Reiseberichte: Nordvietnam - Hanoi am Roten Fluss 19
Während die Fernsehschirme nahezu in jedem Haus an der hinteren Gebäudewand aufgestellt werden, befinden sich in der komplett zum Straßenraum geöffneten Gebäudefront häufig Warenauslagen. Nahezu jede Familie bietet hier Waren und oder Dienstleistungen an. Somit erfolgt die Wohnnutzung der Erdgeschoßräume als Mischnutzung mit gewerblicher Nutzung, so dass im Erdgeschoß entweder ein Verkaufsladen, ein Friseursalon, eine Apotheke, ein Imbiss oder eine Werkstatt untergebracht sind. Arbeitswelt und Wohnbereich sind somit nicht, wie in Deutschland üblich, voneinander getrennt, sondern bestehen im Wohnquartier nebeneinander. Auch dies fördert die Kommunikation der Einwohner des Wohngebietes, während durch die Gewerbenutzung der Lebensunterhalt der Familie gesichert wird. Die Gewerbenutzung erfolgt hierbei zumindest als Nebentätigkeit, an der die gesamte Familie beteiligt ist: Während der frühen Nachmittagsstunden sind zahlreiche Geschäfte häufig geschlossen, da die Familien ihre Mittagsruhe halten; während der Essenszeiten halten sich die Familienmitglieder aber im Erdgeschoß auf, so dass zu diesen Zeiten die Geschäftstätigkeit fortgesetzt wird. Der wohnraumnahe Einkauf ist somit nahezu während der gesamten Tageszeit möglich, da nicht alle Familien gleichzeitig ihre Mittagsruhe einhalten oder sich oftmals einige Familienmitglieder auch dann im Erdgeschoß aufhalten, wenn der Rest seine Mittagsruhe sucht. Waren können somit bis in die späten Abendstunden eingekauft werden. Viele Quartiereinwohner bevorzugen ohnehin die kühleren Morgenstunden oder die gemäßigten Abend- oder Nachtstunden, um ihre täglichen Besorgungen zu erledigen.
Das Angebot in den kleinen Verkaufsläden ist dabei sehr vielfältig und stark diversifiziert: Neben Softdrinks, Süßigkeiten, Babywindeln, Bekleidungsstücken, Schreibutensilien, Nähzeug, verschiedensten Fleischsorten, Gewürzen, DVDs oder auch Servierten finden sich nahezu sämtliche Waren, die die Bewohner des Quartiers zu ihrem täglichen und teilweise auch wöchentlichen Gebrauch benötigen. Besteht Fehlbedarf, so bietet ein Händler der Nachbarschaft die entsprechende Ware an oder ein Kunde bestellt, was er benötigt, so dass es von der Händlerfamilie innerhalb des nächsten Tages zusammen mit allen auch weiterhin aufgenommenen Bestellungen andernorts besorgt werden kann.
Dabei ist auch feststellbar, dass sich die durch die Händlerfamilien angebotenen Warensortimente in dem Quartier hinsichtlich Angebotspalette oder auch Preisgebung unterscheiden, so dass trotz der teilweise gegebenen Konkurrenzsituation eine gute Koexistenz sämtlicher Händler in dem Quartier gewährleistet ist.
Essenszubereitung sowie Abwasch finden hierbei ebenfalls häufig auch im Straßenbereich vor den Erdgeschoßräumen statt. Dabei bieten zahlreiche Familien die zubereiteten Mahlzeiten zum Verkauf an; die Nachbarn kaufen diese Mahlzeiten und verzehren sie im Erdgeschoß ihrer Häuser, wenn keine Zeit zum Kochen ist. Andere Anwohner, die einen etwas größeren Weg zurücklegen, essen jedoch auch direkt im Straßenrandbereich der Häuser, deren Bewohner Mahlzeiten anbieten.
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Foto 25: Die Aufnahme zeigt eine typische Szene aus den Wohngebieten. Zumindest im Nebenerwerb werden Leistungen durch die Anwohner angeboten, die durch die Quartierseinwohner der nähereren und weiteren Nachbarschaft genutzt werden. Während die Bewohner des Hauses im Vordergrund Putzmittel, Hygieneartikel u.ä. anbieten, verkauft jemand gegenüber Sim-Karten oder Prepaid-Karten für den Mobilfunk.