Burchard Christian von Spilcker - 1833

Geschichte

der

Grafen von Everstein


und ihre Besitzungen

aus Urkunden und anderen gleichzeitigen Quellen zusammen gestellt von


Burchard Christian von Spilcker

Spilcker - Abschn. 2


Die Geschichte der Grafen von Everstein, Spilcker, 1833



TEIL 1


§ 1 - “Die Grafen von Everstein in Schwaben”


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§ 2 - “Burg Everstein. Adeliche und Eversteiner Marschälle von Corvey”


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§ 3 - “Besitzungen im Gau Auga. In Stahle. Holzminden. Ellersen (Allersheim). Bevern. Lütgenrade (Lüttken A). Ahrholzen.


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§ 4 - “Schloß Fürstenberg”


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§ 5 - “Kloster Amelungsborn”


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§ 6 - “... im Gau Wickanafelde. Negenborn. Holenberg. Nienhagen (Goltbeck). Dune


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§ 7 - “... im Gau Suilbergen. Merxhausen. Oderickenhausen.


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§ 8 - “Güter im Gau Tilithi. Deßen.”


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§ 9 - “Orte im Gau Tilithi. Dolme. Rainfelsen. Polle. Brevörde. Pegestorf. Grave. Ottenstein.”


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§ 10 - “Grohnde. Emmern. Ohr. Hastenbeck. Sensle”


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§ 11 - “Güter in Aerzen und dem Amtsbezirke”


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§ 12 - “Hameln (Quernhameln). Stift zu St. Bonifacii. Entstehung der Stadt. Rechte der Grafen über das Stift in der Stadt. Vogtrechte. Münder”


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Geschichte

der

Grafen von Everstein

und ihre Besitzungen

aus Urkunden und anderen gleichzeitigen Quellen zusammen gestellt von

Burchard Christian von Spilcker

Fürstl. Waldeckischem wirkl. Geheimen Rathe und Regierungs- auch

Consistorial-Präsidenten, mehrerer gelehrten Gesellschaften

Mitgliede und Correspondenten, des Königl. Preuß. St. Johanniter- und

des Königl. Hannov. Guelsen-Ordens Ritter.

Arolsen, in der Speyer’schen Buchhandlung.

1833

Vorrede

Zu der Geschichte der Grafen von Everstein haben Nachrichten und Urkunden gesammelt vorzüglich Leyser; a) Falcke, b) Harenberg, c) und Gebhardi d). Die von ihnen gelieferten, so wie noch von anderen mitgetheilten Urkunden sind in dem beigefügten Urkundenbuche

angezeigt und die noch weiter entdeckten theils ganz, theils abgekürzt abgedruckt. Bei dem ausgedehnten Güterbesitze der Eversteinschen Familie hat in vielen verschiedenen Archiven nachgeforscht werden müßen. Ueber die älteren Verhältniße war zunächst in Fulda und Hameln zu suchen, wo sich indeßen nur eine geringe Ausbeute gefunden hat. Bedeutend ist die, welche aus den Archiven der westphälischen Provinzen und aus den reichhaltigen, von Kindlinger handschriftlich zurückgelaßenen Sammlungen geschöpft werden kann. Der in Pa-

 In histor. Comit. Eberstein in Saxonia. Helmst. 1724.  b) in trad. Corb. U. i. D. Zugaben z. d.

Hann. Gel. Anz. v. 1752 S. 90.  c) in hist. Eccl. Gandersh. d) in d. Hannov. Gelehrt. Anz. von

1752 S. 94 u. f.

derborn gestiftete Verein für die Geschichte und Alterthumskunde Westphalens ist durch den König, welcher Alles was gut und edel ist kräftig unterstüzt, in den Stand gesezt, Forschern das Quellenstudium zu erleichtern. Der Verfaßer erkennt mit dem lebhaftesten Danke die Bemühungen der würdigen Vorsteher dieses Vereins, seiner Materialien-Sammlung Vollständigkeit zu geben. Manches, was aus Paderbornschen Archiven in der Umwälzungs-Periode verlohren ist, ersezt die in Cassel befindliche reichhaltige Sammlung von Urkunden, welche Raspe auf Befehl des Landgrafen Friedrich II. in Paderbornschen Klöstern 1773 abschrieb, deren Benutzung Hr. Director von Rommel freundlich gestattete.

In Hannover hat man dem Verfaßer, wie er es dankbar zu rühmen hat, den Zugang zum königlichen Archive erleichtert; in den Amelungsborschen, in Braunschweig befindlichen Urkundenbüchern ist eine reiche Quelle von Urkunden entdeckt. Das Waldeckische Archiv, besonders das des ehemaligen Klosters Arolsen, hat schöne Beiträge liefern dürfen. Der Verfaßer hat von so vielen Seiten freundliche Unterstüzung erfahren, daß er sein langes Name-Verzeichniß hieher sezen müste, wenn er jedem besonders danken wollte. Er beschränkt sich darauf seinen Dank hier allgemein auszusprechen. Den Wunsch kann er nicht unterdrücken, daß alle Regierungen dadurch Forschungen unterstüzen mögen, daß die Vorsteher der Archive auf die in diesen verschloßenen Schäze aufmerksam machen dürfen.

Es sind Materialien zur älteren deutschen Geschichte versprochen, und dieses Versprechen ist nach Kräften erfüllt. Die Bearbeitung der Geschichte der Grafen von Everstein konnte nur unvollständig sein. Es würde eine weitläuftige und wenig nuzbare Arbeit erfordert haben, alle von den Vorgängen aufgenommenen Sagen, welche diplomatisch nicht erwiesen sind, zusammen zu stellen und kritisch zu prüfen. Einzelne wichtige Begebenheiten sind einer Prüfung unterworfen; vielleicht gestaltet sie sich unter einer geschickteren Feder anders.

So reichhaltig auch der zusammen gebrachte Vorrath von Urkunden ist, so hat es doch dem Verfaßer nicht glücken wollen, eine vollständige Stammtafel zu liefern. Er hat es vorziehen müssen, die ihm erscheinenden Lücken lieber anzuzeigen, als nicht erwiesene Säze aufzunehmen.

Bei dem Verzuge, welchen die Erscheinung dieser Beiträge, theils durch des Verfaßers erweiterten Geschäftskreis, theils durch Hinderniße in der Druckerei erlitten hat, ist nichts verlohren, vielmehr die Sammlung von Urkunden noch reichhaltiger geworden.

Arolsen im Mai 1833.

§ 1

Die Grafen von Eberstein in Schwaben

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Zwei reiche, zum hohen Adel gehörige Geschlechter, die Grafen von Eberstein auf dem Schloße Eberstein, zwischen Stuttgard und Straßburg und die Grafen von Everstein auf der Burg Everstein am rechten Weserufer bei Holzminden, erscheinen gleichzeitig. Ob sie einem gemeinschaftlichen Stammvater haben, ist bis jetzt nicht nachzuweisen. a) Dieses kann nicht aus der Aehnlichkeit des Familiennamens allein erwiesen werden; die Verschiedenheit der Wappen – die Ebersteine in Schwaben  führten zuerst eine Rose, später einen Eber, die Ever-

 a) Die Grafen von Eberstein werden von Einigen aus dem Salisch-Conradinischen Hause, von einem Sohne des Eberhards, eines Bruders K. Conrads I., hergeleitet. Kremer in Origin.  Nass. I. 118 – 120. sucht mit Anführung mehrerer Schriftsteller diese Meinung wahrscheinlich zu machen, ist  jedoch von Wenck in der Heß. Landesgesch. II. 655. ziemlich widerlegt.

steiner im alten Sachsen a) einen Löwen – beweist nicht das Gegentheil. Beide Geschlechter gehörten Wahrscheinlich früher schon zum hohen Adel; ehe sie eigene Namen und Wappen annahmen, welches, wenn gleich beim hohen Adel es früher geschah wie beim niederen, vor dem Ende des eilften Jahrhunderts nicht eingetreten ist. Beide können zusammen gehören und doch verschiedene Wappenzeichen gewählt haben. Eine frühere Verbindung mit dem Stifte in Fulda hat zu Ansiedelungen der Eversteinschen Familie in anderen Orten vielleicht begetragen.

In Urkunden ist bisher keine Spur angetroffen, daß diese Familien sich als Verwandte anerkannt haben. b) Wenn man auch beide als Stammverwandte ansehen könnte, so würde man immer noch zweifelhaft seyn, ob der gemeinschaftliche Stammsitz beider an der Weser oder am Rhein zu suchen sey, Die schwäbische Familie kann eben sowol aus Sachsen stammen, als die sächsische aus Schwaben.

a) Die Familie, welche die Everstein, nicht weit von der Weser besaß, werden wir zur Unterscheidung von der in Schwaben, die säcjsische nennen.

b) Leibnitz in praef. Ad. T. II. S. Rer. Bruns. p. 47.   ist nicht abgeneigt, die sächsische Familie von der schwäbischen abstammen zu laßen. Er hat keine Gründe angegeben.

In einzelnen Fällen muß man zweifelhaft seyn, ob man einen Genannten zu der schwäbischen, oder sächsischen Familie rechnen soll. Wenn das Siegel nicht entscheidet, oder nicht kundbar Everstein geschrieben ist – so nannte sich gewöhnlich die sächsische Familie – müßen Nebemumstände, als: Aussteller der Urkunde, Wohnort der Zeugenu. Die Bestimmung an die Hand geben, wenn es überhaupt wichtig erscheint, den Zweifel zu lösen.

Obgleich die Geschichte der schwäbischen Grafen von Eberstein, deren Mannstamm mit dem Grafen Casimir (22. Dec. 1660) erlosch und deren Besitzungen dem markgräflich Badenschen Hause zufielen, hier nicht behandelt wird, so dienet die bis zum Jahre 1461 – zu welcher Zeit die Eversteiner an der Weser verschwinden – mitgetheilte Stammtafel (f. Stammtafel I.) dazu, Mißverständnisse zu vermeiden. a)

a) Diese Stammtafel ist aus G. E. L. Preußschen’s Beitr. Z. Erläut. der Succeßionsordnung in Reichsländern f. Carlsruher nüzl. Saml. Bd. I. S. 426. abgedruckt, wo von dem verfaßer bemerkt wird, daß er mehreren Personen, als Adelheit, des Grafen Gotfried von Sponheim Frau; Mathilde, des Pfalzgrafen Rudolf in in Tübingen Frau; Conrad V. Bischof von Speyer; (1238 – 1245. Würdtwein nov. subs. D. I. 147.)  Conrad, Abt zu Clingemünster; Luccard,(1313) des Rudolf, Markgrafen von Baden Frau; und der Maria, Heinrichs Frau (†1419) keine Plätze anzuweisen wiße. Eine Stammtafel über die Nachkommenschaft des Grafen Johann, eines Sohnes Bernhard I. von 1461 bis zum Tode des letzten Grafen Casimir, findet man bie Imhof in not. Proc. P. 344. Bei Wenck H. L. G. II. Urk. B. nr. 147 p. 175 kommen 1251 OttoDer jüngere, nebst seiner an Heinrich Edlen von Lichtenberc verheiratheten Tochter Adelheid Und seinen Brüderrn Eberhard dem älteren und einem Probst in Straßburg vor, so wie bei Würdtwein in subs. Dipl. IX. 1272 Otto, ein Onkel des Bischofs Eberhard von Worms und Heinrichs, Bischofs von Speyer (Graf von Leiningen f. Würdtwein in nov. subs. Dipl. I. 148) Nebst seinem Sohne Wolfelin, welche in die mitgetheilte Stammtafel auch nicht eingeschaltet werden können.

Diese Stammtafel wird aus neueren Urkunden-Sammlungen, namentlich aus Günther’s Cod. Dipl. Rheno mosellan aus Würdtwein’s Urkunden-Büchern, Schannat’s vindem. Liter. Coll. I. und besonders dem p. 164 mitgetheilten Necrologie Lucidac-Vallis und anderen noch berichtigt werden können.  

Kundbar gehören die Grafen von Everstein, welche an der Weser, an der Diemel und im Paderbornschen, an der Leine, bei Göttingen und in der Umgegend begütert waren, zu einer Familie, von welcher und deren Gütern hier zunächst die Rede seyn wird.

Die Grafen von Everstein im Vogtlande, in Pommern und in Dänemark müßen zu dieser Familie gezählt, ihrer kann jedoch nur im Allgemeinen erwähnt werde.

Von Jenen ist also die Rede und es wird nicht unangemeßen seyn, zuerst ihre Güter aufzuzählen, indem aus diesen Verhältnißen, unter Berücksichtigung der alten Verfaßung, vielleicht die ältere dunkelere Geschichte einige Erläuterung findet.

§ 2

Burg Everstein. Adeliche von Everstein. Marschälle von Corvey

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Zuerst wenden wir uns an die Weser, in deren Nähe, unterhalb Corvey, die Burg Everstein lag. Ob sie zum Gau Auga zu rechnen, ist zweifelhaft, an deßen Gränze ist sie aber zu suchen. a) Entweder die Burg trägt von den Grafen ihren Namen, oder sie hat der Familie diesen gegeben.

Auf dem Burgberge, welcher sich am rechten Weserufer, nicht weit von Holzminden, von Forst bis Negenborn erstreckt, lag dieses alte, längst verschwundene Schloß. Zwei Bergspitzen an der östlichen Seite des Burgberges führen noch den Namen des großen und des kleinen Eversteins. b)

 a) s. Wigand im Corveyischen Güterbesitz  S. 124.

b) s. Holzmindensches Wochenblatt für 1786. St. 4. S. 325. Vielleicht steht auch die Ruine der Lauenburg, auf einem Berge zwischen Kreipcke und Heyen, am Wege von Halle nach Hameln mit den Grafen von Everstein in Verbindung. s. d. angef. Wochenblatt  St. 1. S. 81. u. f.

Daß alter dieses längst zerstöhrten Schloßes, deßen Ruinen jetzt nur in Kellern entdeckt werden und der Name des ersten Erbauers sind unbekannt. Zuerst wird sie uns von einem Schriftsteller des zwölften Jahrhunderts, dem Geistlichen Helmold in der Geschichte des heiligen Vicelin, genannt. Jener erzählt: Vicelin habe als ein junger Mann, nachdem er seine Aeltern in Hameln verlohren, sich nach der Burg Everstein gewandt und dort eine freundliche Aufnahme bei der Mutter des Grafen Conrad gefunden, die Burg jedoch, wegen einer vom Schloß-Geistlichen erlittenen Beschämung, bald wieder verlaßen. Dieses muß sich im Anfange des zwölften Jahrhunderts zugetragen haben, da Viecelin, wenn er 1149 Bischof in Oldenburg im Holsteinschen wurde, schon ziemlich bejahrt, seit 1124 in Holstein und in der Zwischenzeit in Paderborn, einige Jahre magister scolarum in Bremen und in Frankreich gewesen  war. a)

Aus dem zwölften Jahrhundert haben wir von dieser Burg weiter keine Nachricht; zuerst wieder wird sie uns in einer Urkunde vom 8. Dec. 1226 XIII genannt, welche die Brüder Conrad IV., Ludwig III., Hermann I, Albert IV. und Otto IV., daselbst ausstellten.

 a) s. Helmold in Chr. Slav. I. 42 – 47. 69.  78. bei Leibnitz in S. R. B. II. 674 seq.

Der Graf Otto IV fertigte hier am 4. März 1239 LVIII eine Urkunde aus; der Graf Ludwig III. nahm daselbst 1252  XCV. die von dem v. Arnimschen Lehnmanne, Heinrich v. Borie geschehene Auflaßung des Zehntens in Haversford ein; Friedrich I, Probst in Nörten stellte hier am 8ten Nov. 1253 für die Geistlichen im Stifte Nörten eine Urkunde aus, welche sein Bruder Ludwig III für ihn besiegelte; a)  und Graf Hermann I und seine Frau Hedwig waren hier, wie sie 1263 CXXXIV dem Kloster Falckenhagen Güter gaben.

Die Burg scheint ein gemeinschaftliches Besitzthum der Söhne des Grafen Albert III. gewesen zu seyn, indem die Grafen Otto, Hermann, Ludwig und Conrad, am 3. Jan. 1265 CCCCXCVII dem Erzbischof Engelbert von Cöln das Eigenthum der größeren Burg Everstein, 100 dabei liegende Hufen und die Hälfte der Stadt Querndameln übertrugen, auch der Graf Conrad IV in der Urkunde vom 29. (nicht 23. wie fehlerhaft gedruckt ist) März 1283 CCIII   von seinem vierten  Theile des   Schloßes  redete. b) Ob noch  eine  kleinere Burg

a) s. Wolf in der Gesch. des Stiftes Nörten Beil.  II  S. 4.

b) Gelenius hat diese Urkunden gekannt; f. deßen lib. I. de  magnit. Colon. Fynt. 7. p. 75.

Everstein vorhanden gewesen, wie man hieraus und aus der Benennung des großen und kleinen Everstein vermuthen kann, muß vorerst untschieden bleiben, Wahrscheinlich ist der Erzbischof von Cöln damit zufrieden gewesen, daß er das Obereigenthum erhielt, und die Grafen deshalb seine Lehnmänner wurden. Wenigstens erkannte der Graf Conrad VI in der Urkunde vom 29. März (nicht 23) 1283 CCIII die Lehnbarkeit des ganzen Schloßes an. Es muß vielleicht darüber einiger Zweifel erregt seyn, weil er in dieser Urkunde zugleich dem Erzbischof Siegfried von Cöln einen vierten Theil an der Burg aufträgt und zu Lehn wieder empfängt. Ein Graf Ludwig war am 26. Nov. 1272 CLVIII im Schloße Everstein und gewiß noch Herr dort, indem er die in der Urkunde angeführten Burgmänner seine Burgmänner nennt.

