab, (Die ersten Banken Europas werden im 12. Jahrhundert in Italien genannt). Benötigte jemand dringend Geld, z. B. für kriegerische Unternehmungen, zum Bauen o. ä., dann lieh er sich das Geld von jemanden, der darüber verfügte, und überließ dem Geldgeber einen Teil seines Landsitzes, z. B. eine Stadt, als Pfand auf eine bestimmte Zeit, auf jeden Fall bis zur Rückgabe des Geldes, die sich oft länger als vorgesehen hinauszögerte. Der Gläubiger hatte dann das Recht, das Land, den Grundbesitz, einige Dörfer o. ä. auszunutzen und gewissermaßen als Zinsen möglichst viel an Werten herauszuholen. Von dieser Möglichkeit des „Pfänderspiels“ ist viel Gebrauch gemacht worden. Der Erzbischof von Köln verpfändete 1337 gegen 100 Mark Soester Denare an Hermann von Polle, Graf von Everstein, die Hälfte der Stadt Lügde. Nach mehrfachen Veränderungen und weiteren Verpfändungen hatte die Stadt Lügde 1371 vier Herren.
Kauf und Verkauf
Selbstverständlich ist in den Urkunden auch von Käufen und Verkäufen von Land die Rede. Was uns dabei wundert, ist der Preis, der gezahlt wurde, dass z. B. ein Bauernhof den Wert von 20 Mark hatte. Die Mark ist ursprünglich eine Gewichtsangabe für Silber. Als Maß diente eine bestimmte Menge Blei, das Lot (engl. Lot = Menge). Wenn das Gewicht des Silbers den Vorschriften entsprach, war es „lötig“. Ein Barren Silber, der aus dem Bergwerk kam, wurde gewogen und bekam eine Marke, daher „Mark“. Die kölnische Mark hatte ein Gewicht von 234 Gramm. Der eigentliche Wert dieser Mark ergab sich aus dem Aufwand bei der Herstellung und aus Angebot und Nachfrage.
Stiftungen
Im 12. u. 13. Jahrhundert entstand eine große Zahl von Klöstern. Ihre Gründung wurde in vielen Fällen durch den Adel angeregt, durch Menschen, die um ihr Seelenheil bangten und deshalb für ein Kloster Land als wirtschaftliche Basis zur Verfügung stellten. Auch Waldgebiete gehörten zu solchen Stiftungen. Sie rissen in den Flickenteppich herrschaftlichen Landbesitzes nicht unerhebliche Lücken.
Regalien
Regalien sind ursprünglich Hoheitsrechte des Königs (jura regalia), die weiterverliehen wurden zur Verfügung über hohe Ämter und Rechte wie Münzrecht, Marktrecht u. a. ;dann aber alle finanziell nutzbaren Rechte und Gerechtsame an Grundbesitz u. a. Diese Rechte waren mit Einnahmen verbunden, die den finanziellen Rückhalt der damaligen Herren (Zinsen, Steuern, Zölle, Pächte, Mieten, Gerichtsbußen usw.) und waren deshalb begehrt.
Vogteirechte
Kirchen und Klöster sollten sich ursprünglich aller weltlichen Geschäfte enthalten. Diese sollten von einem nichtgeistlichen „Herbeigerufenen“ = advocatus ausgeführt werden. Das Wort „advocatus“ wurde verstümmelt zu „Vogt“. Der Vogt war also der Vertreter eines Klosters in den weltlichen Angelegenheiten, der Schutzherr und Richter. Während die Zisterzienser Vögte grundsätzlich ablehnten, waren sie bei den Benediktinern üblich, und besonders die Nonnenklöster bedurften eines solchen weltlichen Schutzes. Meistens stellte die Stifterfamilie auch den Vogt. – Zweifellos wurden dies „Beschützer“ oft als Last empfunden und nicht als Helfer geschätzt, denn sie mischten sich allzu sehr in die inneren Angelegenheiten des Klosters ein, z. B. bei der Wahl der Äbte oder Pröpste, und ließen sich ihre Dienste kräftig honorieren. Für das Bistum Paderborn gab es einen Obervogt, der für das gesamte Bistum zuständig war.
Der Vogt als Vertreter des Landesherren in den Städten war herrschaftlicher Beamter. Er übte dort die Gerichtsbarkeit aus und die Aufsicht über die Verwaltung. Den Städten gelang es infolge ihres Anwachsens und der Stärkung ihrer wirtschaftlichen Kraft, die Rechte der Vögte mehr und mehr einzuschränken, die Obliegenheiten in eigene Regie zu übernehmen und größere Selbständigkeit durchzusetzen. Die Eversteiner waren für lange Zeit Vögte in der Stadt Hameln als Beauftragte des Klosters Fulda.
Patronatsrechte
Die einzelnen Kirchen hatten als Schutzherren einen Patron – nicht zu verwechseln mit dem Schutzheiligen -. Er hatte ein Mitspracherecht oder die alleinige Entscheidung bei der Pfarrerwahl, war aber auch ausschlaggebend bei allen wirtschaftlichen Angelegenheiten der Gemeinde, z. B. zuständig für die Instandhaltung der kirchlichen Gebäude. Aus den Patronatsrechten der Eversteiner, soweit sie bekannt sind, lässt sich auch ihr Herrschaftsbereich ablesen.
Straßen- und Flusszoll
Angesichts der mosaikartigen Besitzungen in der Zeit der Eversteiner dürfte die Beanspruchung von Wegezöllen kaum möglich gewesen sein. Die Erhebung eines Flusszolles in Holzminden und Hameln werden sie sich nicht haben entgehen lassen. Schon 1247 bekam Hann. Münden das Stapelrecht, aber auch für Hameln ist ein Stapelrecht nachgewiesen, das offenbar nicht so konsequent angewandt wurde wie in Hann. Münden.
Das Geleitsrecht
Die Unsicherheit auf den Straßen ließ den Kaufleuten und Reisenden ein militärisches Geleit in einem gewissen Maße sehr begrüßenswert erscheinen. Die Landesherren dürften sich dazu verpflichtet gefühlt haben, um den Handel in ihrem Land zu sichern und zu fördern. Wenn aber das Geleit zu einer begehrenswerten Einnahmequelle wurde, wenn es den Handelsleuten aufgezwungen wurde und wenn dann schließlich im Falle eines Überfalles die Beschützer die ersten waren, die Fersengeld gaben, dann wurde das Geleit zur Last und in sein Gegenteil verkehrt. Für die Eversteiner ist ein Geleitsrecht im Raum Hameln bezeugt.