Die Cölnische Lehnschaft, durch welche der Erzbischof, welcher immer darauf dachte, Herzogs Rechte auszudehnen, in der Nähe Braunschweigischer Besitzungen einen festen Punkt mehr erhielt, hat es wahrscheinlich veranlaßt, daß der Herzog Heinrich (der Wunderliche) zu den Waffen griff und die Burg vor dem 30. Sept. 1284 belagerte. Eine Urkunde von diesem Tage CCX, durch welche der Herzog dem nahe gelegenen Kloster Amelungsborn einen Ersaz, wegen des demselben während der Belagerung zugefügten Schadens gibt, sezt die Thatsache selbst außer Zweifel. Wer die Belagerung ausgehalten, ist nicht bekannt, auch nicht, ob die Burg eingenommen worden. Wahrscheinlich ist aber die Veräußerung derselben an den Herzog das Resultat der Fehde. Dieser hat das Schloß gekauft. Ueber den Handel besitzen wir keine Urkunde, solchen bezeugt aber der Herzog in der Urkunde vom 24. Juni 1285  CCXV und nennt nun das Schloß Everstein das seinige. Von jetzt an erscheinen mehrere herzogliche Vögte in selbigem. Johann, genannt von Salder, a) Ritter mit dem Beinamen der schwarze am 28. Oct. 1286 CCXXIV; Johann von Deseldeßen 1302  CCLXXV; Striger am 22. Nov. 1304 CCLXXX; auch wird am 27. Febr. 1306  CCLXXXVI Arnold v. Haversforde des Herzogs Murgmann in Everstein genannt. In der Gränzbeschreibungsurkunde des Grafen Ludwig des III vom 26. März 1300 CCLXIII welche er, wenn auch nicht Herr in Everstein, doch wegen anderer Güter in der Nachbarschaft ausstellen konnte, ist Conrad Udede als Vogt in Everstein genannt und es sind mehrere Burg-

a) In der v. Hardenbergischen Familie führten einige Mitglieder den Namen von Saldern. s. Wolf’s Gesch. b. H. v. Hardenberg Th. I. S. 74. Ob dieser Johann genannt v. Salder, mit dem Beinamen der Schwarze, zu dieser Familie grhört, läßt sich nicht bestimmnen. Ein Joh. De Saldere war 1269 des Herzogs Albrecht v. Braunschweig Marschall. s. Orig. gu. IV pr. p. 13.

männer aufgeführt, jedoch ohne Bezeichnung, ob sie dem Herzoge oder den Grafen, oder wem sonst angehörten. Nach einer im Königl. Archive in Hannover Befindlichen Urkunde versezten 1300 Syverd, Herr zu Homburg und seine Söhne, Herr Heinrich und Juncker Bernhard an Ghevers Ritter und Cord Knecht, genannt von Saldern das Schloß Everstein, welches sie von Albrecht Herzog von Braunschweig zu Lehn trugen.

Die Burg Everstein ist, so viel bekannt geworden, nie wieder in den Besitz der Grafen gekommen, vielmehr in dem der von des Herzogs Albrecht des Großen Sohne, Heinrich dem Wunderlichen gestifteten Grubenhagenschen Linie geblieben. Sie wurden nicht unter denjenigen Schlößern genannt, welche Hermann Graf v. Everstein dem Bischof v. Paderborn am 7. Jan. 1399  CCCCXXIX zusicherte, und es wird auch ihrer in dem, zwischen jenem und den Herzögen Heinrich und Bernd am 20. Januar 1408 CCCCLXVI wegen Ueberlaßung der Eversteinschen Güter abgeschloßenen Vertrage nicht erwähnt. Das Schloß hat nächstdem manche Schicksale erfahren, deren hier noch kürzlich zu gedenken ist.

Durch Pfandschaft war es in andere Hände gekommen, aus welchen es der Herzog Ernst, mit demjenigen Gelde, welches er vom Kloster Amelungsborn, für verkaufte zum Schloß gehörige Waldungen erhalten hatte, (s.Urk. vom 30. April 1327 CCCXLIV) lösete. Wer der Pfand-Inhaber gewesen und wie sich die Verhältniße in der Burg von 1327 bis 1336 gestaltet, ist nicht ausgemittelt. Wir erfahren nur aus einer gleichzeitigen Nachricht, daß der Landgraf von Heßen, Heinrich der Eiserne damals mit bedeutender Macht vor das Schloß gerückt ist und die Herzöge von Braunschweig, welche vor demselben gelegen, verjagt hat. a)  

Ueber die Veranlassung zu dieser Fehde schwebt noch ein Dunkel; anscheinend war sie gegen den unruhigen Herzog Albrecht, deßen Vater Ernst, ein Sohn Heinrichs des Wunderlichen, damals noch lebte, gerichtet. Ansprüche auf das Schloß Everstein und dessen Oeffnung konnte der Landgraf aus dem Vertrage vom 8. Nov. 1293 CCLI nicht geltend machen. Hatte gleich Graf Otto v. Everstein oder von Polle dem  Landgrafen  Heinrich Oeffnung aller Ever-steinschen Schlößer zugesagt, so konnte das Schloß Everstein unter diesen nicht begriffen seyn, weil es damals schon verkauft war. Davon, daß ein Graf von Everstein oder ein Inhaber des Schloßes des Landgrafen Hülfe gesucht, ist nichts bekannt.

a) Fasti Limpurgenses. Wetzlar 1720. In Beziehung auf diese (Chronick Limpurg) welche den Herzog, Albert v. Sachsen nennen, erzählt auch die Begebnheit Wigand Gerstenberg’s Chronick bei Schminck in mon. Hass.II. 467 und sezt sie in daß Jahr 1335; s. a. Heß. Reim-Chronick bei Kuchenbecker in anal. Hass. Coll. VI. p. 172. Gerhard Graf v. Dietz, ein Bundesgenoße des Landgrafen war 1355 von diesem noch nicht entschädigt. s. Arnoldi Naßau Oran. Gesch. II. 86.

Den Ausgang dieser Fehde, in Beziehung auf die Burg Everstein kennen wir nicht. a)

Des Herzogs Ernst Söhne, Albrecht und Johann verpfändeten dieses Schloß am 24. März 1364 CCCLXXXVII zur Hälfte für 500 Mark an Siegfried, edlen Herrn zu Homburg und deßen Sohn Heinrich. Von diesem forderte es der Herzog Friedrich in Osterode für sich und den Herzog Erich, seines Bruders Albert Sohn zurück und er wurde von der Sicheln-Gesellschaft am 7. Mai 1392  CCCCXV zur Herausgabe des Schloßes verurtheilt. b) Diese Entscheidungmuß  entweder nicht  zur Ausführung gekommen, oder ein  anderes Verhältniß

a) s. a. Rommel. i. d. Gesch. V. Hessen II. 133. u. Anm. S. 99. not. 10 welcher die Vermutung ausdrückt, daß der Landgraf den Grafen v. Everstein zur Hülfe gezogen sey und aus dem Vertrage vom 8. Nov. 1293 CCLI Rechte geltend gemacht habe.

b) Nach der, dem in no. CCCCXV gelieferten Auszuge beigefügten Bemerkung ist nicht daran zu zweifeln, daß Burchard von Schonenberg die Urkunde, Namens der Sicheln-Gesellschaft untersiegelte. Er nennt sich Königer, (vielleicht Kündiger oder Verkündiger) der Herren und der Gesellen von der Seckelen. (Sichel)  Zu dieser, im Nov. 1291 von dem Herzoge Otto dem Quaden und dem Herzoge Friedrich v. Braunschweig, den Bischöfen von Paderborn und von Hildesheim , auch dem Grafen Otto von Holstein (Schaumburg), zuerst in Bodenwerder und Braunschweig gestifteten Gesellschaft, welcher der Landgraf Hermann von Heßen beitrat, gehörtenauch die Schonenberge. In dieser Familie setzte damals ein Burchard, (s. Wenck. II. 942) daher ihm jene Verkündigung hier um so mehr zugeschrieben ist, weil damals kein Burchard von Schaumburg gefunden wird. Wenn der Graf Zweck dieser Gesellschaft eigentlich nur einen Landfrieden und Sicherung von Kirchen, Kirchhöfen, Geistlichen, Pilgern, Kaufleuten und Landbauern betroffen haben soll, so ist nicht zu erklären, wie dieser Verein über die Pfandschaft von Everstein erkennen konnte.

S. übrigens Rommel II. 228. Anm. S. 167. not. 18. Die Sichel, welche an des Herzogs Otto Halse, auf dem ihm in Wibrechtshausen errichteten Denkmale sichtbar ist, (s. retneyer Br. Lün. Chron. I. 616.) wird wol auf jene Gesellschaft zu beziehen seyn. S. v. Praun Br. Lün. Siegel-Cabinet 5ter Abschn. S. 14

Wieder angeknüpft seyn, weil Moritz Graf von Spiegelberg am 10. Aug. 1400 CCCCXXXV; dem Herzoge Otto v. Braunschweig die Einräumung der Hälfte des Schloßes, welche an Heinrich Edlen von Homborg für 400 rheinische Gulden versetzt war, für den Fall zusicherte, wenn er nach Heinrichs Tode sie erhalten würde. a)

a) Ueber die Verhältniße, in welchen Moritz Graf v. Spiegelberg zu Heinrich von Homburg stand, geben zwei Urkunden von 1403 u. 1409 in den Orig. guelf. IV. 513.  514.  Nachweisung

Nächstdem muste das Schloß 1416  CCCCL.XXVI.  eine Belagerung aushalten, wie die Herzöge unter sich wegen des Besitzes uneinig waren; a) und noch einmal 1435 wurde ein Rauschenplatt in selbigem, weil er es mit den Grafen v. d. Hoya und von Spiegelberg gegen den Herzog gehalten, belagert und erobert. b) Aus welchem Grunde Rauschenplatt das Schloß besaß, ist nicht bekannt. Das letzte, was wir von dieser alten Burg erfahren, ist: daß es mit Bewilligung des Herzogs Wilhelm von dem Amelungsbornschen Abt, Gerhard Masco 1493 niedergerißen sey soll. c)

a) s. Vers. E. pragm. Gesch. D. H. Braunschw. Lün. S. 280 u. d. daselbst nota a. angeführte Chron. Luneb. In Leibn. Ser. R. B. III. 198. wo erzählt wird, daß Everstein in dem Kriege zwischen dem Bischofe von Hildesheim und den Herzögen Bernhard und Wilhelm v. Braunschweig verbrannt sey.

b) Krantz in Sax. II. c. 24 s. a. Piderit’s Lipp. Chron. S. 552.  s. a. Corner in Chron. Bei Eccard in corp. hist. Med. nevi II. 1341.

c) Leuckfeld in chronol. Abb. Amelunxborn. P. 43 nach Lezner.   

In der Burg Everstein waren Burgmänner, welche wahrscheinlich auch Wohnungen daselbst hatten. Die von Haversford, Herren der nahe gelegenen, unterhalb Holzminden nach der Weser hin zu suchenden Villa Haversford, a) (s. U. v. 27 Febr. 1306  CCLXXXVI)  vielleicht auch die v. Hacke, b) Conrad v. Ellenhusen und Ernst Reboc (s. U. v. 26. März 13000 CCLXVIII)  gehörten zu den Burgmannen in Everstein; gewiß aber vor allen stand die adeliche, in der Nachbarschaft von Everstein begüterte (s. Urk. Von 1302. CCLXXV)  Familie von Everstein in der genauesten Verbindung mit der Burg, von welcher sie den Namen führte. Es ist kein Grund vorhanden, sie von den Grafen von Everstein herzuleiten, deren Ministerialen sie waren. Sie bekleideten das wichtige Drostenamt (Dapiferi Truchseßen). Wahrscheinlich ist der Heinrich von Everstein, welcher in der Urkunde von 1222 oder 1223  XXXIX als Dapifer erscheint, derselbe, welcher früher 1197 XXII mit seinem Familiennamen und in Urkunden von 1206, 1207,  1217  ohne denselben als Henricus Dapifer,  und 1207 und 1217 mit seinem Bruder Florentius (ein in der adlichen Familie mehr gehörter Name,) vorkommt,  (s. b. Namen Register.) Diejenigen von ihnen, welche in Eversteinschen und anderen Urkunden genannt werden, sind von den Grafen wol zu unterscheiden. Diese werden mit Ausnahme weniger zum geistlichen Stande gehörigen Personen gewöhnlich als comites oder nobiles Domini bezeichnet, dagegen jene als Ritter oder Knappen und nur unter ihren Standesgenoßen erscheinen.

a) Wigand’s Corv. Güterbesitz § 42.

b) Sie hatten Güter in Everstein; s. Vergleich vom 25. März 1569 bei Falcke in trad. Corb. p. 628. 629.

In dieser adlichen Familie war auch das Marschallamt des Stiftes Corvey. Die Grafen haben solches nie beseßen. Keine Urkunde bezeichnet irgend ein Mitglied der gräflichen Familie als Corveyischen Marschall un der Heinemann v. Everstein, welcher in einem Corveyischen Lehnregister als Inhaber des Marschallamtes genannt wird, (CCCCXCII)  gehört zu der adlichen Familie. (s. Namen-Register.) In der gräflichen erscheint Keiner dieses Namens. a)

a) Mein verehrter Freund, Hr. Aßeßor Wigand schreibt im Corveyischen Güterbesitz S. 127. den Grafen von Everstein das Corveyische Marschallamt zu, wahrscheinlich in der Voraussezung, daß der angeführte Heinemann v. Everstein ein Mitglied der gräflichen Familie gewesen und verleitet durch Kindlinger’s Ansicht.

Von einem besonderen Gerichtsplaze, welchen die Grafen vor dem Schloße, oder deßen Nachbarschaft gehabt haben, redet keine bis jetzt bekannte Urkunde; indeßen deutet eine vom 8. Juni 1304  CCLXXIX dahin, daß die Nachbarschaft zu einer Gerichtsbarkeit der Burg gehöret hat, indem das Kloster Amelungsborn Güter in dem benachbarten Orte Lotbeck (Lobach) gegen Reiner v. Vornholte, einen Eversteinschen Lehnmann, welcher jene 1303 (s. nr. CCLXXVII)  dem Kloster verkauft hatte, vor dem Herzoge Heinr. V. Braunschweig in Anspruch nahm, und dieser, weil die Güter in seiner Gerichtsbarkeit belegen, aus königlicher Macht ein Erkenntniß abgab. Auffallend ist übrigens, daß der von dem Herzoge ausgefertigte Gerichtsschein, in Herzberg, im jezigen Fürstenthum Grubenhagen, ausgestellt ist, und auch die Handlung daselbst geschehen zu seyn scheint, indem die Urkunde Actum et datum sagt. Die Urkunde von 1327  CCCXLV deutet gleichfalls auf ein Gericht in der Nachbarschaft der Burg. An der Quelle der dürren Holzminde, nicht weit von Everstein, haben sich zwei alte Denkmäler, unter dem Namen Königsstühle erhalten. a)

In der Burg war ein Geistlicher, wie uns Vicelin’s Geschichte davon unterrichtet. Die eigentliche Pfarrkirche, zu welcher sie gehört hat, ist nicht bekannt. Vielleicht ist diese die Kirche in dem nahe gelegenen, längst verschwundenen Dune,  und auch hier das Erbbegräbniß der Grafen, welche in everstein wohnten, gwesen. b)  

 a) Holzm. Wochenblatt von 1786 St. 1. S. 45.

b) s. Wigand a. a. O. S. 130. Ueber Dune s. a. das Orts-Register dieses Buches. Des Pfarrherrn in Dune erwähnet eine Urkunde vom 15. Mai 1303  CCLXXVI. Es war diese Kirche daher damals Noch vorhanden. Ob die Villa Thiunun s. Wigand S. 130 zu dieser Zeit schon verschwunden War, läßt mit Gewißheit sich nicht bestimmen. Lobach wird in Urkunden von 1303 (s. Orts- Register) genannt.

Die Burg Everstein wird in Corveyischen Nachrichten als ein Corveyisches Lehn angegeben, (s. nr. CCCCXCII)  welches die Hrzöge von Braunschweig empfangen. Keine Urkunde ist bis jetzt gefunden, welche eine Lehns-Verbindung der Grafen mit Corvey wegen dieser Burg bestätigte. Eine solche ist auch, wenn man die von den Grafen mit dem Rzbischofe von Cöln 1265 und 1283 angeknüpften Verhältniße s. S. 7. 8. berücksichtigt, sehr unwahrscheinlich. a)

Non einemWiderspruche des Stiftes Corvey, welcher gewiß erfolgt sein würde, ist nicht die geringste Spur entdeckt. Bei Abfaßung der Urkunden vom 3. Jan. 1365 wurden von den Grafen v. Everstein sehr sorgfältig die Rechte des Mindenschen Bischofs wegen Hameln (Quernhameln) s. § 12 vorbehalten. Ein gleiches würde gewiß in Beziehung auf Everstein für Corvey geschehem sein, wenn dieses Rechte gehabt hätte.

Es darf Überhaupt nicht unbemerkt bleiben, daß die Grafeb v. Everstein, am wenigsten in der früheren Zeit, in vielseitigen Verbindungen mit  Corvey standen, so nahe ihre Güter bei  Ever-

a) Wigand a. a. O. vermuthet Everstein sei ein Corveyisches Schloß gewesen.

Stein, Holzminden, Polle dem Stifte auch lagen. Sie hatten nur wenige und geringe Lehne von Corvey, wie die Urkunden-Sammlung und das aufgestellte Lehn-Register s. § 54 ergeben. Ihre Besitzungen in dem Gau Auga, aus deßen grösten Theile sich das Corveyische Territorium bildete, werden nur in der nächsten Umgebung des Schloßes Everstein und an der Gränze des Gaues Tilithi in welchen sie vorzüglich begütert waren, amgetroffen.

§ 3

Besitzungen im Gau Auga. In Stahle. Holzminden. Ellersen (Allersheim).

Bevern. Lütgenrade (Lütteken-A) Forst. Ahrholzen.

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Sie hatten am linken Ufe der Weser im Gau Auga a) allein in Stahle, Holzminden gegenüber (s. Urk. V. 1113 u. vom 20. Mai 1315 CCCXIV) Besizungen. Unter den übrigen am rechten Ufer erscheint vorzüglich Holzminden, jetzt eine dem Herzog von Braunschweig gehörige Stadt.

Des  Ortes Holzminden Holtesminne  gedenken  ältere  Corveyische Register b) und in des

a) Dieses Gaues Beschreibung s. bei Wigand a. a. O.

b) Falcke in trad. Corb. p. 112.  287.  Reg. Sarr. p. 9.  nr. 117

Bischofs Reinwerk Urkunde von 1036 über die Stiftung des Bustorfs in Paderborn a) werden unter den zu dem Haupthofe Heinsen (Heginhuson) bemerkten vier Vorwerken Holtesminne duo gerechnet.

Heinsen der Haupthof ist sehr wahrscheinlich in dem zum Hannöverischen Amte Polle gehörigen Kirchdorfe Heinsen b) zu suchen, wie die beiden Vorwerke Holzminden vermuthlich in der jezigen Stadt Holzminden und dem dabei liegenden Altendorf zu finden sind c) Einer Burg in Holzminden gedenkt unter bekannten Urkunden zuerst diejenige von 1240 (LXV)  durch welche Otto IV Graf v. Everstein nebst seinen fünf Brüdern und seinem Sohne Albert dem Kloster Amelungsborn gewiß, von dem Stifte Corvey zu Lehn getragene Einkünfte aus dem Salzwerke bei Hemmendorf im Hannoverschen Amte Lauenstein überließ.

Die Grafen v. Everstein sind wol um so mehr als die Herren dieser Burg anzusehen, da in einer anderen fünf Jahre später (1245) ausgestellten Urkunde, der Graf Otto Holzminden seine Stadt nennt. (LXXIV)

a) Falcke p. 461.

b) s. Wigand a. a. O. S. 107.

c) Derselbe a. a. O S. 140.

In dieser Urkunde bestätigt er dieser seiner Stadt diejenigen Rechte, welche sie von ihrem Ursprunge an von seinen Vorfahren gehabt hat. Aus selbiger erhellet klar, daß ihm allein das Gericht in der Stadt zustand. Er stellte die Richter an, und gönnte der Stadt dabei nur eine Einwirkung. Von den auserkannten Strafen bezog der Graf zwei Theile; einen hatte er der Stadt überlaßen. Er besaß das Patronat-Recht der Kirche, indem er auch bei derAnstellung des Priesters der Stadt eine Einwirkung zugestand.

Wenn daher für die Ansicht, daß Graf Otto IV. v. Everstein Herr in Holzminden war, nicht die wichtigen Umstände, daß er es seine Stadt nannte, und eine vorzügliche Handlung der Herrschaft, durch Bestätigung des Stadtrechtes, wie es wahrscheinlich durch alte Gewohnheit ausgebildet und von anderen Städten entlehnt war, ausübte, schon allein entscheidend sein sollten; so  erhält sie eine besondere Unterstützung darin, daß der Graf einziger Richter in Holzminden war. Aber auch darin, dasß ältere Rechts-Normen aufgehoben werden, erkennt man den Herrn der Stadt. Der Graf Otto hob nämlich ausdrücklich den Var-Eid, a) welcher anscheinend bis  dahin im  Gerichte  gefordert  war, auf. Es  scheint auch, als ob es eine neue

a) Durch diesen Eid mußte die angenommene praesumtio doli entfernt werden und die Vögte konnten durch die Eidesworte großen Mißbrauch treiben. S. a. v. Wersebe in dem schäzbaren Werke: über die niederländischen Colonien. Bd. I. 166.

Verfügung sei, daß der Unfreie, welcher Jahr und Tag ohne Ansprache in der Stadt gewesen, die Freiheit erworben haben solle. a) Von den früher hörig gewesenen Einwohnern in Holz-

minden hatten die Grafen den Zehnten, Ochtmund (Ogtme) bezogen, wie aus  der Urkunde von 1245 LXXIV erhellet. Dieser Umstand und der Wortzins, welchen sie noch 1309 (CCXCVIII a) besaßen, unterstüzen gleichfalls die Ansicht, daß die Grafen Herren in Holzminden waren.

 a) Die übrigen Bestimmungen des Holzminder Stadtrechts findet man gröstentheils auch in andern.

  Als etwas besonderes mag es bemerkt werden, daß ein Todtschlag mit dem Tode bestraft werden

  Sollte. (Si quis alium occiderit collum pro colle). Eine öffentlich gegebene Maulschelle wurde

  durch 20, Blutrunst durch 15, und Zänkerei durch 5 leichte Schillinge gebüßet; wer einen Ande-

  ren ohne scharfes Instrument verlezte, mußte 18 Denare geben; im Allgemeinen sollte bei einer

  Verlezung das jus talionis eintreten. (lesionem pro lesione). Fremde konnten in der Stadt in der

  Regel kein Zeugniß ablegen. Zu einem vollgültigen Zeugniße waren zwei Bürger erforderlich.

  Für einen Flüchtigen konnten die Bürger durch ihr bürgerliches Besizthum bürgen; Gerade und

  Heergewette wurden nicht entrichtet; der Beweis durch Zweikampf oder ein glühendes Eisen,

  war nur erlaubt, wenn beide Theile einwilligten; der Hausfrieden wurde einem Jeden zugesichert

  bis ein rechtliches Erkenntniß ihn aufhob; Der Nachlaß eines Fremdem war den Erben Jahr und

  Tag offen behalten; sein Gut haftete Bürgern, mit welchen er nach seiner Ankunft Verträge ge-

  Schloßen, und der älteste der Gläubiger hatte den Vorzug.

  Nach einem Zusaze war noch den Erben eines Verbannten oder Flüchtigen der ruhige Besiz des

  Nachlaßes zugesichert, bis daß eine Sühne eingetreten oder der Richter gesprochen.

Von besonderen Berechtigungen des Stiftes Corvey in Holzminden weiß man aus dieser Zeit nichts, und es ist nicht glaublich, daß wenn es solche gehabt hätte, damals seiner und seiner Mitwirkung nicht gedacht sein sollte. Es ist aber auch nicht die geringste Spur aufzufinden, daß die Grafen v. Everstein ihre Berechtigungen in Holzminden von dem Stifte Corvey erhalten haben. Ein Graf Otto v. Everstein veräußerte etwa am Ende des 13ten Jahrhunderts das Schloß und die Stadt Holzminden für 2000 Mark an den Cölnischen Erzbischof Siegfried, deßen Marschall von Westphalen beides einem Lippold Hoye verpfändete, dieser aber  an einem Herrn zu Lippe verkaufte, aus deßen Händen es Reinher v. Vornholte und Albert v. Amelungeßen pfandweise bekamen. (CCLXX)  Vielleicht war Simon; edler Herr zu Lippe deshalb 1288 dem Marschall Johann von Bilstein mit 100 Mark verpflichtet. a)

 a) s. Lamey in cod. Dipl. Ravensb. p. 61

Ein Simon v. d. Lippe folgte 1302 dem Johann v. Plettenberg im Marschallamte.

Bei diesen Vorfällen ist auch kein Widerpruch von Corveyischer Seite bekannt geworden. a)

Ueber die Zeit wann die Burg angelegt, wann die  Stadt gegründet worden, fehlen uns nachrichten. In einer Urkunde von 1204 XXIV)  wird der Ort noch eine Villa genannt. Auffallend ist es, daß die Grafen v. Everstein so nahe bei Everstein in früher Zeit eine Burg gebauet haben, wenn sie jene noch besaßen; indeßen können manche Verhältniße, und unter diesen selbst die Lage an der Weser gewirkt haben. Aus dem Inhalte der Urkunde von 1204  (XXIV)  läßt sich die Vermuthung wagen, daß die Grafen schon damals eine Haupt-Bezizung in Holzminden hatten, indem sie einen nahe liegenden Theil des Sollinges besaßen; diesen trugen sie auch nicht von Corvey sondern von Paderborn zu Lehn. In Holzminden sindviele Eversteinsche Urkunden ausgefertigt: s. Urk. Vom 5. May 1246  LXXIX; 1249 LXXXII; 15. März 1271  CLV; 15. März 1272  U. B.S. 154 not: vom 24. Dec. 1274  CLX; 1275 CLXI;  21. Juli 1277  CLXXI; 6. März 1278 CLXXVII; b) vom 14. Apr. 1263 CCIV;  1285 CCXVIII.  Einzelne Glieder der Eversteinschen Familie nannten sich allein de Holtesminne (s. Urk. Vom 17. Mai und 1. Juni 1298  CCLXII.  CCLXIII).

a) Mein verehrter Freund, Herr Aßeßor Wigand im Corveyischen Güterbesiz S. 131 und folg. Räume den Stifts Corvey größere Rechte ein, als hier geschehen ist, und leitet die der Grafen v. Everstein von Jenem ab.

b) Im Urk. B. S. 169 u. 171 sind die Zahlen CLXXVII. u. CLXXVIII. Zu setzen.

Das Schloß in Holzminden ist von Cöln an das haus Lippe gekommen. S. S. 23. Simon edler Herr zu Lippe gab an Arnold v. Haversrarde am 13. März 1317 einBurglehn in Holzminden; und am 27. März 1323 an Conrad Ritter und Johan Knape, genannt von Oldeburg zu einem beständigen Burglehn 100 Mark Denare, wofür sie im  Schloße Holzminden, wenn es Lippisches Eigenthum Bleibe, sonst nach ihrer Auswahl Burgmannen in Blomberg, Schwalenberg oder Oldenburg sein wollten. Wie Otto herr zu Lippe mit seinem Bruder Bernd 1344 theilte, überwieß jener diesem Holzminden, a) welcher es nach Urkunden vom 26. Februar und vom 12. März 1365 seinen Schwiegersöhnen, dem Grafen Heinrich von Holstein und dem Junker Otto von ecklenburg für den Brautschaz versezt hatte. b) Simon edler Herr zu Lippe bestätigte am 9. Februar 1369 der Stadt Holzminden oder vielmehr seine Bürgern ihre alten Rechte, wie sie von den Grafen v. Everstein erhalten. Biß dahin war daher von den Herren zu Lippe gehandelt, wie Herren einer Stadt handeln.

a) s. die Theilungs-Urkunde bei Grupen in Orig. Germ. III. 247

b) s. ungedruckte Urkunden von 1317 – 1365.

Der Vertrag, welchen Bodo Abt zu Corvey, Otto Herzog von Braunschweig, Hermann Graf v. Everstein, und Heinrich edler Herr zu Homburg am 30. September 1389 CCCCXIII schloßen, war gegen das Haus Lippe und besonders wegen Holzminden gerichtet. Indem auf den Fall, daß Holzminden erobert würde, eine Theilung verabredet wurde, darf man wohl vermuthen, daß damals Lippe es noch besaß. Zugleich war ausgemacht, daß eine Burg vor Holzminden errichtet werden sollte, was auch geschehen sein muß, da 1637 bei Holzminden Ruinen einer Burg gefunden sind, a) und noch gefunden werden. b) Jener Vertrag erwähnt  keiner vorzüglicheren Rechte des Grafen Hermann v. Everstein auf Holzminden; derselbe sicherte ihm und seinen Mannen allein das bei Holzminden gelegene, ihnen gehörige Gut.

 a) s. Bericht von Gabriel Campe vom 14. October 1637 n. d. Gränzen und der Hoheit der alten

    Herrschaft Everstein. MS. Dieser Bericht wurde zu dem Zwecke erstattet, um nach dem Ab-

    Sterben des Herzogs Friedrich Ulrich v. Braunschweig, von dem Amte Fürstenberg, welches

    Conrad als ein zurückgefallenes Lehn in Anspruch nahm, dasjenige trennen zu können, was zur

    Herrschaft Everstein gehörte. Gabriel Campe bezieht sich auf ein Fürstenbergisches Amtsbuch

    Von 1581, auf eine Gränzbeschreibung und ein Erb-Register von 1561.

b) s. Gilberts Handb. F. Reisende v. Deutsch. III. 269.

Die Eroberung scheint geschehen zu sein, indem am 25. April 1393 (CCCCXIX) a) Graf Hermann v. Everstein und der Abt v. Corvey über ihre Antheile einen Vertrag, und beide, nebst Heinrich, Herrn zu Homburg am 5. August 1394 CCCCXXII eine Burghude und einen Burgfrieden schloßen. Vondem Herzoge Otto ist keine Rede, indeßen ergibt der zwischen ihm und dem Corveyischen Abt Wulbrand am 11. April 1405 CCCCXLIX geschloßene Burgfrieden, daß er den vierten Theil an Holzminden hatte b). Graf Hermann v. Everstein bresaß nur einen gleichen Theil von Holzminden, wie auch das schiedsrichterliche Erkenntniß vom 20. April 1404 CCCCLIII bezeugt. Simon und Bernd Herren zu der Lippe gelobten wahrscheinlich nur in Beziehung auf die mit dem Grafen Hermann am 14. August 1402 geschloßene Erbverbrüderung, dem Abt Wulbrand von Corvey am 8. Juni 1403 (ungedruckte Urk.) eine Burghude und einen Burgfrieden wegen des Schloßes Holzminden.  Nachdem der

a) S. 383 d. Urk. B. ist die Zahl CCCCXIX. Zu sezen und Apr. 25.

b) Von einem früheren Besize des Hauses Braunschweig ist nichts bekannt. Der Herzog Otto

    stellte 1232 juxta Holtesminne super Wirram für die Stadt Goettingen eine Urkunde aus.

    s. Goett. Zeit und Gesch. Beschr. I B. II Kap. S. 54.

Graf Hermann am 5. April 1408 CCCCLXVIII seine Güter, seinem künftigen Schwiegersohne dem Herzoge Otto v. Braunschweig abgetreten hatte und auch die Homburgischen Güter dem Hause Braunschweig zugefallen waren, a) war dieses in dem Besize von drei Viertheilen von Holzminden. Es waren diese jedoch nicht in einer Hand. Den Eversteinschen Antheil hatte Herzog Bernd 1408 erhalten; was Herzog Otto nach 1389 eroberte scheint sein Sohn Otto, welcher 1414 der Stadt Holzminden ihr altes Recht bestätigte, besetzen und den Homburgischen Antheil Herzog Bern 1409 erworben zu haben. Corvey blieb im Mitbesitze und befand sich am 1. Nov. 1409 CCCCLXXIII in selbigem, da der Herzog Bernd und sein Sohn Otto mit dem Abte Dietrich einen Burgfrieden schloßen. Der Abt Hermann verpfändete noch 1483 seinen Antheil an Holzminden, der Burg und dem Flecken an Joh. v. Hovensen b). Neben Holzminden hatten die Grafen v. Everstein Güter in Ellersen, jetzt Allersheim nahe bei Bodendal. Die älteste Nachricht, eine Urkunde vom 4. April 1197  XXII. Läßt den Graf Albert III. als Paderbornischen Lehnmann wegen 51/2 Mansen erscheinen (s. a. Urk. Vom 1. Mai 1254 C. von 1258 CXII. Und vom 1. Mai 1318 CCCXXII).

a) Falcke p. 931

b) Ungedr. Orig. Urk. S. a. Wigand a. a. D. S. 134 – 139.

Eine Lehns-Verbindung mit Corvey wegen dieser Güter ist bis jetzt nicht nachgewiesen a). Jener Graf Albert hatte auch in Bevern Besizungen, welche er am 4. April 1197  XXII der Kirche in Paderborn zu Lehn auftrug. Bevern und die Besizungen der Herren v. Bevern rechnete Herzog Ernst v- Braunschweig 1594 zur Herrschaft Everstein b). In Lobach (Lotbeck) s. Urk. Von 1303 CCLXXVII  und vom 28. Februar 1319  CCCXXX; und in Lütteken-A (vielleicht noch das unter dem Namen Lütgenrade, zwischen Golmbach und Reilessen zu findende Dorf) hatten die Grafen Güter. s. Urk. von 1281 CXCI, vom 24 Juni 1285 CCXV, v. 2. Mai 1312 CCCIV u. v. 26. Jan. 1322 CCCXXXV.

Dieses Lütteken-A muß übrigens nahe bei Everstein gelegen haben, da aus dem Orte Dienste gahin geleistet wurden, wie aus der Urkunde von 1322 zu ersehen. Mit völliger Sicherheit läst

a) Wigand a. a. D. S. 142 machte die Grafen v. Everstein wegen Besizungen in Ellersen zu Lehn-

    männern des Stiftes Corvey; es waren aber die nicht zu diesem Geschlechte gehörigen Herren

    v. Everstein, welche das Marschall-Amt und die damit verbundenen Güter zu Lehn vom Stifte

    trugen.  S. S. 15.

b) s. Lehnbrief f. Statius v. Münchhausen von 1595 bei Treuer in v. Münchh. Geschl.

    Hist. U. B. S. 296.