Gerichte
Das Gerichtswesen des Mittelalters ist ein höchst diffiziles Gebiet, denn von einer einheitlichen Gerichtsbarkeit kann nicht die Rede sein. Rechtsweistümer wie der Sachsenspiegel sind eine Fixierung des Gewohnheitsrechts, dem aber keine Gesetzeskraft zukam. – Das Hohe Gericht, Blut- oder Halsgericht, ging ursprünglich vom König aus, wurde aber dann von den Landesherren beansprucht. Das Niedere Gericht war Sache der Grundherren (Patrimonialgerichte) oder der Städte bzw. der Stadtvögte, die nach Gutdünken richteten, sofern nicht in den Stadtrechten gewisse Grundsätze festgelegt waren. Daneben gab es Gerichte der Zünfte u. ä. Genossenschaften, der Kirchen und Klöster, Holzgerichte u. a. – Gerichte wurden als Lehen ausgegeben, wobei den Lehnsinhabern die Bußen zuflossen. Bei der Belehnung der Eversteiner mit der Grafschaft Donnersberg ging die Rechtsprechung innerhalb der Grafschaft auf sie über. Nach der Malstatt des Gerichts, dem Donnersberg bei Wormeln südlich Warburg, war die Grafschaft benannt. Dazu gehörten die Freistühle in Löwen und Scherfede, ferner die in den heute wüsten Orten Schonlohe und Dringen, beide bei Dringenberg. Ein Gerichtsplatz, vermutlich schon zur Zeit der Eversteiner, befand sich am Hagedorn unterhalb des Gr. Eversteins.
Die Besitzungen der Grafen Everstein im Diemelbereich
Im Folgenden sollen die Besitzverhältnisse der Eversteiner anhand der einzelnen Objekte und deren Entwicklung in Kürze dargestellt werden und zwar von Süden nach Norden fortschreitend:
Rodersen
Es lässt sich nicht eindeutig belegen, ob diese Burg, die nur zwischen 1180 und 1262 Bestand
gehabt hat, den Eversteinern in dieser Zeit gehört hat. Da sie aber ab 1187 als Inhaber der Grafschaft Donnersberg genannt werden und auch in diesem Bereich Patronats- und andere Rechte besaßen, kommen sie als Erbauer der Burg in Frage. Vermutlich nahm Graf Albert II., der zwischen 1162 und 1197 nachweisbar ist, nach dem Sturz Heinrichs d. L. die Gelegenheit wahr, seine Macht in diesem Teil der Grafschaft Donnersberg auszudehnen. Die Burg wurde mit einem Lehnsmann besetzt und von diesem verwaltet, einem Ritter von Roderikessen, der dann aber in den Auseinandersetzungen zwischen Mainz und Hessen in den Dienst der letzten trat. In dieser Zeit wurde die Burg Rodersen zerstört, d. h. um 1262, und nicht wieder aufgebaut. Dieser südlichste Stützpunkt ging damit den Eversteinern verloren. (G. Wittenberg, Burg Rodersen und ihre Besitzer, Hess. Gesch. und Landeskunde Bd. 84, 1974)
Die Grafschaft Donnersberg
Ein unscheinbarer Hügel bei Wormeln an der Twiste südlich von Warburg trägt heute noch den Namen Donnersberg. Seit dem frühen 11. Jh. Hatten die Bischöfe von Paderborn die Oberhoheit an der Diemel. Die Lehnsträger waren die Grafen von Reinhausen, ab 1122 nach deren Aussterben die Grafen von Northeim. Ihnen folgte ab 1144 Graf Hermann von Winzenburg und nach dessen Tod 1152 Heinrich d. Löwe. Dieser belehnte die Eversteiner mit der Grafschaft Donnersberg. Nach dessen Sturz 1180 war Graf Albert II. nicht nur Lehnsträger der Bischöfe von Paderborn, sondern auch der Erzbischof von Mainz. – Die Grafschaft erstreckte sich von der Burg Rodersen im Süden bis zur Gräfte, einer Turmburg südlich von Driburg, und setzte sich zusammen aus Landsitz, Lehen, die weiter verlehnt wurden, aus Patronatsrechten, Gerichten mit Gerichtsplätzen (Freistuhl) in Schonlohe, Löwen, Scherfede, Canstein Krs. Brilon und Donnersberg. Patronatsrechte nahmen sie wahr in Witmar, von dem nur noch die Kapelle an der Straße Warburg – Volkmarsen zeugt, in Volkmarsen, Benefeld u. a. Weitere Besitzungen hatten sie in Pekelsheim, Mengeringhausen u. a. Die waren Lehnsherren von Gudenberg, Helfenberg und anderen heute wüsten Orten. Aufgrund der Urkundenlage kann diese Aufstellung nicht vollständig sein. Im 13 Jh. ging die Grafschaft den Eversteinern allmählich verloren.
Die Kogelnburg (Kugelsburg)
Auf einem Bergsporn oberhalb von Volkmarsen steht heute noch die Ruine der Kogelnburg, die erst im 7 Jährigen Krieg von den Franzosen zerstört wurde. Sie wurde um 1200 von den Eversteinern erbaut, während Volkmarsen selbst im Besitz des Klosters Corvey war mit der Vogtei der Herren von Schwalenberg-Pyrmont. Während die Eversteiner Lehnsträger der Erzbischöfe von Mainz waren, gab sich Corvey und den Schutz von Köln. Offenbar haben sich die Eversteiner in dieser Grenzlage nicht halten können, denn die Burg gelangte in den Besitz von Köln, etwa 1300.
Kloster Wormeln
Von dem Kloster Wormeln, nur wenige Kil0meter südlich von Warburg, steht heute noch die gotische Klosterkirche, geweiht 1315, während weitere Klostergebäude neuzeitlich sind. Das Zisterzienser Nonnenkloster im Bezirk Mainz wurde 1246 von den Eversteinern gestiftet, die auch die Vogteirechte innehatten. Diese gelangten aber später an das nur wenige Kilometer entfernte Calenberg und damit schließlich an Paderborn. –
Diese Vorgänge im südlichen Herrschaftsbereich der Eversteiner, in dem sie anfangs offenbar eine gesicherte Herrschaftsposition hatten, machen deutlich, dass die Grafen sich auf die Dauer gegenüber den mächtigen Herren, den Erzbischöfen von Paderborn nicht durchsetzen konnten und Stück für Stück ihre Grafschaftsrechte verloren.
Dringen und Burg Rüden
Nördlich von Dringenberg befindet sich ein Gelände, das deutlich die Spuren menschlicher Bearbeitung zeigt, die Gemarkung des wüsten Dorfes Dringen. Es war der Mittelpunkt der „Freigrafschaft“ Dringen, einer Art Gerichtsbezirk, seit etwa 1125 im Besitz der Eversteiner (Pöppel), wiederholt in Urkunden bezeugt, in denen es um Schenkungen an die Klöster Gehrden (1142) und Willebadessen (1149) geht. Oberhalb von Dringen entstand die Burg Rüdenberg, von der noch Spuren nahe der Straße Dringenberg – Bad Driburg zu erkennen sind. Auch Dringen selbst war befestigt. – 1318 gelangte die Freigrafschaft Dringen in den Besitz des Bistums Paderborn, nachdem sie schon früher durch die Schenkungen an die Klöster an Wert eingebüßt hatte. Auch in diesem Fall ergab sich wieder die Tatsache, dass die Everesteiner vor den Mächtigeren zurückweichen mussten.