Sich nicht bestimmen, ob es zum Gau Auga oder zum Gau Tilithi gehörte. Aus dem ehemaligen Dorfe Forst an der Weser, welches als eine Eversteinsche Besizung angegeben wird, sollen sich dahin die Einwohner, wie das Amthaus hieher gelegt woren gezogen haben a). Von Adoldeßen (Ahrholzen) bei Everstein, melden uns Urkunden keine Eversteinsche Güter. Seinem Grafen Otto, welcher den Aussatz gehabt, wird eine besondere Wohnung daselbst zugeschrieben. Seine Betstunden soll er im Sommer in einer Höhle, Ottenshöhle genannt, gehalten haben a).

a) s. Bericht des Gabr. Campe s. S. 26.  Die adeliche Familie v. Everstein hatte hier Corveyische

  Lehne  s, nr. CCCCXCII.

b) s. Leyser  p. 13.

§ 4

Schloß Fürstenberg

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Ehe wir den alten Gau Auga verlaßen, ist noch des innerhalb deßen Gränzen, oberhalb Höxter am rechten Weser-Ufer, am Fuße des Sollinger-Waldes liegenden Braunschweigischen Schloßes Fürstenberg zu gedenken, welches als eine Eversteinsche Besizung angegeben wird b).

In älteren Urkunden geschieht seiner keine Erwähnung. Die Nachricht, daß 1131 Adolf Graf v. Daßel es nebst dem dazu gehörigen Theile des Sollinges an Otto Graf v. Everstein verkauft, ist ohne allen Beleg a). Die Grafen v. Daßel sowohl als die Grafen v. Everstein besaßen Theile des Sollinger-Waldes. Der Graf Albert III. v. Everstein überließ einen nahe an Holzminden gränzenden Theil des Sollinger-Waldes, welchen er von Paderborn zu Lehn trug, 1204 dem Kloster Amelungsborn. Jene die Grafen v. Daßel hatten wie mehrere Urkunden von 1272 und 1274 nachweisen b) vorzüglichen Antheil am Sollinge.

Daß das Schloß Fürstenberg im Besize der Grafen v. Everstein gewesen, ist bis jetzt durch Urkunden nicht unterstüzt, da auch die Nachricht, daß sie es an die v. Berlepsch verpfändet haben, ohne Beleg ist c). Fürstenberg war ein Corveyisches Lehn (nr. CCCCXCII) von dem jedoch nicht bekannt ist, daß die Grafen v. Everstein es gehabt.

a) Lezner in d. Daßelsch. Chronick IV Buch Kap. 10. Leyser p. Meyer antiq. p. 168.

b) s. Urk. v. 1272 nach welcher Ludolf v. Daßel dem Herzoge Albert v. Braunschw. Einen Theil

    seiner Grafschaft nebst der Hälfte des Sollinges übertrug; und Urk. v. 1274 Inhalts deren der-

    selbe nebst Adolf, seines Bruders Adolf Sohn gedachtem Herzoge das Schloß Nienover mit dem

    Sollinger-Walde verkaufte. Bei Scheid in Cod. dipl. p. 577. 578.

c) s. Lezners Stammbuch der v. Berlepsch bei Kuehenbeeker in anal. Hass. VII. 194.

§ 5

Kloster Amelungsborn

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Sehr bemerkenswerth erscheinen die Verhältniße, in welchen die Grafen v. Everstein zum Kloster Amelungsborn standen.

In Amelungsborn hatte die Familie der Grafen von Nordheim Güter, welche otto Herzog von Bayern dem von ihm in Nordheim gestifteten Kloster schenkte, und wo neben dem Nordheimschen Schloße Homburg der Graf Siegfried sein Großsohn, nachdem sie zurückgegeben waren, ein Kloster gründete a). Dieses scheint theils auf  Homburgischen, theils auf Eversteinschen Grund und Boden erbauet zu sein. Von dem in der Klostermauer befindlich gewesene Backhausthore, dem mittleren Thore, und der Kirche wird dieses namentlich in einem Berichte vom 14. Oct. 1637 behauptet b). Der Berichts-Erstatter beruft sich desfalls vorzüglich auf einen alten Gränzstein, welcher zwischen  der Linde zu Osten und dem Kloster am Berge stehe. „Sonst, sagt er, mögen die Homburgischen Gränzen wol hinter jetzt gemeldeten Gebäuden durch des Klosters Baum- und anderen Gärten auf dem Krug, der außer dem Kloster in Homburgischer Hoheit belegen, gehen“. Mit diesem Berichte stimmen

a) Falcke p. 138.

b) s. den vorhin S. 26 angeführten Bericht des Gabr. Campe.

auch ältere Urkunden überein, indem sowol Graf Ludwig v. Everstein, als auch der Herzog Heinrich v. Braunschweig welcher damals das Schloß Everstein besaß und Bodo v. Homburg 1304 und 1303  CCLXXX Erlaubniß ertheilten, daß die Klostermauern in Amelungsborn vorgerückt werden dürften. Hierin liegt ein sicherer Beweis, daß diese sowol Eversteinsches als Homburgisches Territorium berührten. Die Leznersche Angabe, daß das Kloster ganz auf Eversteinschem Grund und Boden erbauet, und desfalls von dem Stifter eines Grafen von Everstein Einwilligung eingehohlet sei a), kann daher etwas Wahres enthalten.

a) s. Leuckfeld in Chronolog. Abb. Amelunxborn, S. 4.

§ 6

im Gau Wickanafelde. Negenborn. Holenberg.

Nienhagen. Golmbach (Goltbeck) Dune.

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In dem Gau Wickanafeld, in welchem ein großer Theil der Homburgischen Besizungen, und vielleicht auch das Schloß Homburg b) lagen, hatten die Grafen v. Everstein deren gleichfalls zwischen Homburgischen Gütern.

b) s. Wigand i. Corv. Güterbes. S. 187 u. f. Ueber diesen Gau s. v. Wersebe Beschrb. D. Gaue

    zwischen Elbe

Negenborn nennt Graf Albert III. am 4. April 1197  XXII  seine villa, wie er dem Kloster Amelungsborn einen dabei befindlichen Wald überliß und am 1. Mai 1271 CLVI rechnet Graf Ludwig III. diesen Ort zu seiner Herrschaft (Dominio).

In sofern Golmbach und Holenberg zum Gau Wickanafeld wirklich gehöret haben, so sind auch die Eversteinschen Besitzungen daselbst dahin zu rechnen. Von Holenberg und dem wahrscheinlich dabei liegenden Nienhagen, redet die Urkunde vom 4. April 1197; bei Holenberg verkaufte Graf Conrad IV 1217 XXXIII dem Kloster Amelungsborn einen Wald nebst einem andern Gute für Geld und Wein. Von ihren Besizungen in Golmbach (Goltbeck), einer Mühle (Duner-Mühle), einem Zehnten, einem Kornspeicher und andern Gütern geben die Urkunden von 1240 und 1251  (LXII und XCII) von 1260 und 1266 (CXXIV und CXLII) auch vom 29. Sept. und 15. Oct. 1268 (CXLVI,  CXLVII) und von 1272 (CLIX) a) ferner von 1271 (CLVII) von 1284 (CCXI) 24. Juni 1287 (CCXXVI) von 1302 (CCLXXIII), vom 24. Juli 1312 (CCCV) vom 4. Juli 1319 (CCCXXXII) und von 1398 (CCCCXXVIII) Nachricht.

a) p. 156 des Urk. B. steht unrichtig die Zahl CLXI.

Der Graf Ludwig V. v. Everstein mag auch wol in Beziehung auf seine Besizungen in dieser Gegend am 26. März 1300 (CCLXVIII) die Gränze am Vogler-Gebirge a) zwischen dem Kloster Amelungsborn und den Einwohnern in Lütteken-A, Goltbeck, Drovenhagen und vielleicht auch dem Herzoge von Braunschweig in Everstein berichtigt haben.

Der Weinberg, deßen diese Urkunde gedenkt, ist noch in einem so benannten Berge bei Holenberg zu finden. Auf diese Gränzberichtigung verweiset auch ein zwischen Heinrich d. j. Herzoge v. Braunschweig und dem Kloster Amelungsborn am 3. Nov. 1556 geschloßener Schnade-Rezeß.

Im Vogler, welcher sich bis gegen Bodenwerder hin erstreckt, waren noch mehrere Eversteinsche Besizungen, deren § 12 erwähnt wird.

a) Der Vogler ist in der bekannten Urkunde K. Ludwig’s ... ....... über die Gränzen des Bisthums

  Hildesheim (s. Leibnitz in S. R. R. II. 155 auch bei Harenberg im hist. ecel. Gand. p. 524

   Und bei Blum in d. Gesch. d. F. Hildesheom L. 83 abgedruckt)  als ein Gränzpunkt angegeben.

  Die Sage verlegt in diese Gegend, bei Bodenwerder des K. Heinrichs des ersten Vogriheerb.

§ 7

im Gau Suilbergau. Merxhausen. Oderickeshausen.

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Ehe wir jetzt diejenigen an beiden Seiten  der weser, im alten Gau Tilithi bemerken, ist noch anzuführen, daß 1222 XXXIX der Graf Conrad im alten Suilbergau a) von dem Erzstifte Maynz die Zehnten von Merxhausen (Martakeshusen) b) und Oderikeshausen, zu Lehn trug.

 a) Ueber diesen Gau s. v. Wersebe a. a. O.

b) s. Falcke in trad. Corb. p 106.

§ 8

Güter im Gau Tilithi. Deßen Beschreibung.

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Viele Schlößer und große Besizungen hatten die Grafen v. Everstein in dem alten Gau Tilithi, deßen nähere Bezeichnung hier der Aufzählung der bedeutenden, zahlreichen Güter vorangehen mag, da Herr v. Wersebe solchen nur  in so weit er am rechten Ufer der Weser liegt beschrieben hat.

Der Gau Tilithi, war ein nach seinem Umfange großer Gau an beiden Seiten der Weser. Er gränzte südlich an den Gau Auga, westlich an den Wetigow, nördlich an die Gauen Bucki und Mersteme und östlich an die Gauen Gudingau und Wickanafeld. In Schenkungs-Registern von Fulda wird dieser Gau auch Eigilde und zilgide genannt. Die Orte Stocheim undHelen, welche in den Gau Eilgidi (Zilgidi) gesetzt werden, liegen indeßen kundbar innerhalb der Gränzen des in den Corveyischen Schenkungs-Registern und in anderen Urkunden bezeichneten Gaues Tilithi a).  Die Villa Heli rechnen die Fuldaischen Register zum Gau Zil-

a) s. Ebirhardi samm. Trad. Fuld. Bei Schannat in trad. Fuld. p. e. V. nr. 5. 8. 25. 27. 32. 35. 57.

    v. Wersebe Beschr. d. Gauen zwischen Elbe .. S. 205. Den Gau Tilithi unterscheidet Grupen in

    disc. Forens. p. 546. von dem Gau Tilithi, sezt ersteren in die Gegend von Münder, und leitet

    den Namen von der Benennung Süntel, welche ein Gebirge daselbst führet, ab. (s. deßen abs.

    nr. XXXIV.  p. 585). Er ist zu dieser Unterscheidung wahrscheinlich durch eine Urkunde von

    1033 (s. meine Beiträge z. ält. D. Gesch. I. 132) verleitet. (s. deßen Orig. Germ. III 123).  Die in

    dieser Urkunde nach den Worten: in pago Cilide angemerkten 27 Orte können nicht alle zu

    diesem Gau gerechnet werden. In dem zuerst genannten Herisviroda ist das im Sarrachonischen

    Register nr. 484 angeführte Hiriswitherothe und wahrscheinlich Harderode, westlich vom

    Ihtgebirge, zwischen Beigerode und Eschershausen im Braunschweigischen Amte Beigerode zu

     erkennen. Das folgende Münder (Munere) kann seiner Lage nach, und da es noch zum Osen-

    schen Archidiaconare gehörte (s. m. Beiträge I. 288) sehr wol zum Gau Tilithi gerechnet weren,

    dagegen aber sind die anderen von Bodukun an angeführten Orte, wie sie noch erkannt werden

    können, diesem Gau nicht, vielmehr anderen beizuzählen.Wenn Bodukun und Beddehhare, die

    nordwestlich von Münder liegenden Backede und Böbber oder Bebber sein sollten, welche viel-

    leicht zum Gau Bucki zu rechnen sind, so liegen die ferner genannten Orte in einer weiteren,

    nach Minden und deßenNachbarschaft gezogenen Linie. (s. meine Beiträge I. 139) Nur zwei

    der ferner genannten Orte können in den Gau Tilithi gelegt werden, nämlich Helan und

    Honredere, wenn diese Helen bei Kemnade und Honroder ein verlaßenes Dorf bei Hameln

    Sein sollten. Sie würden indeßen ganz außer der reihe in der Urkunde aufgeführet sein und

    Mögen daher auch wol in der Gegend von  Münder gesucht werden.   

gide, das Sarrachonische aber Heloon zum Gau Tilithi a). EineUrkunde des K. Arnulf von 892 nennt diesen Gau eben si, eine andere von diesem Jahre Algide, wahrscheinlich Eilgide b).

Die Burg Everstein, von welcher es zweifelhaft ist, ob sie zum Gau Auga oder zum Gau Tilithi gehörte, kann immer als ein Gränzpunkt des lezteren angenommen werden. Es läßt sich übrigens mit Bestimmtheit nicht nachweisen, daß die Burg Everstein unmittelbar an demGau Tilithi gelegen. Das nördlich von der Burg liegende Dorf Golmbach wird zum gau Wickanafeld gezählt c); ist dieses richtig, so kann, da das in östlicher Richtung von Everstein anzutreffende Negenborn zu eben diesem Gau gehörte d), das westlich liegenden braunschw-

a) Ehirhard s. e. nr. 35. p. 301. Reg. Sar. 14. nr. 208

b) s. Eccard in hist. Gencal. princ. Sax. sup:  p. 295 – 298.

c) Registr. Sarrach. nr. 478.   d) Ibid.  nr. 452.

eigische Forst aber dem Gau zugerechnet wird a), die Burg nur dann an den Gau Tilithi stoßen, wenn dieser, zu welchen kundbar Dolme (Telmere) am rechten Weser-Ufer zu zählen ist b), an der Weser bergauf bis Reilefsen und bis Polle gegenüber sich erstreckte. Gegen die bestimmte Angabe des Sarrachonischen Registers, daß Gombach, welches wol unter dem genannten Goldbiki zu verstehen ist, in dem gau Wickanfeld gelegen, erheben sich indeßen bedeutende Zweife, da jener Ort zum osenschen Archidiaconat, c) mithin zur Mindenschen Diöcese gehörte, auch der Mindensche Bischof nach Urkunden vom 29. Sept. und 15. Oct. 1268 CXLVI. CXLVII.  den Zehnten daselbst hatte. Der Gau Wickanafeld lag im Hildesheimischen Kirchensprengel.

Gegen den gau Auga können wir von dem Gau Tilithi das schon erwähnte, am rechtenWeserufer liegende Dolme, und vielleicht auch Ruelen, und daher zum Mindenschen Sprengel gehörte, als Gränzpunkte ansehen.

a) ...... nr. 435. s. a. Urk. v. K. Heinrich II. von 1004  bei Paleke in trad. p. 905.

b) Reg. Sarrach. nr. 477.

c) s. m. Beitr. z. älteren d. Geschichte Th. I. S. 288.

Lütgenrade, wenn es das in Urkunden erscheinende Lütteken-A ist und Reinlefsen, aus welchen Orten der Zehnten dem Boschofe in Minden zustand, können zum Gau Tilithi gehöret haben. s. S. 29.

Die Linie ist diesemnach in oder an der Weser herauf bis unterhalb Heinsen, welches im Gau Auga lag, auf das linke Ufer nach Vahlbruch im Hannoverschen Amt Polle hin zu leiten, und Polle einzuschließen.

In einer Urkunde des Kaisers Conrad vom 10. Febr. 1043 werden dem Paderbornischen Bischhofe  Meinwerk Güter in Bennanhusun, Valebroch und Dodenbroch in den Gauen Wettigau und Tilithi in der Grafschaft des Grafen Widekind gechenkt. a) Da nicht angemerkt ist, welchem dieser Gauen das eine oder das andere der namhaft gemachten Güter zugeschrieben wird, so muß diese Bestimmung aus anderen Umständen gesucht werden. Nach diesen darf man einen der beiden Orte Bennanhusun und Dodenbrok dem Gau Wetigau zuzählen, mithin Vahlbruch dem gau Tilithi.

Eine Urkunde des K. Conrad von 1031 b durch welche dem Bischof Meinewerc das Gut Son-

a) Falcke p. s. Vita Meinwerei in Leibuitii s. R. D. I. 559. nr. CVI.

b) Falcke p. 527.

nanbeck geschenkt wurde, gibt nämlich die Bestandtheile deßelben an und nennt garunter die Besizungen in Bennanhusun. Jenes Sonnanbeck scheint das zwischen der Paderbornschen Stadt Nieheim und der Lippeschen Stadt Horn liegende Sandbeck zu sein. Die Uebereinstimmung der Namen führt nicht allein zu dieser Behauptung, sondern auch der Umstand, daß mehrere der zu jenem Haupthofe gehörigen Orte, noch jetzt in der Nachbarschaft von Sandbeck angetroffen werden, nämlich Horn, (Hornan) Vinsebeck, (Vinesbiki) Bergheim bei Vinsebeck (Berchum) und Holzhausen zwischen Horn und Detmold (Holthusen).