Die Gräfte
Wo heute in einer Wiese fast am südlichen Stadtrand von Bad Drieburg ein quadratisches Wall-Graben-System zu finden ist, wegen einer Stacheldrahtumzäunung kaum zugänglich, erhob sich einst ein Wohnturm, den man den Eversteiner zuschreibt, und zwar als nördlichste Anlage innerhalb der Freigrafschaft Dringen (Pöppel). Eine Fundamentmauer von einst ein Meter Höhe lässt den Schluss zu, dass der weitere Aufbau aus Holz und Lehm bestand. Die Anlage wurde auch von Prof. Schuchardt untersucht und von ihm für eine mittelalterliche Wohnstätte gehalten. Urkundliche Nachrichten über die Gräfte fehlen
1316 verkauften die Eversteiner die gesamte Freigrafschaft Dringen, soweit sie noch in ihren Besitz war, einem Domprobst in Paderborn
Brakel
In der Zeit von 1284 bis 1316 gehörte den Eversteinern ein Sechstel der Stadt Brakel, das ihnen durch Erbschaft zugefallen war. Die anderen Anteile gehörten einem Herrn von Asseburg (b. Braunschweig) und den Herren von Brakel. 1316 mussten die Eversteiner ihren Anteil an das Hochstift Paderborn verkaufen, dem es bis 1385 gelang, die ganze Stadt an sich zu bringen.
Weitere Besitzungen der Eversteiner
Mengeringhausen (Krs. Waldeck) gehörte im 12, Jh. den Eversteinern, wo auch Corvey begütert war. Dort wurden sie von den Grafen von Waldeck im 13, Jh. verdrängt.
Besitzungen in Peckelsheim gingen ihnen 1316 (s. Brakel) verloren. Durch Heirat gelangten die Eversteiner um 1275 in den Besitz der Burg Grebenstein, die Graf Otto schon 1297 an den Landgrafen von Hessen verkaufte. Vermutlich gehörte dazu auch Immenhausen. – Das Gericht Jestädt., Krs. Eschwege, war im Besitz der Eversteiner und fiel 1408 mit an Braunschweig. – Canstein, Krs Brilon, gelangte mit der Grafschaft Donnersberg in die Hände der Eversteiner und wurde um 1290 von Köln erworben. – Als Burgmannen treten die Eversteiner auf Burg Rusteberg auf (Eichsfeld südlich Göttingen, heute DDR) und auch in Vlotho/Weser.
Es ist die Aufgabe dieser Arbeit, den weitreichenden Streubesitz an Hufen in zahlreichen Dörfern, der z. B. in dem durch Georg Schnath uns erhaltenen Lehnsregister aufgelistet ist, hier anzuführen.
Der Herrschaftsbereich der Eversteiner an der Oberweser
Die Stammburg der Eversteiner
Die Nachrichten über diese Burganlage sind überraschend spärlich. Wir wissen nicht, wer sie einst erbaut hat und wann das geschehen ist. Die erste Erwähnung zu Anfang des 12. Jh. in der Lebensbeschreibung des Vicelin wurde bereits genannt. Zwei weiter Urkunden, in denen vom Everstein die Rede ist, stammen aus den Jahren 1126 und 1265. Im Jahr 1284 soll die Burg von den Welfen belagert worden sein mit dem Ergebnis, dass die Eversteiner ihre Stammburg an die Herzöge abtreten mussten. Sie residierten danach auf der Burg Polle oder einem der anderen ihnen verbliebenen festen Häuser.
Der Augenschein verrät uns, dass es sich bei dem Everstein umeine Doppelburg gehandelt hat, um den Gr. Everstein (345 m) und den etwa 400 m entfernten Kl. Everstein (311 m). Aus den heutigen auf beiden Gipfeln vorhandenen Resten lassen sich die Baulichkeiten nicht rekonstruieren. Das weitere Schicksal der Feste nach der Zeit der Eversteiner berührt und hier nicht. Erwähnt sei nur, dass nach der Verlegung des Amtssitzes nach Forst 1493 die verbliebenen Gemäuer dem Kloster Amelungsborn überlassen und zum Abbruch freigegeben wurden, zumal die Burg zuletzt als Raubritternest gedient hatte.
Holzminden
Da Holzminden erst 1204 in Urkunden auftaucht, umfasst seine uns bekannte Geschichte im Zusammenhang mit den Eversteinern nur 200 Jahre. Ein Blick vom Everstein zur Weser hin macht deutlich, dass das Streben der Grafen zur Weser nur allzu verständlich war. Wenn sie der Siedlung am Fluss schon bald nach 1200 Stadtrechte verliehen, dann muss diesem Akt zweifellos eine längere Periode erfolgreicher politischer und wirtschaftlicher Entwicklung vorangegangen sein. Um 1240 wuchs am Fluss die Wasserburg der Grafen empor. Trotzdem kann ihre Geschichte nicht glücklich genannt werden. Von Westen drängten die Erzbischöfe von Köln zur Weser, von Osten die Welfen. Um sich auf einen mächtigen Verbündeten stützen zu können, hielten es die Eversteiner mit den Erzbischöfen von Köln gegen die Welfen. Den Kölnern aber lag mehr daran, die Eversteiner auszunutzen als ihnen zu helfen. So mussten sie, wenn auch für die beträchtliche Summe von 2000 Mark, Burg und Stadt 1259 an Erzbischof Siegfried verkaufen. Erst 1393 kamen sie für kurze Zeit noch einmal in den Besitz von ¼ der Stadt.
Polle
Nach dem Verlust von Holzminden und vom Everstein wählten die Eversteiner Polle als ihren Hauptsitz. 1290 nannte sich Graf Otto von Everstein auch von Polle und 1290 Herr des Schlosses Polle. Als Ausstellungsort für Urkunden wird Polle wiederholt genannt. Höfe in den umliegenden Dörfern waren den Grafen abgabepflichtig. Mehr als 100 Jahre residierten die Eversteiner auf dem „Poll“. Das Ende kam schließlich im Eversteiner Erbfolgekrieg. 1407 eroberten die Braunschweiger Polle bei Nacht und drangen in die Feste ein. Damit war nicht nur das Schicksal der Burg, sondern auch das der Grafen von Everstein besiegelt.
Ottenstein
Die Ottenstein betreffenden Urkunden aus der Zeit der Eversteiner sind nicht nur spärlich, sondern auch fragwürdig. Man kann annehmen, dass die Burg von einem Grafen Otto von Everstein erbaut wurde. Der Name lässt sich als „Ottos Steinhaus“ deuten, verstümmelt zu Ottenstein. Erzählt wird, Dass Heinrich d- L. nach seinem Sturz wiederholt in der Burg beherbergt worden sei. Nach Steinacker taucht der Name Ottenstein zum ersten Mal erst 1319 auf, wo ein „Ritter de Ottensteyne“ als Zeuge in einer Urkunde genannt ist. 1408 gelangte Ottenstein mit den anderen Besitzungen der Eversteiner in die Hände der Braunschweiger.
Grohnde
Das am linken Weserufer gelegene Grohnde bezeichnete Heinrich von der Homburg 1289 als „sein Dorf“, während ein Eversteiner Grohnde mit der Insel und der Fischerei auf der Weser 1305 an die Herren von Hake in Ohr verpfändete. Die Besitzverhältnisse sind also unklar. Auch über die Zeit der Entstehung einer Burg ist nichts bekannt.