So wie diesem nach Bennanhusen in der Gegend von Sandbeck a) zu suchen und dem Gau Wettigau zuzuschreiben ist, so muß auch Dodenbrok, welches in einer Urkunde des Bischofs Meinwert von 1036 als ein Vorwerk vonLügde )Luthid er duo uoreuuerc Dodenbroke Berca) angegeben wird b) zum Gau Wettigau gehören, wenn dieses Luthide Lügde  bei Pyrmont ist.

a) Das südlich von Lippspringe liegende Bennhausen kann nach seiner Lage nicht das zum

     Haupthofe Sonnenbeck gehörig gewesen sein. Ineinem Bennenhusen hatten 1244 die Gra-

     Fen v. Pyrmont, die Nachkommen des Grafen Witekind, in deßen Grafschaft das 1031 er-

     Wähnte Bennenhusen lag, Besizungen. Gotschalk und seine Söhne Gotschalk und Hermann

     v. Pyrmont übertrugen damals  dem Kloster Amelungsborn 3 Hufen daselbst, welche Hein-

     rich Kolkorf Ritter von ihnen zu Lehn trug.

b) Falcke p. 461.

Die Aehnlichkeit des Namens erlaubt diese Voraussezung um so mehr, als sonst kein Ort eines ähnlichen Namens in einem der beiden Gauen zu finden ist. Zu den Namen der Grafen von Pyrmont gehörte auch eine Familie von Dodenbroke, a) deren Besizung, von welcher sie den Namen führte, daher nicht weit von Pyrmont und Lügde gesucht werden kann.

Bei Lügde, in deßen Nachbarschaft sumpfige Gegenden sind, wohnten mehrere Familien, deren Namen auf Wohnungen in Brüchen deuteten b).

Vahlbruch bleibt demnach, da Lügde kundbar zum Gau Wettigau gehörte, allein übrig, um es dem Gau tilithi zuzuzählen.

 a) Wie 1231 Gotschalk v. Pyrmont unter einwilligung seiner Söhne genehmigte, daß Hilde-

     brand v. Reinleveßen dem Kloster Amelungsborn 2 Höfe in Reinleveßen, Freihöfe (Vrig-

     hove) genannt, überließ, war nebst des Grafen Priester, dem Marschall Amelung Rebock,

     Bruno v. Vrenke, Heinr. Kannen auch Winand v. Dodenbroke Zeuge, welcher in einer an-

     deren Urkunde eben dieses Gotschalks von 1233 über 3 Hufen in Ellersen (Allersheim) bei

     Bevern), welche dem Kl. Amelungsborn überlaßen waren, sein Burgmann in Pyrmont ge-

     nannt wird.

b) In Pyrmonter und anderen Urkunden dieser Gegend erscheinen häufig Zeugen von der

     Familie von Uppenbroke.

Die Lage von Vahlbruch ist nicht entgegen diesen Ort zum Gau Tilithi zu rechnen. Die Tilideßer Mark bei Radsieck (Rodensike in Tilidessen ..... ) a) zwischen Vahlbruch und dem Schwalenberger Walde scheint die Gränze des Gaues Tilithi hier gebildet mit der Schiederschen, zum Gau Wettigau gehörigen Mark gegränzt zu hadern b).  Vahlbruch gehörte auch zum Osenschen Archidiaconate c), Ueber die Linie, welche um den Gau Tilithi weiter zu beschreiben, von Vahlbruch ab zu ziehen ist, bleibt man in Zweifel. Sie ist indeßen auf zwei noch bekannte Punkte zu leiten, nämlich auf Amelgatzen und Stöcken an der, bei Osen in der Weser mündenden Emmer.

Das erstere legt das Sarrachonische Register (nr. 496 Amelgateshus), das leztere ein Fuldaisches Schenkungs-Register d) in den Gau Tilithi.

Obgleich Stöcken in dieser Gegend nicht mehr aufzufinden ist, so kann man aus den Benennungen Stöckener Feld und Wiesen,  welche noch jetzt Grundstücke bei dem Dorfe Emmern im hannoverischen  Amte Osen führen, so  wie aus der  Belehnung welche das  Haus

a) Reg. Sarr. nr. 643

b) Falcke p. 531. Er rechnet p. 6 not. E. nach der Urkunde von 1031 Vahlbruch zum Gau Wettigau.

c) s. m. Beitr. I. 288.

d) Ebirhardi Mon. Fuld. Summur. trnd. Vct. E. V. nr. 5 bei Schaunat l. e. p. 300.

Hannover dem Fürsten zu Waldeck und Pyrmont unter andern über eine Wehrstätte in Stöckheim und der Fischerei daselbst auf der Emmer ertheilt, die Lage dieses alten Ortes erkennen. Die Familie von Klenke in Hämelschenburg wird auch jetzt noch mit dem Stöckheimer Zehnten beliehen  CCCCXCI.

Das Dorf Emmern und deßen Umgebung ist indeßen um so gewißer zum Gau Tilithi zu rechnen, als das oberhalb liegende Dorf Snesle a), welches eingegangen, und deßen Lage nur noch durch Benennung von Feldern zwischen Grohnde und osen zu erkennen ist, so wie das unterhalb liegende Dorf Ohr (Othere) b) zu diesem Gau gehörten.

Ob das obere Fürstenthum Pyrmont zum Gau Tilithi oder zum Gau Wettigau gehöret hat, kann kezt nicht bestimmt werden. Keiner der zu dem einzigen Kirchspiele Neerßen gehörigen Orte wird in alten Urkunden genannt, und man findet der Kirche in Neerßen  auch in keinem

a) Reg. Sarr. nr. 571

b) Urk. K. Heinr. Über die Stiftung von Kemnade von 1004 bei Falcke p. 905  und bei Grupen in

     orig. Pyrm.  p. 10.

Paderbornischen und in keinem Mindenschen Archidiaconat-Register a). Das untere Fürstenthum Pyrmont oder die Parochi Oestorf gehörte zum Wettigau, indem diese erst im elften Jahrhundert unter dem Paderbornischen Bischofe Immad von der  in dem Wettigau liegenden Lügder Pfarrkirche getrennt wurde und eine eigene Pfarrkirche für Oestorf, Läwenden und Vesper erhielt b).

Die Gränze zwischen dem Gau Tilithi und dem Gau Wettigau, ist hier wahrscheinlich auch die Gränze des nach Minden gehörigen Archidiaconates von Osen.

Verfolgt man die Gränzen dieses Archidiaconates weiter, so ist die Linie auf das zur ehemaligen Grafschaft Sternberg gehörige Bösingfeld, dann auf die im Lippischen Amte Vahrenhlz liegenden Kirchdörfer Ludenhausen und  Langenholzhausen und von da bei Möl-

 a) In dem Mindenschen Archidiaconat-Register s. meine Brife. .. 288 ist eine Kirche in Hardeßen,  

     in der Herrschaft Polle angeführt. Diese ist wol eher in den bei Ottenstein liegenden Haddenser

     Kirche, (s. Müllersche Charte von Hannover) als in dem zum Fürstenthum Pyrmont gehörigen

     Neerßen zu suchen.

b) s. d. Urk. ohne Datum (zwischen 1052 und 1076) bei F. v. Fürstenberg in Mon. Paderb. ed. de

     1714 p. 188. In dem Abdrucke lieset man Thesper, welches wol in Vesper verwandelt werden

     darf. Von einem Orte Thespen findet sich keine Spur, dagegen von einem Vesper, deßen

     Andenken sich bei Lügde, durch die Benennung der Vesper-Feldes erhalten hat.   

lenbeck und Rinteln vorbei nach der Grafschaft Schaumburg gehörigen Exter a) zu ziehen. Mit Ausnahme von Ludenhausen, wenn darunter das in einer Rkunde des Hildesheimischen Bischofs Bernward vom 1sten November 1022 über die Stiftung des Micjaelis Klosters in Hildesheim genannte Luidinghusen b) zu verstehen ist, findet man keinen Ort in dieser Linie, welchen alte Urkunden und Nachrichten dem Gau Tilithi zuschreiben, indeßen auch keinen, welcher dem Wettigau oder dem Gau Thiatmalli beigezählt ist. Nur Exten scheint nach der von Kaiser Arnulf 896 ausgestellten Urkunde über die Stiftung des Klosters Möllenbeck bei Rinteln zu einem anderen Gau, Osterburg genannt, gehöret zu haben c) und außerdem für diesen nur ein sehr beschränkter Raum zu bleiben.

a) In dem Mehrerwähnten Archidiaconat-Register ist Eckberstein genannt. Ein solches ist nicht zu

     finden. Paulus in d. Gesch. des Kl. Möllenbeck S. 34 nennt es Ecketsten .

b) Grupen in antiq. Hanov. p. 107. Falcke p. 905.

c) Kuchenbecker in anal. Hass. Coll. X. p. 377. Grupen in orig. Germ. p. 123 Paulus a. a. O. S. 54.

Folgt man der Gränze des Oseschen Archidiaconats weiter über die Weser hin an deren rechtes Ufer, so kommt man an die Gränze des Gaues Bucki a) und würde die Linte auf  das Bückeburgische, auf Katharinenhagen, Hattendorf im Heßen-Schaumburgischen  b), nach Nettelreder im Hannoverschen Amte Lauenau und dann nach der Hannoverschen Stadt Münder zu ziehen sein. Es ist kein Beweis zu führen, daß die Linie am rechten Ufer der Weser in angegebener Weise gezogen werden müße, indeßen findet sich auch keiner dagegen. bis auf Nettelrede wird keiner der von dieser Linie begränzten Orte zu einem anderen Gaue gerechnet, und so mag vorerst die angegebene Osensche Archidiaconats-Gränze wol angenommen werden können, um so mehr, da andere bekannte Orte nahe an dieser Linie in den Gau Tilithi gesezt werden. Hameln, bei welchem unmittelbar das zu diesem Gau gerechnete Wenige lag c),  muß zu diesem gezählt werden, da zu ihm mehrere Dörfer bei die-

a) Wegen dieses Gaues kann man sich auf die schäzbare Abhandlung des verstorbenen Hern Land-

   drosten v. Wersebe, Beschreibung der Gaue zwischen Elbe, Saale und Unstrut, Weser und Werra

     S. 217. beziehen.

b) Die Angabe von Grupen in observ. p. 198. daß Bückeburg im Gau Tilithi gelegen, ist ohne

     Beweis und falsch.   

 c) s. zwei Urk. d. K. Arnulf von 892 bei Eccard in hist. ge.... princ. Sax. sup. p. 295 – 298. In dem

     Abdrucke ist der Ort Unange zu lesen, man darf indeßen wol einen Schreibfehler und annehmen,

   daß geschrieben war  Un..ge.

ser Stadt, wie Hilligsfeld a), Ohr  b), und Tundern c)  kundbar gehörten. Unterhalb Hameln sind Fischbeck und die Dörfer Haddeßen, Wickholdeßen und Bensen am südwestlichen Abhange des Sünte-Gebirges gleichfalls diesem Gau beizulegen d). Nettelreder wird übrigens in der vorhin S. 46 erwähnten Urkunde von 1022 über die Stiftung des Michaelis-Klosters in Hildesheim zum Gau Werstem gerechnet, welcher Angabe wol eher zu folgen ist, als der aus der Archidiaconat-Gränze gezogenen Vermuthung  e). Zuweilen wurde bei besondern Umständen diese verändert. Die Stadt Münder kann dagegen wol zum Gau Tilithi gerechnet werden.

a) Reg. Sarr. nr. 434.

b) s. Urk. von 1004 bei Falcke p. 905 u. Grupen in orig. Pyrm. p. 10.

c) Reg. Sarr. nr. 124. (Tundinun) a. die angeführten Urk. p. 1004 (Tundinun).

d) s. Urk. v. 1002 u. 1025 d. Kloster Visbeck betr. In Maderi anitq. Brunus. p. 205 u. 211 u.

     Paullini hist. Visb. § VIII. Ob das in den angeführten Urkunden genannteTrackanhusun das

     Dorf Zerßen ist, wie Herr v, Wersebe a. a. O. S. 205 glaubt, mag dahin gestellt sein.

e) Nach einer Urkunde (ungedr.) des Pabstes Innocenz von 1245 durch welche er das kürzlich

     in der Hildesheimischen Diocese gestiftete Kloster Wülfinghausen, in seinen Schuz nahm und

     deßen Besizthum bestätigte, wird zu diesem auch ein Hof und die Kapelle zu Netelrodhere

     (Nettelreder) gerechnet.  

Die Urkunde des K. Conrad von 1033 das vom Mindenschen Bischofe Sigbert gestiftete Martini-Kloster in Minden betreffend a), nennt nach dem in diesen Gau gehörigen Ort Herisuiroda (Harderode) gleich Münder, und obgleich die folgenden Orte nicht alle jenem zuzurechnen sind, so ist nichts entgegen, um das zum Osenschen Archidiavonat gehörige Münder zu zählen. Nicht fern von dieser Stadt, freilich nach der, Weser hin, werden andere Orte des Gaues Tilithi genannt, namentlich Flegeßen b) am Süntel-Gebirge.

Von Münder aus kann man wol unbedenkich die Hildesheimische Diocesangränze als die Gränze des Gaues ansehen. Sedemünder, jetzt eine Ruine ....... von dem in der Hildesheimischen DiöceseGegenden Springe, (Hallerspringe) gehörte zum Oseschen Archidiaconate. Die alte Beschreibung der Hildesheimischen Archidiaconat-Gränze in der Behauptung, Sedemünder in den Gau Tilithi zu legen, auch dann nicht entgegen, wenn daß in selbiger genannte Sidinum Sedemünder sein sollte, da dieses nur als ein Gränzpunkt angegeben ist.

a) Meine Beiträge I. p. 132.

b) Reg. Sarr. nr. 330. Falcke p. 505.

Coppenbrügge in der Grafschaft Spiegelberb lag im Hildesheimischen Sprengel und von da kann  die anfangs in dem gelben Bache begonnene  Linie sich nächstdem ganz wol an Sede-

münder her auf Springe gewendet haben.

Von Sedemünder mag die Linie nach Coppenbrügge hinzu gezogen, und es können Hachmühlen a), Hohnsen und Bentorf, eine jetzt mit Brünihausen vereinigte Kirche, welche unter dem Namen von Bedinctorp in einem Oseschen Archidiaconat-Register aufgeführt ist b), noch innerhalb des Gaues Tilithi gesucht werden.

Hohnsen ist vielleicht das Heienhusen, deßen die Seite 46 angeführte Urkunde von 1022 gedenke, und das Heianhus, welches das Sarrachonische Register Nr. 466 in den Gau Tilithi verlegt c).

 a) In dem mehr angeführten Mindenschen Archidiaconat-Register ist zweischen Sedemünder und

     Flegeßen, Hochhameln genannt, welches in dem Oseschen Archidiaconat-Sprengel sonst nicht

     zu finden ist. Vielleicht ist es ein Schreibfehler und soll Hachmühlen heißen.

 b) s. meine Beitr. Th. I. S. 288. In einer Güterbeschreibung des Stiftes S. Bonisacci in Hameln

     (nach 1461) wird eines Kirchherrn in Bedingrorp erwähnt.

c) Herr Aßeßor Wigand im Corveyischen Güterbesiz S. 108 u. 190 hat überzeugend dargethanm

     daß das im Hannov. Amte Polle an der Weser liegende Heinsen zum Gau Auga gehörte und

     nicht dasjenige Heienhus sein kann, welches für den Gau Tilithi bestimmt ist. Eine andere Kem-

     nadesche Urkunde vom 6. Juli 1359 CCCLXXIX ...... ...... Ortes Heyenhusen.

Bei Coppenbrügge westlich zeigt sich Berensen, welches unter dem namen Biarunhus in diesen Gau gesezt wird a); südlich und hart an der auf ... ... belaufenden Hildesheimischen Gränze Harderode Hriswitherode auch Herisuiroda b); danebenBremke (Bredanbeke) c); südlich davon Dohnsen(Dolcuhus) d); daneben Halle (Hallu) e). Von hier wurde die Linie über Hunzen, Diedelmißen, Kirchbrack, über das Vogler-Gebirge nach Holesberg, wo nach der Urkunde vom 4ten April1107 der Bischof von Minden den Zehnten hatte, auf Lütgenrade? Und Reilefsen?, Rühle an der Weser und Dölme, wohin die erste Linie von Ever-

a) Reg. Sarr. nr. 498. Falcke p. 243.  616.

b) Urk. V. 1033 in meinen Beitr. I. 134 und Reg. Sarr. nr. 454.

c) Reg. Sarr. nr. 408 Falcke p. 243.

d) O. Sarr. nr. 348. 418 Falcke p. 243.  500.  554.  In ........ verpfändeten für 40 Mark Joh. v. Borye,

     ....... und Albert v. Hüpede und Florechin ein Bruder  ...... des Knapen 1335 dem Hugo v. Halle,

     Friedrich  ... Schulzen (S......) Rittern, Hartwig v. Vrenke Knapen und Diet. Stenecken einem

     Bürger in hameln .. ...  Dieses Dodensen darf man in der Nachbarschaft der Gläubiger und

     Schuldner suchen.

e) Reg. Sarr. nr. 515.

stein gezogen ist, zu ziehen sein. Von Münder an ist hier dem Gau Tilithi eine Ausdehnung bis an den Hildesheimischen Sprengel gegeben a) und es stehen keine andere Nachrichten über einzelne Orte, nach welcher diese zu andern Gauen, dem Gau Gudingo, Wickanafeld und Suilbergau gerechnet werden, entgegen.