Ohsen
Ohsen an der Mündung der Emmer in die Weser und an einem alten Weserübergang kam besondere Bedeutung zu und wurde deshalb schon früh zum Sitz eines Archiediakonats. 1004 unterschreibt König Heinrich II. bereits eine Urkunde in Ohsen. 1197 werden Höfe im Besitz der Eversteiner genannt. 1259 wird die Burg zum ersten Mal erwähnt. Ein Graf von Everstein empfing die halbe Burg als Lehen vom Erzbischof von Köln. Sie lag auf einer Insel, einem Werder, in der Weser. 1266 und 1291 nennen sich Graf Conrad von Everstein und sein Sohn Engelbert „Graf von Ohsen“. 1329 ist in einer Urkunde die Rede von einem Haus Leuenwerder, das Graf Hermann mit der Unterstützung der Herzöge gebaut hatte. Jedem sollte die Hälfte zur Verfügung stehen.
Daraus ergibt sich, dass die Grafen nicht ständig mit den Herzögen in gespannten Verhältnissen lebten. Die Lage des Leuenwerders konnte bisher nicht bestimmt werden. 1340 überließen die Herzöge dem Grafen die gesamte Burg. Nach seinem Tod wurde sie wieder geteilt. Herzog Wilhelm regelte mit Graf Otto die Verteilung und Nutzung der Räume, die gemeinsamen Wege, die Einteilung der Wachen usw. – Die Herzöge verpfändeten zeitweise ihren Teil der Burg, so 1365 an die Homburger. In dieser Zeit eine Agnes aus dem Hause der Homburger mit einem Eversteiner verheiratet. So gab es auch zwischen diesen beiden Geschlechtern Zeiten friedlichen Zusammenlebens. 1408 fiel auch Ohsen an das Haus Braunschweig-Lüneburg. (Weitere Einzelheiten in: Hans Barner, Das Amt Ohsen)
Hünenschloss-Hämelschenburg
Das Hünenschloss am Bergrücken der Woldau am nördlichen Ufer der Emmer soll Vorgänger der Hämelschenburg gewesen sein. Beide werden zwischen 1304 und 1324, aber auch noch 1394 im Besitz der Eversteiner als Lehen des Stiftes Minden genannt.
Ohr
Der Ritter Dietrich Stuve verkaufte Ohr an Otto von Everstein und dieser belehnte damit 1307 die v. Hakes, in deren Besitz das Gut noch heute ist.
Aerzen
In den Dörfern um Aerzen besaßen die Eversteiner einen umfangreichen Eigenbesitz. Die Ersterwähnung 1282 steht in Zusammenhang mit der Übertragung eines Teiles an die Mindener Kirche. 1283 überließ Graf Konrad weitere Güter dem Erzstift Köln, um sie als Lehen zurückzunehmen. – Das Schloss Aerzen, dessen Ursprung nicht bekannt ist, diente ab 1408 der Gräfin Ermgard, der Gemahlin des letzten Eversteiners, als Wohnsitz, ab 1468 auch ihrer Tochter Elisabeth. Das heutige Schloss stammt aus unterschiedlichen Bauperioden späterer Zeit.
Hastenbeck
Hastenbeck ist 1228 erstmals als Burgsitz der Eversteiner erwähnt, die es an die Herren von Hastenbeck weiter verlehnten. Im Gutspark hinter dem Schloss befinden sich umfangreiche Wallanlagen, die aus der frühen Zeit stammen können.
Lügde
Zwischen 1337 und 1390 sind die Eversteiner auch in Lügde anzutreffen, zugehörig dem Erzbistum Köln. Die Stadt war an die Edelherren von der Homburg verpfändet, ab 1337 aber an Graf Hermann von Polle. Diesem war das Amt eines Stiftamtmannes übertragen, ab 1354 seinem Sohn. Die andere Hälfte ging an den Grafen von Pyrmont. 1371 übernahmen wiederum die Homburger die Hälfte des Eversteineschen Pfandbesitzes. Damals hatte Lügde vier Herren, den Bischof von Paderborn, einen Simon Wende, dazu die Homburger und die Eversteiner als Lehnsträger bzw. Pfandinhaber von Köln. Damit seien nur einige der Pfand- und Lehnsgeschäfte genannt, die damals zu Lasten der Bürgerschaft von Lügde abgewickelt wurden. – Als Graf Hermann das Ende seiner Grafschaft kommen sah, kaufte er 1390 ein Haus in Lügde, schenkte es der Kirche und sicherte sich das Wohnrecht bis an sein Lebensende. (Nach Schlicker/Friese, „Aus der Stadt Lügde“ 1983)
Hameln
Hameln war dank seiner Lage an einem Weserübergang schon sehr früh eine Missionsstation der Reichsabtei Fulda. Ein Stift mit landesherrlichen Befugnissen war hier der Vorposten Fuldas gegenüber Minden und Hildesheim. Angesichts der großen Entfernung des Stifts vom Mutterkloster musste sich der Abt auf einen zuverlässigen Stiftsvogt als den Inhaber der weltlichen Gewalt und auf den Propst verlassen können. So war die Stiftsvogtei erblich – zu einem nicht bekannten Zeitpunkt – den Grafen von Everstein übertragen worden. 1234 wählte das Stiftskapital auch einen Eversteiner, den Grafen Friedrich, zum Stiftspropst. Damit waren die Grafen die Herren der Stadt. Schon 1250 war Hameln durch eine Mauer gesichert. Die Ähnlichkeit der Stadtanlage mit der von Holzminden ist auffallend.
Die Lage änderte sich, als Fulda sich bereitfand, die Stadt Hameln an den Bischof von Minden zu verkaufen. Die Bürger, vereint mit den Eversteinern und den Stiftsherren, waren nicht gewillt, dessen Oberhoheit anzuerkennen. Es kam zur Schlacht bei Sedemünder (wüst zwischen Springe und Bad Münder), in der Hameln eine schwere Niederlage hinnehmen musste. Die Welfen nutzten die Gelegenheit aus, in Hameln Fuß zu fassen, und erreichten, dass ihnen die Hälfte der Stadt überlassen wurde. Es half den Eversteinern wenig, dass sie wieder einmal beim Erzbischof von Köln Rückhalt suchten. Die städtische Vogtei wurde an Herzog Albrecht verkauft. Ihnen blieb vorerst nur das Amt des Stiftsvogtes. Die eversteinische Periode Hamelns ging 1277 endgültig zu Ende, als Herzog Albrecht als Landesherr Hameln Stadtrechte verlieh. Mit Hameln hatten die Eversteiner auch die nördliche Bastion ihres Territoriums verloren. (Nach Feige, Heimatchronik der Stadt Hameln und des Landkreises Hameln-Pyrmont, Köln 1961)
Die Verwaltung des Eversteiner Territoriums
Wenn wir uns eine Vorstellung von der damaligen Verwaltung machen wollen, dann müssen wir uns vergegenwärtigen, dass es noch nicht eine solche Fülle von Aufgaben wie heute zu bewältigen gab. Erst allmählich sind sie immer mehr ausgeweitet worden. An erste Stelle stand vermutlich die Landesverteidigung, die Sicherung vor feindlichen Überfällen, z. B. auch durch kleinere Räuberbanden. Dazu gehörten der Bau der Burgen und ihre Erhaltung, die Sicherung der Bewaffnung und die Ausbildung der Mannschaften. Man bedenke, welche Mühe es erforderte, eine Burg zu errichten, die Gräben auszuheben, die Steine heranzuschaffen, und das alles ausgeführt in primitivster Handarbeit mit menschlicher Muskelkraft als wichtigster Energiequelle. – Man konnte auch niemanden in den Kampf schicken, der nicht mit den Waffen umzugehen wusste oder im Reiten geübt war. – Sicher gab es auch eigene kriegerische Unternehmungen vorzubereiten oder ein Lehnsherr eine kampfstarke Truppe zuzuführen.
Eine weitere wichtige Aufgabe war das Eintreiben des Zehnten und anderer Abgaben von den Untertanen, ebenso die Regelung der Hand- und Spanndienste, das Herbeischaffen von Baumaterial, von Holz u. ä. bzw. deren sachgemäße Verteilung. – Einen breiten Raum nahm die Rechtsprechung ein, die auf den verschiedensten Gerichtsplätzen, verteilt über das ganze Land, sich abspielte. Auch die Absprachen, was Termin und Uhrzeit anbetrifft, bereiteten dabei Schwierigkeiten.
Die Verwaltung von Besitztümern, die sich verstreut auf einen Raum von fast100 Kilometern in N-S-Richtung erstreckten, konnte nur mit einer größeren Zahl von Unterzentren erfolgen. Als Stützpunkte dienten die Burgen und festen Häuser – später im Land Braunschweig ersetzt durch die Ämter -, auf denen als Beauftragte des Grafen Familienangehörige, Ministerialen, Burgmänner oder Vögte schalteten. Eine ständige Erschwernis bildeten die Wege, die je nach Jahreszeit oft kaum passierbar waren und zudem durch fremde Territorien führten.
Waren die Edelherren bzw. Grafen die Herren einer Stadt, dann ergaben sich in diesen Gemeinwesen zusätzliche Verwaltungsaufgaben durch die Befestigung, durch die Ordnung von Markt-, Münz-, Brau-, Zoll- und anderen Rechten, kompliziert durch die Bestrebungen und Ansprüche der Bürger, selbst Herr im Hause zu werden.
Über alle diese näheren Umstände und Verfahren der Verwaltung erfahren wir aus Quellen sehr wenig, wir sind auf Rückschlüsse angewiesen.
Außenpolitik
Neben der inneren Verwaltung muss wohl auch die „Außenpolitik“ ein großes Maß an Zeit und Energie beansprucht haben. Innerhalb der uns zugänglichen 300 Jahre ist das politische Wechselspiel zwischen den Nachbarn recht vielgestaltig gewesen. Es waren hauptsächlich die nahen Adelsgeschlechter, die von Homburg, von Spiegelberg, von Pyrmont, von Schwalenberg, von Lippe, von Dassel und im Süden die von Itter, von Spiegel. Von Waldeck u. a. Neben guten Beziehungen, die zu Heiraten untereinander führten, und spannungsfreien Perioden gab es kleinere und größere Querelen bis hin zu offenen Feindschaften und kriegerischen Auseinandersetzungen.
Auf der nächst höheren Ebene hatten es die Eversteiner mit den Bischöfen von Paderborn und Minden zu tun, vielleicht auch mit denen von Hildesheim und Münster, sodann mit den Erzbischöfen von Köln und Mainz und schließlich mit den Landgrafen von Hessen und den Herzögen von Braunschweig und deren Nebenlinien als weltlichen Herren. Zu diesen und den Bischöfen standen sie zumeist in einem Abhängigkeitsverhältnis als Lehnsleute.
Ihr Verhältnis zu Kaiser und reich lässt sich aus Mangel an Quellen nur schwer erschließen. Sie werden als Zeugen in Kaiserurkunden genannt. Dabei ist aber zu bedenken, dass auch die Ebersteiner Süddeutschlands gemeint sein können, so dass Verwechslungen nicht ausgeschlossen sind. – Es ist nicht wahrscheinlich, dass sie auf die große Politik Einfluss gehabt haben. Dass sie aber zeitweise mehr Ansehen als andere genossen, ergibt sich aus der Tatsache, dass Albert II., gestorben 1202, mit Richenza von Polen, verwitweter Kaiserin von Spanien seit etwa 1166 verheiratet war und Albert III., gestorben 1217, mit Agnes, einer Gräfin von Wittelsbach.
Zu erwähnen ist ferner, das Graf Otto von Everstein 1290 – 1293 als Lehnsmann des Erzbischofs von Köln das Amt des Marschalls von Westfalen innehatte.
Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die politischen Geschäfte im wesentlichen in den Sommermonaten abgewickelt werden mussten, dass ferner allein das Zurücklegen der weiten Entfernungen viel Zeit in Anspruch nahm, dann lässt sich vermuten, dass dem Chef des Hauses Everstein mit seinen Begleitern nur wenig Muße vergönnt war, beschaulich den Ausblick von seiner Burg in das Land an der Weser zu genießen. Ihn dürfte der Stress ähnlich geplagt haben wie die Politiker unserer Tage.
Zwei ungewöhnliche Ereignisse aus der Geschichte der Eversteiner
Da die uns überlieferte Geschichte der Eversteiner nicht reich ist an herausragenden Episoden, soll hier zwei Vorfällen ein Platz eingeräumt werden, über die auch sonst berichtet zu werden pflegt, zumal sie einen gewissen Einblick in die Mentalität der mittelalterlichen Menschen und die Verhältnisse in ihrer Zeit gewähren.
Der Mord in der Klosterkirche
Diese Untat ist nur als Sage, nicht aber urkundlich überliefert: Es wird berichtet, der Edelherr Bodo von der Homburg sei in der Klosterkirche zu Amelungsborn von einem Grafen Everstein erschlagen worden. Dass dieser Mord an geweihter Stätte wirklich stattgefunden haben dürfte, ergibt sich aus der Tatsache, dass dem Eversteiner eine schwere Kirchenbuße auferlegt wurde: Als Sühne mussten 500 Messen gelesen werden. In der Klosterkirche zu Kemnade hatte der Mörder einen Altar zu errichten, an dem täglich eine Seelenmesse für den Getöteten gelesen werden sollte. Ein Ritter musste auf Kosten der Eversteiner in das Heilige Land geschickt werden, und 300 Ritter und Knappen hatten bußfällig um Gnade zu bitten. – Diesem ermordeten Edelherren verdankt vermutlich Bodenwerder = Bodos Werder seinen Namen.
Die Bestrafung des Grafen Konrad von Everstein
Dieses Ereignis vermittelt uns einen Einblick in die mittelalterliche Strafjustiz: Als 1235 der Enkel Heinrichs d. L. Herzog Otto d. K., sein Land wieder zu mehren suchte, kam es zu Kämpfen mit den Grafen Otto und Konrad von Everstein. Sie unterlagen und mussten in einem Sühnevertrag Frieden geloben und jeder einen Sohn als Bürgen stellen.