Die sonst in Urkunden und älteren Nachrichten am rechten Weserufer zum Gau Tilithi gerechneten Orte hat Herr v. Wersebe sorgfältig zusammengestellt. Ob indeßen Hohmareshusen das im Amte Lachem gelegene Hemeringen ist, möchte wol zweifehaft sein, so wie überhaupt ob das Fuldaische Schenkungs-Register diesen Ort in diesen Gau gelegt. Vielleicht ist auch das in der mehr bemerkten Urkunde von 1022 angezeigte Ilisun (Ilisim) da zu suchen, wo im Hannovberschen Amte Grohnde die Ilse fließt, von welcher eine Mühle zwischen Börrie und der Weser den Namen  führt. In der Urkunde wären jedoch  alsdann die

a) Ueber die Gränze des Hildesheimischen Sprengels an dieser seite s. v. Wersebe a. a. O. Seite

     21 u. f. S. 151 u. f.

genannten Orte ganz außer der Reihe genannt, wenn Drespen das dem gräflich Schulenburgi-

Gute Hehlen gegenüber, am rechten Weser-Ufwe liegenden Daspe und das folgende Luiding-

husen, das Dorf Ludenhusen im Lippischen Amte Vahrenholz und Heienhusen  Hohnsen bei Coppenbrügge ist, Ilisin aber erst nach zwei andern unbekannten Orten genannt wird. Wollte man hierauf nicht sehen, so würde man das folgende Aldendorp in der bei Fischbeck am rechten Weser-Ufer liegenden Heßen-Schaumburgischen Stat Oldendorf finden können.

In den Corveyischen Schenkungs-Register werden folgende Orte zum Gau Tilithi gerechnet: nämlich villa Graftingeshus, Walkium und Osthoven a). Das erstere erkläret Falcke b) Grave am linken Weserufer zwischen Brevörde und Pegestorf, (Perderestorpe) welches zu diesem Gau gehörig, genannt wird c).

Ob Walkium in einem der beiden zum Hannoverschen Amte Aerzen, welches im Gau Tilithi lag, gehörigen Dörfer Waaltzen oder Welfeln an der Emmer zu erkennen ist d), muß dahin gestellt bleiben. Osthoven ist nicht entdeckt.

a) Reg. Sarr. nr. 429.  446.  470.

b) In trad. p. 243. 558.

c) Reg. Sarr. nr. 128.  400.

d) s. Falcke. p. 569.

Außer den schon angeführten Orten am linken Weser-Ufer, welche alte Urkunden und Nachrichten zum Gau Tilithi rechnen, sind nach Gellersen im Amte Aerzen bei Hämelschenburg Gellishus a) Helen b) und Kemnade c), beide an der Weser anzumerken.

Nach oben

In einer Urkunde des Bischofs Meinwerk (II) wird noch eines Ortes Gelanthorp erwähnt, welcher im Gau Tilithi lag. Falcke sezt ihn in der von ihm entworfenen Gau-Charte an das linke Weser-Ufer nördlich von Vahlbruch, ohne jedoch einen Verweis für seine Meinung zu liefern. Die Lage dieses Ortes kann nicht angegeben werden d).

a) Reg. Sarr. 445.

 b) Heloon. Reg. Sarr. 208.  Heli. Mon. Ebirhardi trad. Fuld. nr. 35. p. 301.

c) s. Urk. v. 1004 bei Falcke p. 905. von 1016 bei Schaten in ann. Pad. I. 422.

d) Dieses Gelanthorps erwähnt auch Meinwerk’s Urkunde von 1031 über die Stiftung des Klosters

     zu S. Peter und Paul in Pderborn, ohne des Gaues zu gedenken. Sie ist abgedruckt bei Schaten I.

     483. jedoch sehr fehlerhaft.

Des Gaues Tilithi geschieht noch im Allgemeinen Erwähnung in einer vom König Heinrich II: für den Erzbischof von Magdeburg ausgefertigten Urkunde, in welcher er demselben civitetem Sciders mit allen Zubehörungen in den Gauen Hesigenegau, Wetego, Thilethe, Lingau, sarethvelth, Tietmelle und Lethgau und die Waldung innerhalb de drei Flüsse Emmer (Hambrina) Rise und Wermana schenkte a). Orte sind nicht genannt.  

 a) ? Ludowig in Reliq. M. XII. 358 hat diese Urkunde mit der Jahreszahl 1005 abdrucken laßen.

     Diese fehlt beidem von Gareken in cod. dipl. Brund. III. 45 nach dem Originale gemachten

     Abdrucke. Bei dem Originale ist jedoch von neuerer Hand auf der Rückseite bemerkt con....

     Henr. II – 1005. Nach diesem Abdrucke muß der bei Ludowig verbeßert werden.

§ 9

Orte im Gau Tilithi. Dolme. Reinlefsen. Polle. Brevörde.

Pegestorf. Grave. Ottenstein.

Nach oben

In diesem Bezirke, dem alten Gau Tilithi, waren die Grafen v. Everstein mit vielen Gütern  und Schlößern angeseßen. Wir wollen der, bei Beschreibung des Gaues  gezogenen Linie vom Schloße Everstein ab folgen.  Der Güter in Lütgenade und Golmbach ist schon S. 29 u. 34 gedacht.  Bei Dolme besaß der Graf Otto VIII. eine Mühle, (s. Urk. v. 2. Juli 1308 CCXCV.) die Steinmühle genannt, vielleicht da, wo jetzt romantisch die Teufelsmühle an einem, aus einem Gestein über der Weser ausfließenden Bache liegt. Ob diese Mühle dieselbe ist, welche nach der Urkunde von 1206 (CXI.) die Mühle in Dolenstene genannt, von dem Grafen Ludwig dem III. nach Anordnung seiner verstorbenen Frau Adela dem Kloster Amelungsborn übertragen wurde, und von welches unter der Benennung der Mühle in Dulsten eine Urkunde des Domicelli Ludwig v. Everstein vom 9. April 1281 CLXXXIX redet, läßt sich nicht bestimmen. In Reinlefsen hatte Graf Ludwig 1268 (CL) einen Zehnten und Graf Otto VIII. 1308 (S. Urk. v. 2. Juli) einen Hof. Ein Amelungsbornscher Hof daselbst mußte dem Grafen Hermann VIII. (s. Urk. v. 4. Jan. 1413) Hunde halten, wie er anscheinend vom  Dorfe Dienste und ander Pflichten zu fordern gehabt,  indem er am 2. Juni 1408 CCCCLXIX die Freiheit des Klosterhofes anerkannte.

Polle am linken Weserufer, jetzt der siz eines Hannoversches Amtes, gehörte den Grafen v. Everstein. Von einem alten Schloße, welches Falcke 1738 zusammenfallen sah, sind noch die Ruinen zu sehen. Im dreißigjährigen Kriege wurde der Amthof ganz zerstört und alle Gebäude mit sämmtlichen Papieren sind aufgebrannt. Aus dieser Zeit schreiben sich wol die Spuren  von Verschanzungen und Mauern auf dem Heinberge, nicht weit vom Amthofe. Von Polle hören wir mit Gewißheit zuerst in einer Urkunde vom 19. März 1285. CCXIII. Damals überließ dort Graf Otto dem Kloster Loccum Güter in Gestorf.

Ueber das Alter der Burg haben wir keine Nachricht und wißen nicht ob sie schon  war, wie das Schloß Everstein noch im Besize der Grafen sich befand. Erst nachdem Everstein verkauft und in der Zeit wie auch das Schloß Holzminden in andern Händen war, s. S. 9.  23. wird Polle genannt a) und von dieser Zeit an wurden von Grafen v. Everstein hier mehrere Urkunden ausgestellt, nämlich von otto einem Bruder des Grafen Conrads 1286 CCXX, vom Grafen Otto, dem Marschall von Westphalen 1291 (CCXLV a) und am 6. Sept. 1292 CCXLIII., vom Grafen Otto am 30. Juni 1298  CCLXIV,  14. April 1299  CCLXV,  vom Grafen Otto VIII. am 22. Juni 1305  CCLXXXII und am 2. Juli 1308  CCXCV auch vom Grafen Otto 1310  CCCI.

Einzelne Glieder der Eversteinschen Familie nannten sich von diesem Schlße theils mit dem Namen Everstein, theils ohne diesen.

Graf Otto, wie er als Marschall von Westphalen am 7. Januar 1290 dem Erzbischof von Cöln einen Revers gab, nannte sich v. Everstein oder von Polle; am 26. März 1293 CCXLIX.  Gr. v. Everstein, Herr des Schloßes Polle und der Erzbischof von Cöln redet in der Urkunde vom 7. Dec. 1309  CCXCVIII von Otto genannt von Polle, Graf v. Everstein.

a) Nach Leyser p. 43 soll eine Urkunde von 1280 vorhanden sein, in welcher ein Graf v. Everstein

   und v. Polle genannt wird.

Hermann Graf v. Everstein fertigte am 20. Jan. 1305  CCCXLIII eine Urkunde mit dem einzigen Namen de Pollis aus, und der Cölnische Amtmann in Lugde, Graf Hermann heißt am 1. (nicht 13. s. U. B.) Aug. 1337 CCCLVIII Graf von Polle. Das Schloß in Polle blieb bei der Eversteinschen Familie, bis es in der Lippe-Eversteinschen Fehde am 8. Febr. 1407 von des Herzogs Heinr. Von Braunschweig Leuten erobert wurde a).

Graf Hermann besaß es noch,  wie er mit dem  Abte v. Corvey und Heinr. V. Homburg am 5.

Aug. 1394 einen Burgfrieden wegen des Schloßes Holzminden errichtete und in dem mit Paderborn am 7. Januar 1399 geschloßenen Erb-Vertrage wird es noch unter den Eversteinschen Schlößern genannt. In dem Vertrage vom 6. Apr. 1408, durch welchen alle Eversteinsche Besizungen an das Haus Braunschweig kamen, ist es nicht aufgezählet, vielleicht nicht, weil es damals in des Herzogs Händen war.

In Polle waren Burgmänner, wie in anderen Schlößern. In der Urkunde vom 2. Juli 1308 CCXCV werden uns, wenn Burchard v. Stenem, der Ritter nicht dazu gehöret,  Florecken von    

 a) s. Clostermeyer’s Beitr. z. geschichtl. u. natürl. Kenntniß d. F. Lippe S. 1 – 23. p. Chron. Vet.

    bei Meibom in R G. T. I. p. 548.  Nach Herm. Corner im Chr. Bei Eccard in corp. hist. II. 1188

     Herz. Heinr. 1406 in der Nacht vor Ostern (Apr. 10.) Polle eingenommen.

Holthusen, Lambert v. Brach und Dietrich Keerto genannt. Noch jetzt sind zwei Rittersize daselbst, welche wahrscheinlich früher Burgmanns-Güter waren. In Polle, welches noch gegenwärtig ein mit einigen städtischen Rechten versehener Flecken ist, war am 5. Juni 1374  CCCXCVIII ein eigener Rath.

Ob die Spuren von Mauerwerk, welche vor mehreren Jahren auf einem Berge, Bomburg genannt, an dem Wege von Brevörde nach Ottenstei, nahe bei dem ersten Orte gefunden sind, oder die an der Polle-Forstschen Gränze liegende Gropenburg auf eine andere alte Eversteinsche Burg deuten, muß dahin gestellt bleiben. Von einem besonderen Gerichtsplaze bei Polle ist bis jetzt keine Nachricht gefunden.

In dem Amte Polle hatten die Grafen Besizungen in Brevörde an der Weser und in Pegestorf. In Brevörde, deßen ein Helmershauser Schenkungs-Register aus dem Anfange des zwölften Jahrhunderts unter dem namen Bredenvörde – breiet Furth ? -, wie ältere Urkunden nur diesen gebrauchen, schon erwähnt a),  besaßen sie außer anderen Gütern s. Urk. von 1266

a) s. bei Wenk i. d. H. L. G. II. U. B. p. 74. Die Helmershauser Villieatio Bredenvörde ist wol um

    so  mehr an der Weser zu suchen, da zu ihren Lieferungen auch Fische, namentlich Neunaugen

   gehörten.

CXL. einen Zehnten s. Urk. v. 1243 u. 1259.  LXX. CXX. V. 8. Apr. Und 13. Dec. 1282  CXCVI. CXCIX. Graf Otto nannte am 12. Juni 1351  CCCLXXIII diesen Ort sein Dorf.

Nach oben

Der Zehnten zwischen Grave und Brevörde, seßen die Urkunde von 1266  (CXL) gedenkt a), kann wol ein anderer sein. Wahrscheinlich hatte auch Graf Otto das Patronat der, vielleicht von einem seiner Vorfahren gestifteten, schon 1208 CCLIX mit einem Pfarrer versehenen Kirche in Brevörde b), indem er am 6. Sept. 1306 CCXCI dem Abte von Amelungsborn gestattete, auf dem  Kirchhofe einen Hofplaz mit einem Gebäude zu haben c).  Bei dem  zum

a) Bei den Worten der Urkunde: dccimam sitam in monte per viam lapideum de gravenusque

     bredenvorde scheint etwas zu fehlen. Durch den bemerkten Steinweg hat die Lage des Zehn-

     tens wahrscheinlich bezeichnet werden sollen. Dieser steinweg, also eine Kunststraße, deutet

     übrigens wol auf eine größere Straße, welche an die Weser geführet hat.

b) Gegenwärtig besizt das Fürstl. Haus Walbeck das Patronat über die vereinigten Kirchen in

     revörde und Polle mit dem Königl. Hause hannover. Es fehlt bisher jede Nachweisung,

     wie und ob vielleicht mit dem Schloße Ottenstein es an die Herren zu Pyrmont gekommen ist.

 c) Es ist auffallend, daß auf Kichhöfen so häufig Ansiedlungen gestattet und sogar Benuzungen

     darauf angewiesen wurden. In der mitgetheilten Sammlung gibt die Urkunde von 1263

     (CXXXIV) schon ein Beispiel, welchem hier ein anderes hinzugefügt werden kann. Heinrich

     von Dusterhusen der alte und Albrecht v. Brunhartzen (Brunhardeßen) verpfändeten am 21.

     März 1406 an Cord v. Roden und seine Frau Alheid den halben cerkhof to Dusterhusen, der

     Der auf der Twiste lag, um ihn zu Korn oder zu Gras zu nuzen. (Orig. Urk. im Arolser Archive)

Amte Polle gehörigen Dorfe Pegestorf an der Weser sonst Perdestorp genannt, verkaufte Graf Ludwig am 25. Jan. 1319 CCCXXVII sein Fischwehr in der weser an Ernst Hacke Ritter und andere, nebst einer area, Dochtwort genannte im Dorfe a).

Wir wenden uns jetzt zu dem benachbarten Herzogl. Braunschweigischen Amte Ottenstein, welches in einem Lehnbriefe von 1594 zur alten Grafschaft Everstein gerechnet wird b). Graf Hermann VIII nennt es auch unter seinen , in dem am 7. Jan. 1399 mit Paderborn geschloßenen Erbvertrage, und in dem mit den Herzögen Heinr. Und Bernhard am 5. Apr. 1408 gemachten Ceßlons-Vertrage angegebenen Schlößern. Ueber die ältere Geschichte von

a) Die verkaufte area scheint zu dem Fischwehr gehört zu haben. In der Benennung Dochtwort er-

     kennt man in der lezten Silbe Wort einen erhöhten Plaz (Wurth).

 b) s. Treuer’s Münchhaus. Geschl. Historie S. 296.

Ottenstein fehlen Nachrichten; ein Otto und vielleicht ein Otto Graf v. Everstein mag es erbaut haben.  

Die Lenznersche Nachricht a), daß der Herzog Heinrich der Löwe es an einen Moritz Grafen v. Everstein zu Lehn gegeben, ist ungegründet. Der Name Moritz ist bei den sächsischen Grafen v. Everstein nicht, wohl aber in der Spiegelbergischen und auch Pyrmontischen Familie gehört worden. Die Behauptung, daß Heinrich Graf v. Pyrmont Ottenstein von des Grafen Moritz Sohne albert, verpfändet erhalten und es bis 1583 bei jener Familie geblieben b), ist eben wenig begründet. Wenn gleich nach einer Urkunde der Grafen heinrich und Moritz zu Pyrmont vom 14. Jan. 1448 CCCCLXXXVI das Schloß Ottenstein schon früher in dem Besize ihrer Familie war, so folgt nicht, daß sie diesen so früh, wie angegeben erhalten. Ein Graf Heinrich v. Pyrmont ist aus jener Zeit nicht bekannt c).

Ueber den Zehnten und andere Güter in dem benachbarten Grave, (s. a. S. 60) reden Urkunden vom 1. Mai 1254 C  und 16. Juli 1394 CCCCXXI.

a) s. Leyser p. 27. s. a. Felleri monum inedita. P. 359.  Retmeyer in d. B. L. Chron. I. 362 beruft

     sich auf eine aus dem Kloster Falckenhagen mitgetheilte Abschrift eines alten Lehnbriefes von

     1185.

b) Hamelmann in op. Geneal. Hist. p. 379.

c) Grupen in Orig. Pyrm. p. 98. theilt aus v. Klettenberg’s Wald. Helden- und Regentensaat Ms. I.

     651 eine Pyrmontische Stammtafel mit, in welcher ein Heinrich, welcher 1212 gestorben sein

     soll, angeführt wird. Allein diese ist, wie Grupen auch schon bemerkt, in der oberen Reihe nicht

     richtig. Margaretha von Naßau, Wittwe des Grafen Moritz von Pyrmont hatte ihre Leibzucht in

     Ottenstein. Sie entsagte derselben am 27. Dec. 1498 (ungedr.Orig. Urk.) gegen ihre Schwäger

     Moritz und Friedrich Grafen v. Spiegelberg.

§ 10

Grohnde. Emmern. Ohr. Hastenbeck. Snesle.