Nach dem Tod des Herzogs Otto 1252 unternahmen Konrad und der Erzbischof von Mainz 1256 einen Einfall in das Göttinger Land des neuen Herzogs Albrecht, als dieser mit seiner Heeresmacht durch die Belagerung des Asseburg gebunden war. Seinen Gefolgsleuten gelang es aber, die beiden Angreifer bei Nacht zu überwältigen und gefangen zu nehmen. Während der Erzbischof nach Zahlung eines hohen Lösegeldes und der Abtretung von Gieselwerder freikam, wurde Konrad wegen seines Vertragsbruches zum Tode verurteilt. Er wurde an den Füßen aufgehängt. Erst nach drei Tagen erlöste ihn der Tod von seinen Qualen. Diese Art der Bestrafung war an sich bei eidbrüchigen Lehnsleuten üblich und fiel bei dem im Mittelalter allgemein grausamen Strafvollzug nicht aus den Rahmen.
Das Ende des Eversteiner Geschlechts
Die Lebensdauer der Adelsgeschlechter
Von einer Familie, die 300 Jahre überdauerte, kann man nicht erwarten, dass sie nach den Gesetzen mathematischer Verzweigung wie ein idealer Stammbaum entwickelte. Sie war von vielerlei Gefahren bedroht, und die Lebenschance jedes einzelnen Gliedes war wesentlich geringer als heute. Mangelnde medizinische Kenntnisse, unzureichende Hygiene, die Unbilden der Jahreszeiten, nur notdürftig geheizten Wohnräume waren der Gesundheit abträglich. Schon die Gefahren des Kindbettes und die Kinderkrankheiten, dazu Epidemien und Seuchen konnten dem Leben schnell ein Ende setzen. Kriege und Unfälle lichteten besonders die Reihen der Männer. Heiraten innerhalb des Adels beeinträchtigten die genetische Gesundheit. Männer und Frauen, die ihr Leben in Klöstern und Stiften verbrachten, fielen für den Fortbestand der Familie aus. Die Folge dieser Verhältnisse war, dass viele Adelsgeschlechter ausstarben und sich die feudalistische Landschaft änderte: Bereits 1106 hatte die Stund für die Grafen von Katlenberg geschlagen. 1112 folgten die Reinhäuser, 1144 die Northeimer, 1152 die Winzenburger, 1325 die von Dassel. 1408 ereilte die Eversteiner ihr Schicksal, 1409 die Homburger, 1494 die Grafen von Pyrmont und 1557 die Spiegelberger. Statius von Münchhausen, der Erbauer des Schlosses Bevern, hatte von zwei Ehefrauen 20 Kinder. Trotzdem erlosch der Stamm in der Enkelgeneration 1674 (Uhden). Hier sei auch noch angemerkt, dass eine Nebenlinie der Eversteiner, die im Zuge der Ostkolonisation nach Pommern abwanderte, 1663 durch Aussterben ihr Ende fand.
Je größer der Familienverband war z. B. der Welfen oder derer von Münchhausen, um so besser war der Fortbestand gesichert, da eine Linie für die andere einspringen und einen Erben stellen konnte. Dank ihrer Macht traten die Welfen wiederholt das Erbe der kleinen Herrschaften an, wenn sie nur ein Zipfel eines Erbrechts vorweisen konnten. So brachten sie 1408 die Grafschaft Everstein und 1409 die Edelherrschaft Homburg unter Anwendung von massivem Druck an sich.
Eindeutig waren die geistlichen Fürstentümer im Vorteil, deren Bestand gesichert blieb, weil die Fürstbischöfe immer neu eingesetzt wurden, wobei die Wahl gewiss nicht auf ausgesprochene Schwächlinge fiel. Zwar nicht als geistliche Fürstentümer, aber doch als kirchliche Verwaltungseinheiten bestehen sie bis auf den heutigen Tag.
Vom Ende der Eversteiner sei im Folgenden die Rede.
Das Ende der Eversteiner
Wäre man in romantischen Vorstellungen befangen, so hätte man den Eversteinern wohl ein ruhmreiches Ende auf dem Schlachtfeld gewünscht und damit einen heldenhaften Ausklang ihrer Geschichte. Stattdessen waren es der bedauerliche frühe Tod des kleinen, sehnlichst erwarteten Nachfolgers und die Macht der Stärkeren, die die Eversteiner zum Abtreten von der Bühne der Geschichte zwangen.
Als Hermann VII. das Ende seines Geschlechts ohne einen leiblichen Erben kommen sah, schloss er mit dem Bischof von Paderborn einen Erbvertrag. Dieser wurde hinfällig, weil ihm 1399 doch noch ein Sohn geboren wurde. Tragischerweise starb dieser aber nach drei Jahren, worauf es 1403 zu einer Erbverbrüderung mit den Edelherren zur Lippe kam. Diese durchkreuzten die Pläne und Bestrebungen der Braunschweiger, die gewiss schon längst auf das Ende der Eversteiner gewartet hatten. Sie fanden einen Vorwand, in die Eversteiner bzw. Lipper Lande einzufallen, nämlich einen Landfriedensbrecher zu verfolgen, der bei den Edelherren zur Lippe Unterschlupf gefunden hatte. Es kam zur Schlacht am Ohrberg bei Hameln. Die Braunschweiger wurden geschlagen. Herzog Heinrich d- Ä. wurde gefangen genommen, zur Falkenburg bei Detmold verschleppt und dort in eines Fürsten unwürdiger Haft eingekerkert. Er soll sogar in den Block gespannt worden sein. Erst nach der Zahlung eines hohen Lösegeldes durch seinen Bruder kam er wieder frei.
Die schmachvolle Behandlung ließ jedoch den Herzog nicht ruhen. Er wandte sich an Kaiser Ruprecht (1400 – 1410), der über die Eversteiner wie die Lipper die Acht, später die Oberacht verhängte. Der Papst folgte mit dem Bann. Nun rückten die Welfen mit großer Heeresmacht in das Land an der Weser ein. Die Burg Polle wurde erobert, und das Lipperland, besonders Falkenhagen und Rischenau, musste schwere Verwüstungen ertragen. Da gab Graf Hermann von Everstein auf. Er willigte 1408 in einen Erbvertrag ein und machte damit dem „Eversteinischen Erbfolgekrieg“ ein Ende. Er erklärte sich damit einverstanden, dass seine gerade vierjährige Tochter Elisabeth mit Otto, dem Sohn Bernhards von Lüneburg, verheiratet werden und als Brautschatz die Eversteiner Lande einbringen sollte. Die Ehe wurde dann 1425 auch wirklich geschlossen, sie blieb aber kinderlos. Graf Hermann verstarb 1413 im Schloss Neustadt a. Rbg., dem ihm zugewiesenen Wohnsitz. Seine Frau Ermgard erhielt als Witwensitz das Schloss Aerzen. Elisabeth als die letzte Eversteinerin fand ihr Ende auf ihrem Witwensitz Gifhorn 1468 /nach Rauls und Uhden).
Geschichte der Eversteiner im Überblick
Infolge der lückenhaften Überlieferung ist es nicht möglich, den Ablauf der Eversteiner Geschichte in einer nicht unterbrochenen Folge von Ereignissen darzustellen. Das Erscheinen einzelner Personen ist mit dem Auftritt eines Akteurs auf der Bühne vergleichbar, der für einen kurzen Moment im Licht eines Scheinwerferkegels sichtbar wird und dann wieder im Dunkel verschwindet, der dann vielleicht an anderer Stelle ebenso plötzlich wieder auftaucht. Das Bild einzelner Personen wie des gesamten Geschichtsablaufes muss daher äußerst unvollkommen bleiben. Die entscheidenden uns bekannten Tatsachen und Ereignisse aus der Geschichte der Eversteiner, ergänzt durch einige Daten aus der Geschichte des Umfeldes, sollen daher im Überblick in ihrer zeitlichen Abfolge hier zusammengestellt werden.
1122 erfolgte die erste Erwähnung der Eversteiner und ihrer Burg Everstein im Zusammenhang mit dem Bericht über den jungen Vicelin, den späteren Apostel der Holsteiner. Etwa zur gleichen Zeit
1125 werden die Eversteiner im Besitz der Freigrafschaft Dringen genannt, also in ihrem Territorium im Bereich der Diemel. Um
1130 bauen sie das heute wüste Dringenberg festungsartig aus, innerhalb der Grafschaft Donnersberg, ihres Lehnsbesitzes. – Albrecht I. wird
1113 – 1147 genannt, d. h. zur Zeit des Königs Lothar v. Süpplingburg
1125 – 1137 Damals nämlich
1125 stiftet Siegfried IV. von Homburg und Bomeneburg das Kloster Amelungsborn. Das war auch die Zeit Heinrichs d. Löwen,
1139 bis zu seinem Sturz 1180. Albrecht I. folgt Albrecht II. von Everstein, der als Begleiter des Kaisers Barbarossa, Regierungszeit
1148 - 1202, genannt wird und der
1167 Richenza von Polen, die verwitwete Königin von Spanien heiratete. Er ist der Erbauer der Feste Kogelnburg in der Zeit um
1196 Wir wissen, dass er
1197 der Kirche in Holzminden Ländereien stiftete. Ihm folgt
1197 - 1217 Albrecht III., verheiratet mit Agnes von Wittelsbach. Es ist die Zeit des Erstarkens des Geschlechts der Eversteiner.
1200 können sie Ohsen erwerben, wo sich auf einer Weserinsel vermutlich schon ein befestigter Platz befand. In dieser Zeit gründet um
1200 Albrecht III. Hameln. Von ihm hören wir auch, dass er
1204 dem Kloster Amelungsborn einen Teil des Sollingwaldes überließ. Der Gegensatz zu den Welfen drückt sich darin aus, dass die Eversteiner Grafen Otto II. und Konrad III. dem Staufer Friedrich II.,
1212 - 1250 gegen Herzog Otto d. Kind zu Braunschweig, Enkel Heinrichs d. L.
1235 - 1252 helfen. Graf Otto erhält als „Kaiserlicher Statthalter zu Göttingen und Gleichen“ Göttingen als Lehen, das ihm aber Herzog Otto
1232 schon wieder streitig macht. In dieser Zeit, etwa zwischen
1230 und 1260, sind die Eversteiner die eigentlichen Herren der Stadt Hameln. Sie sind die Vögte der Stadt, und ab
1234 werden auch die Pröpste des Stiftes aus ihrem Geschlecht gewählt.
1236 werden die Besitzungen in einer Erbteilung in die Stützpunkte Holzminden, Polle und Ohsen aufgeteilt. Danach erscheinen die Eversteiner
1240 zum ersten Mal urkundlich in Holzminden, wo sie sich t. B. über Einkünfte aus der Salzgewinnung in Salzhemmendorf einigen. In Holzminden stifteten sie die beiden Kirchen. Die erste Erwähnung von Holzminden erfolgt im Zusammenhang mit der Stadtrechtsverleihung um das Jahr
1245 zur gleichen Zeit etwa, als die Homburger Bodenwerder erwerben.
1246 stiften die Eversteiner das Kloster Wormeln südlich von Warburg, und
1249 tritt die Gräfin Clementia in das Kloster Gehrden ein. Ihr Vater übereignet dem Kloster aus diesem Anlass ein Areal Wald.
1256 muss Graf Konrad in Braunschweig den Tod durch Erhängen an den Füßen erleiden. Dieses Ereignis leitet den allmählichen Abstieg des eversteinischen Geschlechts ein. Sie stehen unter dem Druck der Welfen und unterstellen sich deshalb freiwillig dem Erzbischof von Köln, d. h. sie tragen ihm
1259 einen großen Teil ihrer Besitzungen an der Weser als Lehen an, darunter die Hälfte von Ohsen, die Burg Holzminden mit 100 Hufen und das halbe Geleitrecht zu Wasser und zu Lande.
1260 unterliegen sie zusammen mit den Bürgern von Hameln und den Stiftsherren in der Schacht bei Sedemünder dem Bischof von Minden. Hameln stellt sich unter den Schutz des Herzogs Albert-Magnus, und die Eversteiner verkaufen ihm ihren Anteil an der Vogtei in Hameln.
1260 einigen sich die Welfen mit dem Erzbischof von Köln über die Weser als Grenze ihrer Interessengebiete. Die Grafen überlassen
1263 dem Erzbischof von Köln ihre Stammburg Everstein und die halbe Stadt Hameln und nehmen sie als Lehen zurück. Sie verlieren
1277 endgültig die Vogteirechte in Hameln.
1283 übereignen sie Ohsen und Aerzen dem Erzbischof von Köln und erhalten sie als Lehen zurück. Die Übereignung der Burg Everstein verhindert aber nicht, dass die Braunschweiger
1285 die Burg nach kurzer Belagerung erobern. Im gleichen Jahr verkaufen sie Holzminden an Köln und nehmen es als Lehen. Von nun an sind Polle und Ohsen die Stützpunkte der Grafen.
1288 erhalten sie Gieselwerder von den Welfen als Lehen. Sie verkaufen
1292 das Kirchdorf Dringen an den Bischof von Paderborn.
1290 - 1293 ist Graf Otto als Marschall in Westfalen bezeugt.
1290 trägt der Graf Stadt und Burg Holzminden, Lügde. Die Krukenburg und die Hälfte von Helmarshausen Köln zu Lehen an.
1302 wird Holzminden an die Edelherren zur Lippe verpfändet und bleibt in deren Hand bis 1389.
1305 übereignen die Eversteiner dem Kloster Gehrden das Dorf Dalhausen.
1316 gelangt die Freigrafschaft Dringen in den Besitz von Paderborn.
1329 baut Graf Hermann mit Unterstützung der Herzöge den Leuenwerder, eine neue Burganlage in Ohsen.
1337 verpfändet der Erzbischof von Köln die Stadt Lügde an Graf Hermann zu Polle. Er wird Stiftsamtmann in Lügde. Sein Sohn ist sein Nachfolger von 1354 - 1360.