Nach oben

In dem an Ottenstein anstoßenden Hannoverschen Amte Grohnde waren die Grafen v. Everstein Herren des Dorfes Grone, wenn nicht in der Urkunde vom 18. Nov. 1305 CCLXXXIV statt Grone Grove (vielleicht Grave) zu lesen ist. Der Auszug einer Urkunde vom 22. Dec. 1309  CCXCVIII a. ist zu unbestimmt, um aus diesem mit Sicherheit auf Besizungen in Grohnde schließen zu laßen, da auch hier es Grove heißen kann. Nach jener Urkunde vom 18. Nov. 1305 war bei dem Dorfe in der Weser eine Insel, Stembull genannt. Alte Nachrichten versichern, daß bei Grohnde eine Insel gewesen, auf welcher das Schloß gestanden. Jene soll durch den Hauptstrom und einen Arm deßelben, welcher durch eine Straße, jetzt Ort genannt, gefloßen, und der sichunterhalb der Marsch mit jenem vereinigt, gebildet sein. Im vorigen Jahrhundert will man noch Spuren einer über diesen Arm gelegt gewesenen Brücke wahrgenommen und von einem, in der Nachbarschaft des, dem Herzoge Albert von Sachsen, Domherrn in Hildesheim († 1421) gesetzten Denkmales a) befindlich gewesenen Thore, in der Benennung eines dort wohnenden Köthners Brackmann „Brackmann unter dem Thore“ ein Andenken finden. Uebrigens ist es nicht unwahrscheinlich, daß die Grafen auch an diesen Orte, welcher mitten zwischen andern Eversteinschen Gütern lag, Besizungen hatten.

Grohnde scheint kein alter Ort zu sein. Eine Kirche war hier nicht; erst 1556 stiftete der Drost Jürgen v. Holle hier eine Kapelle; bis dahin wird es wahrscheinlich zu Pfarrei Osen gehört haben. Eines Schloßes in Grohnde gedenkt keiner derer Verträge, in welchen Graf Hermann v.Everstein, der letzte in dieser Gegend, seine Güter aufzählt, nämlich die mehrbemerkten Erb-Verträge vom 7. Januar 1399 und 5. Apr. 1408.

a) Das Denkmal ist von Sandstein. Man sieht den Herzog vor einem Crucifix knieen und liest die

     Umschrift: ano dni (+) M.CCCC. X obiit Albertus Dux Saxoniae in die erne. C. aia. Rqcscat

     in pace.  Die mit gesperrten Buchstaben abgedruckten Worte sind nicht mehr deutlich. Nach

     Botho in Chr. Piet. Bei Leibnitz in S. R. U. III. 399 soll das Treffen zwischen dem Herzog

     Wilhelm v. Braunschweig und dem Bischofe Johann v. Hildesheim auch dem Grafen von Spie-

     Gelberg wegen der Hallermundischen Erbschaft, in welchen der Herzog Albert blieb, 1422

     Geliefert sein, welchem dieses Denkmal hinsichtlich des Jahres widerspricht.

Wie die Herzöge Bernhard und Wilhelm v. Braunschweig 1428 nach dem Ausspruche des Landgrafen Ludwig von Heßen theilten, wurde des  Schloßes zu Grohnde gedacht, welches dem Herzoge Bernd zufiel a). Nach einem alten Corveyischen Lehn-Register CCCCXCIV hatte der Herzog Bernd und sein Sohn Otto dieses Schloß von Corvey zu Lehn empfangen.

Grohnde scheint mit Osen an Heinrich v. Homborg verpfändet gewesen zu sein. s. Urk. v. 1409  CCCCLXXII. Wahrscheinlich war es nebst Osen früher in den Händen der Homburgischen Familie. Wie Sifried uns seine Söhne Rolf und Heinrich v. Homburg am 10. Nov. 1358 (ungedr. Urk.) an Dietrich Hacke die Güter in Nord-Osen, welche er von den Böcken in Nordholz eingelöset, verpfändeten, war bestimmt, daß sie nicht zu dem Hause Grohnde. Damals also vermuthlich in Pfandschaft bei den Hacken, grhören sollten. Von anderen Besizungen in dem kleinen Amte Grohnde ist nichts bekannt, es möchte denn das Ilsa, wo Graf Hermann am 22.  Febr. 1317  CCCXIX   den Corveyischen Probst in Rodde,

a) s. Erath v. Erbtheilungen S. 47 u. f.  

Friedrich, Güter überließ, sich da befunden haben, wo, bei Börrie, am rechten Weser-Ufer die Ilse fließt und die Ilse-Mühle ist. Bei Ohr am rechten Weser-Ufer soll auch ein Ort dieses Namens gelegen haben a).

Grohnde wird, da das nahe liegende Snesle in der Parochie Osen und deßen Gericht war, wol früher an das Schloß und Gericht Osen gehört haben, welche wir als eine Eversteinsche Besizung kennen. In dem Amte Grohnde sind zwei Pläze, welche vielleicht alteGerichtsstätten waren. Der eine ist bei Frenke, der Dageort, in deßen Nähe, zwischen Frenke und Daspe auch eine heilige Eiche stand. Der andere liegt zwischen Brockensen und dem Eichberge bei Frenke und heißt: in den Richtebänken, bei welchem ein Feld das Ruhestück genannt, zu finden ist. Es fehlt bis jetzt an hinreichenden Gründen, diese Pläze, wenn sie auch Gerichtsstellen waren, mit Eversteinschen Gerichten in Osen und Grohnde in Verbindung zu bringen. Frenke b), welches früher zum Braunschweigischen Amte Wickensen und daher wahrscheinlich zu der Herrschaft Homburg gehörte, wurde erst 1591 von dem Herzoge Heinrich Lulius an das Amt Grohnde gelegt, welchem es allein in Hoheitssachen, sonst dem Gräflich Schulenburgschen Gerichte folgte.

a) s. Falcke p. 244.

b) Die v. Frenkesche Familie erscheint früh schon in urkunden.Mit Harborth ist sie 1558

     erloschenn und sehr zu bedauern, daß deren nach Braunschweig gebrachtes Archiv, bei den

     nächstdem in dieser Stadt ausgebrochenen Unruhen, in das Brandenburgische zerstreut ist. s.

     Braunschw. Anz. V. 1746  St. 65 v. 1749 St. 74.

Osen, ehemals der sitz eines Mindenschen Archidiacons, zwischen Grohnde und Hameln, wird in den Corveyischen und Fuldaischen Schenkungs-Registern nicht genannt. Wahrscheinlich ist aber die villa Osen, wo K. Heinrich am 19. Juli 1104 für das benachbarte Kloster Fischbeck eine Schuz-Urkunde ausfertigete a), dieses Osen. Eversteinscher Güter in Nord-Osen gedenkt die Urkunde vom 4. Apr. 1197, von einemEversteinschen Schloße Osen erhalten wir die erste Nachricht durch die Urkunde vom 24. Nov. 1259 CXVIII. Eine angeblich vom Grafen Albert 1212 geschehen sein sollende Verpfändung von Osen an einen Friedrich Grafen von Spiegelberg b) ist nicht bewiesen. Nach der Urkunde von 1259 trat der Graf Conrad VI. mit Einwilligung seiner jungen Frau Irmengard und seiner Tochter Luehard die Hälfte des Schloßes, welches er nach seiner Versicherung bisher von der Cölnischen Kirche zu Lehn getragen, dem Erzbischofe Conrad v. Cöln eigenthümlich ab.

Nach oben

a) s. Mader in antiq. Bruns. p. 209. Einer Sage nach soll der Thurm, welcher die beiden

     Abtheilungen des Amthauses, jezt der Pächterwohnung verbindet, der Aufenrhalt Wittekind’s

     gewesen sein.  

 c) s. Bünting in d. Br. Lün. Chronik S. 525. Leyser p. 28

Er überließ ihm zugleich die Hälfte der Einkünfte von dem Geleits-Rechte auf der Weser und auf dem Lande und bekannte wegen der anderen Hälfte des Schloßes ein Cölnischer Lehnsmann zu sein. Zugleich war verabredet, daß eine vor dem Burgthore in gemeinschschaftlichem Einverständniße anzulegende Befestigung des Orts, gemeinschaftlich sein solle, in der Burg auch ein Jeder, beiden verpflichtete Burgmänner ansezen könne a). Drei und zwanzig Jahre später, am 29. März (nicht 23. März, wie unrichtig abgedruckt ist) 1283  CCIII übertrug eben dieser Graf Conrad dem Erzbischofe  Siefried v. Cöln, die Burg Osen, die Vorburg, (suburbium) den Ort wo sonst die Befestigung war, (locum ubi quondam oppidum fuit)   b) die Gerichtsbarkeit in dem Osenschen Pfarrsprengel und das Gericht daselbst, wiees ihm zuständig gewesen. Er behielt sich nur die wohnung im Schloße vor.

a) Durch diese Urkunde ist die Angabe Gelenii in lib. I. de magnitudine Colon. Synt. 7. p. 75 gegen

   Koch  im Vers. e. pragm. Gesch. d. H. Br. Lün.  S. 103. gerechtfertig.

b) Das Wort oppidum ist um so mehr in dieser Bedeutung hier genommen, indem Osen nie eine

     Stadt war.

Wie Cöln zu dem Ober-Lehnseigenthume, welches Graf Conrad als schon bestanden 1259 anerkannte, gekommen ist, hat bis jetzt nicht ermittelt werden können. Der Erzbischof von Cöln suchte due Rechte eines Herzogs überall geltend zu machen und in schon vorhandenen Schößern festen Fuß zu faßen.

Wie sich die Cölnischen Verhältniße in Osen von 1259 an gestaltet haben, ist nicht bekannt, und auch seit 1283 erfährt man von diesen nichts weiter. Sie müßen, wie die Geschichte der folgenden Zeit ergibt, beendigt sein;  über das wann?  und wie?  Vermag hier nichts mitgetheilt zu werden.

Der Graf Conrad VI. nannte sich 1266 (CXLIII a.) Graf v. Ohsen; sein ältester Sohn Engelbert führte 1291 eben diesen Namen s- Urk. v. 5. Jan. u. 13. Juli  CCXL.  CCXLIV; so auch seine Brüder Heinrich s. Urk. vom 30. Juli 1342 CCCVI und Wedekind, Probst in Hameln s, Urk.  v. 25. Febr. 1314.  CCCXI a. Es gab auch eine adeliche Familie von Osen a), welche wahrscheinlich zu den Burgmanns-Familien in osen gehörte.

a) s. Falcke im Namen-Register, auch Würdtwein.

Es muß eine besondere Veranlaßung gehabt haben, daß Graf Hermann II. v. Everstein bei Osen noch ein Schloß. Lewenwerder genannt erbaute und ihm dazu die Herzöge Otto und Wilhelm von Braunschweig behülflich waren. Jene und die Zeit der Erbauung kennen wir nicht, und es sind keine Spuren dieses Schloßes entdeckt worden. Des Grafen Hermann Bruder, der Hildesheimische Bischof Domherr Otto, genehmigte am 24. Aug. 1329  CCCXLVII, daß dieses Schloß den Herzögen immer offen sein und nach 6 Jahren abgetreten werden slle. Vielleicht ist der Besiz von Osen damals von einer Linie in eine andere übergegangen. Das Schloß Osen muß zum Theil wenigstens in den Besiz des Herzogs Wilhelm v. Braunschweig gekommen sein, indem dieser am 7. März 1361  (oder 1365) CCCLXXXVI an Siegfried v. Homburg und deßen Sohn Heinrich, die Hälfte deßelben für 724 Mark verpfändete.

Es scheint, als ob dieser Siegfried schon früher in Osen Rechte gehabt hat, indem der Hildesheimische Domherr und Probst in Hameln, Otto IX Graf v. Everstein ihm 1353 (CCCLXXIV)  versprach, ein zwischen dem Schloße und Nord-Osen angelegtes Fischwehr ungestöret laßen zu wollen. Die Hälfte des Schloßes Osen ist aber in dem Besize der Eversteinschen Familie geblieben, wie die Gräfin Agnes v. Everstein, geb. von Homburg in dem am 5. Juni 1374 CCCCXCVIII mit ihrem Schwager dem Cölnischen und Hildesheimischen Domherrn, Hermann VI. Grafen v. Everstein geschloßenen Vertrage ausdrücklich erklärt. Wie der Graf Hermann VIII. v. Everstein am 7.  Jan. 1399 mit Paderborn einen Erb-Vertrag schloß, übertrug er auch seinen Theil an Osen, und verpfändete am 24. Aug. 1402 an den Bischof Wilhelm von Paderborn die Hälfte seines Antheils am Schloße Osen.

Obgleich es auffallend ist, daß bei diesem Vertrage keines andern Herrn erwähnt wird, so muß doch damals Siegfried v. Homburg noch Pfandbesizer der einen Hälfte des Schloßes gewesen sein.

Osen gehörte zu denen Gütern, welche in der von Hermann Grafen v. Everstein und Simon und Bernd edlen Herren zu Lippe am 6ten Kuni 1403 geschloßenen Erb-Verbrüderung begriffen waren, wesfalls diese auch dort die Huldigung einnahmen.

Es kam jene Homburgische Pfandschaft bei der Braunschweig-Lippe und Eversteinschen Fehde gleichfalls in Frage, und der gefangene Herzog Heinrich mußte, wie er ranzionirt wurde, in der desfalls am 22. Juni 1405 CCCLIII ausgestellten Urkunde sich auch die Bedingung gefallen laßen, daß die Herrn zu Lippe und der Graf Hermann den, dem herzog gehörigen, von Heinrich von Homburg in Pfandschaft beseßenen Theil von Osen einlösen könnten.

Wie die Everstein-Lippesche Erb-Verbrüderung aufgehoben war, trat Graf Hermann v. Everstein in seine alte Rechte und übertrug die Hälfte des Schloßes Osen – ein Mehreres besaß er also nicht – am 5. April 1408 für seinen künftigen Schwiegersohn, den Herzog Otto v. Braunschweig. Die Homburgische Pfandschaft scheint nach dem zwischen Heinr. Herrn v. Homburg und Berns herz. V. Braunschweig am 9ten October 1409 über die Homburgischen Besizungen geschloßenen Vertrage a) beendigt zu sein. Schon am 8. Oct. d. j. verpfändeten Herzog Bernd und sein sohn Otto das Schloß Osen mit der Vogtei Tundern an Moritz Grafen v. Spiegelberg und seinen Sohn Moritz für 10 000 löthige Mark. Ein Revers, welchen Gerd, Johann von Mauricius Bruder, Grafen v. Spiegelberg am 15. Apr. 1436 ausstellen b), spricht davon, daß der Herzog Wihelm v. Braunschweig ihnen für eine Schuld von 4 200 vollwichtigen rheinischen Gulden gedachtes Schloß auf vier Jahre verpfändet und eingeräumt habe. Hier wird der ältern Pfandschaft  nicht erwähnt und mag diese vielleicht gelöset gewe-

a) s. Orig. guelf. Iv. 513 nr. 45.

b) Orig. Urk. Im Arolser Archive. Für die Grafen waren Bürgen: Moritz Graf v. Perremund, die

     die ritter Hermann Bock u. Joh. V. Frenke, ferner Wilken Klencke, Joh. V. Molinbeke, Aschwin

     v. Cramm d. ält. Hermann v. Halle, Ernst Hake d. jüng.,  Joh. Bussche und Heinr. Holtgreve.

sen sein. Die Spiegelbergische Familie ist ist in dem Pfandbesize geblieben, und die Nachricht, daß sie solchen 1423 verlohren a), falsch. Am 1. Juni 1497 stellten die Grafen Moritz, Friedrich und Simon v. Spiegelberg hier noch eine Urkunde aus, in welcher sie beim Domkapitel in Paderborn anhielten, ihnen als Nachfolgern des Grafen Moritz v. Pyrmont deßen Lehngüter zu verleihen. (Ugedr. Orig. Urk.) Unter Vermittlung des Landgrafen Philipp v. Heßen wurde zwischen dem Herzoge Erich v. Braunschweig und dem Grafen Friedrich v. Spiegelberg und Pyrmont vermöge einer von ersterem am 21. März 1532 ausgestellten Urkunde ein Vergleich wegen des Schloßes und Hauses Osen, auch des Dorfes Esforth, dahin getroffen, daß der Herzog Osen für 10 000 Gulden unter Vorbehalt des  Wiederkaufs, verkaufen sollte. In dieser Urkunde wird der alten Pfandschaft ausdrücklich gedacht. Der Herzog stellte am 26. März 1532 diesem gemäß den Kaufbrief, und der Graf Friedrich an eben diesem Tage einen Revers aus. Am 25. December 1533 kündigte jener die Pfandschaft und verpflichtete sich zur Zahlung auf Ostern 1534 b). Graf Friedrich v. Spiegelberg, welcher nach dem ode seines Bruders Moritz (1524) das Schloß in Pyrmont, wohin kurz vor 1539 die

a) s. Engelhusen in Chr. Bei Leibnitz in S. R. B. II  1142

b) Die Original-Urkunden sind im Arolser Archive. Für die Ausfertigung der herzogl. Urkunde

     vom 26. März 1532 mußte der Graf 40 Goldgulden in die herzogliche Canzlei geben.  

Residenz von Lugde verlegte, in das von denen von Rebock gekaufte Speckholz zu bauen anfing, verwandte zu diesem, etwas über 10 000 Goldgulden gekosteten, von seinem Sohn Philipp fortgeszten, von deßen Schwager Simon Hermann  zu Lippe 1562 vollführten Bau auch den Pfandschilling von Osen a).