1340 überlässt der Herzog dem Grafen Hermann die Burg Ohsen bis zu dessen Tod 1351.
1363 wird die Burg Everstein von Herzog Ernst zu Braunschweig an den Edelherren Siegfried v. d. Homburg zur Hälfte verlehnt. Die andere Hälfte ist im Pfandbesitz der Göttinger Linie.
1388 Der Bischof von Paderborn verpfändet Lügde zur Hälfte an Graf Hermann und setzt ihn über die andere Hälfte als bischöflichen Beamten ein.
1389 ist Holzminden gemeinsam im Besitz des Abtes von Corvey, des Herzogs Otto von Braunschweig, des Grafen Hermann von Everstein und des Edelherren von der Homburg. Das Bündnis richtet sich gegen die Edelherren zur Lippe.
1393 geht das ganze Schloss Holzminden wieder an Graf Hermann von Everstein.
1390 kauft Graf Hermann ein Haus in Lügde, schenkt es der Kirche und sichert sich Wohnrecht.
1403 machen die Eversteiner einen Erbvertrag mit den Edelherren zur Lippe.
1404 wird Herzog Heinrich am Ohrberg besiegt und in der Burg Falkenhagen gefangen gesetzt.
1406 verhängen Kaiser und Papst Acht und Bann über Graf Hermann von Everstein und die Edelherren zur Lippe.
1408 willigt Graf Hermann in die Verlobung seiner Tochter Elisabeth mit dem Herzogssohn Otto ein, die die Eversteiner Lande als Brautschatz in die Ehe einbringen soll.
1413 stirbt Graf Hermann VII. als letzter Eversteiner.
Zusammenfassung Überblicken wir noch einmal rückschauend die Geschichte der Grafen von Everstein, dann müssen wir einsehen, dass infolge der unzureichenden Quellen eine kontinuierliche Darstellung nicht möglich ist. Es lässt sich aber ein allmählicher Aufstieg und ein sich über mehr als ein Jahrhundert hinziehender Verfall erkennen. Dass die Eversteiner aus dem Dunkel der Geschichte schon auf einer gewissen Höhe heraustreten, haben sie mit anderen Geschlechtern gemeinsam. Ihre Stammburg Everstein ist bei der ersten Erwähnung bereits vorhanden. Schon zu Heinrichs d. L. sind sie mit der Grafschaft Donnersberg belehnt. Nach seinem Sturz gewinnen sie Bewegungsfreiheit, erbauen die Kogelnburg als Stützpunkt ihrer Herrschaft und stiften dort das Kloster Wormeln. Auch andere Klöster verdanken ihnen großherzige Stiftungen. An der Oberweser sichern sie ihren Machtbereich durch die Gründung der Stadt Holzminden und den Bau einer Burg am Weserübergang. Als Vögte machen sie sich in Hameln zu Herren von Stadt und Stift. Gestützt auf Allodien, Lehen, Vogteien, Gerechtsame und Gerichte beherrschen sie ihr Territorium. Ihr sozialer Aufstieg, begünstigt durch die Staufer, wird deutlich durch die Heirat eines Eversteiners mit Richenza, der verwitweten Kaiserin von Spanien. – Trotz der Erfolge sitzen ihnen immer die geistlichen Fürsten von Mainz, Paderborn und Minden im Nacken und ebenso die Landgrafen von Hessen und die Herzöge von Braunschweig.
Ihr Abstieg wird eingeleitet durch die grausame Hinrichtung des Grafen Konrad in Braunschweig. Nach dem Verlust des Rückhalts bei den Staufern gelingt es den Gegnern, ihnen Stück um Stück an Lehen, Rechten und Einflussgebieten zu entreißen. Ihre Stellung im Süden wird immer schwächer. Die Welfen drängen wieder zur Weser, erobern die Stammburg Everstein und machen sich zu Herren von Burg und Stadt Holzminden. Nach der verlorenen Schlacht bei Sedemünder werden die Grafen aus Hameln herausgedrängt. Ohne Erfolg tragen sie große Teile ihres Besitzes dem Erzbischof von Köln als Lehen an. Ihnen bleiben Polle, Ottenstein und Aerzen.
In der Schlussphase versucht Graf Hermann VII. sich des Zugriffs der Welfen auf sein Land durch einen Vertrag mit Paderborn und dann mit den Edelherren zur Lippe zu erwehren. Ohne Nachkommen, für die der Einsatz gelohnt hätte, gibt Hermann, des Kampfes müde, schließlich auf und übereignet seine Besitzungen mit der erzwungenen Verlobung seiner Tochter mit einem Welfen den Herzögen von Braunschweig. Die dreihundertjährige Geschichte einer Grafschaft erreicht damit ihr Ende.
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Wittenberg, Gerhard Burg Rodersen und ihre Besitzer, s. Haarberg
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung 1
Einleitung 2
Die Probleme des Geschichtsforschers 3
Der Quellenmangel (3), Unklarheiten bei den Ortsnamen (4),
Die Identifizierung der Personen (4), Das Problem der Zeitbestimmung (5)
Die Vorgänger der Eversteiner an Diemel und Weser 6
Die Billunger (6), Die Grafen von Northeim (6), Die Welfen (7)
Der Ursprung der Eversteiner 8
Die Eversteiner (8), Andere Geschlechter Eberstein (8)
Die Lage der Eversteiner zwischen den Blöcken 9
Typische allgemeine Sachverhalte im Herrschaftsbereich der Eversteiner 9
Graf und Grafschaft (9), Der Landbesitz (10), Die Lehen (11),
Verpfändung (11), Kauf und Verkauf (12), Stiftungen (12),
Regalien (12), Vogteirechte (12), Patronatsrechte (12), Straßen und
Flusszoll (13), Das Geleitsrecht (13), Gerichte(13)
Die Besitzungen der Grafen Everstein im Diemelbereich 13
Burg Rodersen (13), Die Grafschaft Donnersberg (14),
Die Kogelnburg (14), Kloster Wormeln (14), Dringen und Burg Rüden (14),
Die Gräfte (15), Brakel (15), Weitere Besitzungen der Eversteiner (15)
Der Herrschaftsbereich der Eversteiner an der Oberweser 15
Die Stammburg der Eversteiner (15), Holzminden (15), Polle (16),
Ottenstein (16), Grohnde (16), Ohsen (17), Hünenschloss-Hämelschenburg (17),
Ohr (17), Aerzen (17), Hastenbeck (17), Lügde (17), Hameln (18)
Die Verwaltung des Eversteiner Territoriums 18
Die Außenpolitik 19
Zwei ungewöhnliche Ereignisse aus der Geschichte der Eversteiner 20
Der Mord in der Klosterkirche (20), Die Bestrafung des Grafen Konrad
von Everstein (20)
Das Ende des Eversteiner Geschlechts 20
Die Lebensdauer der Adelsgeschlechter (20), Das Ende der
Eversteiner (21)
Die Geschichte der Eversteiner im Überblick 22
Zusammenfassung 24
Kartenskizze 25
Literaturverzeichnis 26
Inhaltsverzeichnis 26
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