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In Emmern, Amts Osen und in Ohr waren die v. Hacken wegen einiger Güter Lehnleute der Grafen v. Everstein b) s. Urk. vom 29. März 1307 CCXXIII,  20. Jan. 1325 CCCXLIII und 13. Dec. 1357  CCCLXXVIII.  Graf Conrad IV hatte 1247 (LXXX b) Besizungen in Ohr, (Odere) und Wangelist. In Hastenbeck  c) bei Osen, war Graf Albert III. am 4. Apr. 1197 begütert.

a) Klettenberg im Wald, Helden- und Regent. Saal (Hdschr.) I.

b) Die Lehne, welche die v. Hackesche Familie 1307 von den Grafen v. Everstein empfing, hat sie

     nächstdem von den Grafen v. Schowenburg empfangen und in neuerer Zeit von dem Kurfürsten

     v. Heßen.

c) Es gab eine adeliche Familie v. Hastenbeck welche im Mannstamme mit Hartung, der des

     Johann v. Reden Schwester zur Frau hatte, 1543 erloschen isr. Hermann v. Hastenbeck und sein

     Sohn Arnold kommen in Urkunden von 1228 vor. Ueber Hastenbeck s. Braunschw. Anz. v.

     1758 St. 87 S. 1396.

Bei Ohr (Oder) in der Marsch war ein Plaz Burgstätte genannt, von welcher nicht mitgetheilt werden kann, ob und welches Schloß hier gestanden. In Snesle, einem im eilften Jahrhundert gekannten Orte des Gaues Tilithi  a), welcher verwüstet, und deßen Andenkung noch in der Benennung des Snesler Feldes bei Grohnde erhalten ist, hatten die Grafen v. Everstein zu Osen, Mindensche Lehngüter, welche sie am 6. März 1288  CCXXIX aus dem Lehns-Verbande hoben. In Snesle soll der Sage nach eine Burg gewesen sein. In dem Felde, in den sogenannten Höfen finden sich noch Spuren von Mauerwerk.Die Grafen v. Schwalenberg, welche in diesem Orte 1274 und 1298 mehrere Güter besaßen, hatten hier auch 1309 einen Burghof b).

Bei Osen liegt an der Emmer, noch ein, jetzt der Familie v. Klenke c) gehöriges Schloß Häm-

a) s. Reg. Sarr. nr. 671.

b) Falcke p. 893 u. 683

c) Das Stammhaus dieser alten Familie, welche den Namen Cleneock führte, ist an der Unter-

     Weser imMindenschen und Hoyaischen zu suchen. In vielen Urkunden dieser Gegenden wer-

     den, Clencoc, Klenckoc genannt. Aus dieser Familie zeichnete sich am Ende des 14ten Jahr-

     hundert der Augustiner, Joh. Elenckock durch seinen Eifer den Sachsenspiegel aus. s. Scheid

     über das Vorgehen, daß der Sachsenspiegel auf der Kirchenversammlung zu Basel verboten in

     d. Hann. gel. Anz. von 1753 S. 1241 u. f. Spangenberg in d. Beitr.z. d. teutschen Rechten d.

     Mittelalters S. 94.

     Agnes Klenke, eine Nonne in Fischbeck schrieb ein in Hannover befindliches                                              martyrologium

     s. Hannov. Gel. Anz. 1753 S. 1274. Der als deutscher Ordens-Comthur in Goettingen 1664

     gestorbene Ludolph Klenke, welcher in Rom zum katholischen Glaubensbekenntniße übertrat,

     veranlaßte 1614 in Hämelschenburg eine Disputation zwischen einem Hildesheimischen Jesu-

     iten und Geo. Calixtus, welche ihn jedoch nicht bestimmte, sein neues Glaubenbekenntniß zu

     ändern. s. Goett. Zeit. U. Gesch. Beschr. Buch IV. Cap. 2. S. 52.

schenburg. Nach dem Lehnbriefe vom 15. März 1821 CCCCXCI war es nebst andern Gütern in der Gegend ein Eversteinsches Lehn. Nach einem alten Mindenschen Lehnregister CCCCXCVI a) hatten die Grafen v. Everstein Hemerschenborg und das Schloß Woltau von der Mindenschen Kirche zu Lehn. Hermerßen lag nach jenem Lehnbriefe nahe bei Hämelschenburg, wo auch noch der Name: die Burg Woldau auch Hünenschloß gehöret wird. Von  dem Orte  Hermerßen scheint die Burg ursprünglich den Namen Hermerschengorg b)

a) s. a. Hannöv. gel. Anz. v. 1752 St. 99 S. 1306.

b) Vielleicht ist auch das Hinnerstenborch, deßen eine Mindensche Urkunde vom 18. Juli 1319 er-

     wähnt, (s. Würdtwein in nov. subs. dipl. IX. 164) dieses Hermerschenburg, und in der Abschrift

     dieser Name verschrieben. Jenes wird zwar zur Pfarrei Osen gerechnet, zu welcher Hämelschen-

     burg früher wol gehöret haben kann.

     Jetzt bildet es mit Amelgatzen, Detleveßen, Gellersen und Welsede eine eigene Parochie, über

     Welche die Familie v. Klenk das Patronatrecht ausübt. Wahrscheinlich ist diese Pfarrei erst aus

     Stücken benachbarter Pfarren gegründet. Gellersen gehörte 1264 noch zur Parochie Osen

     (s. Würdtwein in subs. dipl. XI. 32); und Welsede, jetzt Kapelle, in welcher zuweilen von dem

     Prediger in Hämelschenburg das Abendmahl ausgetheilt wird, soll vor der Reformation eine,

        mit einem eigenen Prister besezte Kirche gewesen sein, deren Alter auch wol aus dem Umstan-

        de abgeleitet werden kann, daß man neuerlich bei einer Beerdigung, unter dem Altar eineUrne

       mit Spreu gefüllt antraf. In dem Mindenschen Archidiaconats-Register (s. diese Beiträge Th. I.

       S. 288) geschieht der Kirchen in Hämelschenburg und Welsede keiner Erwähnung.

       Das Patronatsrecht der Kirche in Hämelschenburg ist übrigens ein Lehn der Herrschaft

       Everstein. (s. Lehnbrief v. 1821).

geführt zu haben. Hermeschenborg und Hermerßen unterscheidet die Urkunde von 1375 (nr. CCCXCIX a). Das Mindensche Lehnregister spricht von einem oppido Hermerschenborg und nennt daneben das Schloß Woldau; vielleicht ist die am Berge unter Woldau liegende Besizung auch später befestigt worden. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Ort Hermannsbergk, welchen Graf Hermann v. Everstein in der am 6. Dec. 1328  CCCXLVI ausgestellten Urkunde oppidum nostrum nennt, dieses Hermerschenborg ist a). Bis auf den Geistlichen und den Grafen Heinrich von Sladen sind die Zeugen in der Nachbarschaft heimisch und unter allen Eversteinschen Besizungen ist keine andere, deren Namen sonst eine Aehnlichkeit mit dem genannten Hermannbergk hätte. Das Wort oppidum, welches in unserer

a) Nach einer gütigen Mittheilung des Hrn. Pastors Limmer in Gera findet sich im Vogtlande keine

     Spur von einem Schloße Hermannsbeg.

heutigen Bedeutung nicht auf Hämelschenburg paßt, hatte zu jener Zeit diese nicht immer, sondern bezeichnete oft einen befestigten Ort.

In den beiden Erbverträgen vom 7. Januar 1399 und 5. Apr. 1408 führt Graf Hermann VIII. v. Everstein Hämelschenburg unter seinen Schlößern auf. Da alte Schloß Hämelschenburg ist nicht mehr; das jezige ist von Jürgen Klenk 1567 gebauet. Früher hatte die Familie Bock dieses Lehn: von dem Herzoge Otto erhielt es die Klenkesche. Der älteste Lehnbrief ist von 1469.

§ 11

Güter in Aerzen und dem Amtsbezirke.

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Wir wenden uns jetzt zu dem benachbarten Aerzen, auch Artelsen, Ertelsen und Arcesloin genannt, einem Eversteinschen Schloße zwischen Hameln und Pyrmont. Dieses soll einer, davon benannten Dynastenfamilie gehöret haben und durch Heirath an die gräflich Eversteinsche Familie gekommen sein. Diese Nachricht erscheint jedoch völlig inbegründet. s. § 30. Es ist zwar möglich, daß durch eine Heirath Aerzen erworben ist, indeßen fehlt eine jede gehörige Nachweisung.

Ueber Aerzen als Eversteinsche Besizung gibt uns zuerst eine Urkunde vom 29. März 1283 CCIII (s. S. 68) Nachricht  a).

Der Graf Conrad VI. welcher auch Osen besaß, übertrug damals das Eigenthum von Aerzen (des oppidi Artheslein Arcesloin) nebst dem Gerichte und die Rechte innerhalb des Grabens b) dem Erzbischofe Siegfried v. Cöln und empfing die eine Hälfte von ihm wieder zu Lehn, dagegen die andere dem Erzbischofe bleiben sollte. Das Ganze war also in dieser Art unter ihnen verteheilt. Weitere Nachrihten über die Cölnische Verhältniße und wie diese sich beendigt haben, wenn sie überhaupt in Wirklichkeit getreten sind, fehlen.

Aerzen oder Artelsen, wie es in älterer Zeit genannt wird, war bis 1408 ein Eversteinsches Schloß. Wahrscheinlich ist dieses da zu suchen, wo die Domaine angebauet ist, obgleich etwa

a) Gelenius in libr. I. de magnit. Cola. Synt. 7. p. 75 erwähnt auch dieser Urkunde.

b) Von einem solchen Graben findet sich außer dem, welcher beim Amthause ist, keine Spur.

¼ Stunde vom Orte, nördlich von der nach Hameln führenden Heerstraße ein 7 bis 8 Morgen großer, dem Vollmeyer Mügge in Selxen gehöriger Plaz, die alte Burh genannt zu finden ist a). Der Ausdruck oppidum mit welchem die Urkunde den Ort bezeichnet, kann nur auf einen befestigten Ort bezogen werden b). Aerzen gehöret zu den Flecken, ist aber nie eine Stadt gewesen. Uebrigens wird in der Urkunde von 1399 CCCCXXIX der Burg und Stadt Artelsen erwähnt.

 a) Am Fuße dieser alten Burg ist eine Quelle, in welcher Movs, Holz inerustirt wird.

b) Die Rathleute in Geismar (Hofgeismar) nennen in einer Urkunde von 1279 s. de Gutlenus Cod.

     dipl. I. 776 den Ort Gieselwerder oppidum und unterscheiden ihn von dem Schloße, oder wört-

     lich von zwei Schlößern.

In den mehr angeführten Eversteinschen Erbverträgen mit Paderborn vom 7. Jan. 1399, mit Lippe vom 6. Juni 1403 und mit Braunschweig vom 5. Apr. 1408 wird Ertelsen als ein Eversteinsches Schloß bemerkt. Nach dem Vertrage mit Lippe sollte es der Gräfin Ermgard v. Everstein zur Leibzucht dienen, wie es ihrer Tochter Elisabeth, des Herzogs v. Braunschweig Frau auch eingeräumt wurde. s. Urk. von 1468 nr. CCCCLXXXIX.

Der größte Theil des ehemaligen Amtes Aerzen wird wol der zum Schloße gehörigen Gerichtsbarkeit unterworfen gewesen sein. Von dem Gerichte besizen wir keine weitere Nachrichten, wie die von 1283.

In dem Amtsbezirke waren noch mehrere Eversteinsche Güter: in Selxen, Amelgatzen, Welsede, Deidleveßen, Stöckem an der Emmer; (s. S. 43. und Urk. vom 15. März 1821, vom 24. Aug. 1377 CCCCI und 18. April 1395  CCCCXXIII) in Grupenhagen, Schwöbber? (Swicbere) und in Berkel s. Urk. von 1282 CXCV.  CXCVI.  CXCIX. In dieser Gegend ist wahrscheinlich auch das Vulideginvelde zu suchen, wo die Grafen begütert waren. S. Urk. v. 8. April 1282. CXCVI.

§ 12

Hameln (Quernhameln).  Stift zu St. Bonifacii.

Entstehung der Stadt. Rechte der Grafen über das Stift und in der Stadt.

Vogtrechte. Münder.

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Hameln, in früherer Zeit Quernhameln genannt, gehörte vielleicht zu den ältesten Eversteinschen Besizungen in dieser Gegend. Diese jetzt am rechten Ufer der Weser , an der Mündung der Hamel liegende Hannöverische Stadt, verdankt ihre Entstehung wahrscheinlich dem alten Stifte daselbst, welches den heiligen Bonifacius als seinen Patron verehrte. Hamelnsche Kirchen-Nachrichten, welche ein Geistlicher in dem Stifte1374 zusammen getragen hat, a) erzählen: Binifacius, welchem die Lage von Hameln gefallen, habe hier, nachdem er Kirchen in Fulda,  Fritzlar und  Eresburg gestiftet,  den Grafen  Eberhard  und die

a) s. Joh. de Polda in Chron. eccl. Hamel. Supplet. bei Leibnitz in 8. R.Br. II. 508 seq. A. Lerbee in

     Chr. Ep. Mind. Ibid. p. 186. Bei de Ludewig in reliq. Ms. X 3. befindet sich gleichfalls das

     Chron. des Joh. de Polda jedoch fehlerhaft.  

Gräfin Odegund, von Osten genannt, welche aus Wittekind’s Stamme entsproßen und kinderlos gewesen, mit den Namen Bernhard und Christine getauft, eine Kirche zu Ehren des Romanus, seines Vorgängers in Maynz geweihet, auch nachdem der Graf und die Gräfin ihre Güter derselben gegen Erlangung eines Begräbnißes in der Kirche und einer am 31. October zu haltenden Memorie zugewandt, Benedictiner aus Fulda hierher berufen, sie als Canonici regulares bestellt, und diese Kirche dem Kloster in Fulda übergeben. Wie der Papst Leo und K.Karl von Paderborn in Begleitung des Erbischofs Lullus und des Fuldaischen Abts Sturm nach Hameln gekommen, erzählen die Kirchen-Nachrichten weiter, sie auf Bitte der genanntenbeiden Geistlichen die Kirche daselbst dem heiligen Bonifacius geweihet. Von dieser Erzählung kann man zuvörderst dasjenige, was von den Handlungen des Bonifacius in Hameln mitgetheilt wird, ausscheiden, indem bis jetzt nicht hat nachgewiesen werden können, daß er in dieser Gegend war. Auch mag die Erzählung von der Anwesenheit des Papstes, des Kaisers, des Lullus und Sturm in Hameln auf sich beruhen. Dagegen kann man als sehr wahrscheinlich annehmen, daß die Kirche in Hameln ihre Gründung dem Kloster in Fulda zu danken hat. Nicht allein war jene, wie dieses, dem heiligen Bonifacius gewidmet, sondern sie hing auch von diesem Kloster ab. Hameln lag in der Mindenschen Diocese entfernt von Fulda; und da keine andere Verhältniße bekannt sind, durch welche das Stift in Hameln dem von Fulda untergeben worden, so kann man den Theil der Erzählung, daß von Fulda aus Hameln gestiftet worden, als wahrscheinlich annehmen.

Eine solche Thatsache wird das Verhältniß zwischen Hameln und Fulda hinlänglich begründen, ohne auf die angeblich von Kaiser Karl dem Großen ausgestellte, nur in Abschrift vorhandene a), schon ihrer Form sehr verdächtige b) Urkunde, nach welcher der Kaiser dem Stifte Fulda Hameln ( res quasdam proprizmis Nostrae, id est Hamalo nuncupatum situm in Pago Saxoniae) schenkte, Rücksicht zu nehmen. Die Behauptung, daß das  Stift in Hameln,

a) s. Schannat in trad. Fuld. p. 23 nr. XLIII. a. Urk. d. Abts Heinr. V. Fulda v. 1259. (CXIX).  

 b) s. Eckhard in rcb. Wireeb. I. 650.

Vor seiner Verbindung mit Fulda, dem Stifte in Corvey untergeben gewesen a), ist bis jetzt nicht begründet. Vielleicht war in Hameln eher eine Fuldaische Pflanzung, ehe Corvey (816) und Minden  (803?)  gestiftet wurden. Die Erzählung, daß ein Graf Eberhard in Hameln die

a) Dieses geschieht von Leibnitz a. a. O. in intrud. P. 46. in Beziehung auf gewiße Corveyische

   Urkunden, welche nicht angegeben und nicht bekannt sind.

Hamelnsche Kirche zuerst ausgestattet, läßt sich zwar nicht begünden; indeßen erscheinen in der älteren Zeit ein Graf Bernhard und eine Gräfin Christine – diese Namen sollen Graf Eberhard und seine Frau Odegund in der Taufe erhalten haben – in dieser Gegend begütert, und als Wohltäter geistlicher Stiftungen, welche dem Bonifacius gewidmet waren. Die Fuldaischen Schenkungs-Register gedenken eines sächsischen, im Gau Cigildi (Tilithi) begüterten Grafen Bernhard; sie erzählen, daß Adalhart, zum Seelenheil seines Bruders, des Grafen Bernhar, den ganzen Nachlaß deßelben und seine frau Christine dem h. Bonifacius übergeben; und daß ein Eberkar diesem Heiligen alles dasjenige übertragen, was der Graf Bernhard und deßen Frau Christine zu ihrem Gedächtniße angewiesen hatten a).

Nach älteren Corveyischen Nachrichten hat in dieser Gegend ein Graf Bernhard gelebt, welcher den Kaiser Ludwig für das Stift Corvey eine Mark an der Weser, nördlich von Höxter verkauft hat  b). Ein Graf Bernhard und seine Frau Christine lebten also nicht fern von Hameln, aus deren Gütern die Kirche daselbst erhalten hat. Ob er oder sie aus Weittekinds Stamme entsproßen, wie die Kirchen-Nachrichten sagen, ist nicht aufgekläret, und es läßt sich nicht ausmitteln, ob von fränkischer Abkunft gewesen c).

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In Hameln legte man ihm einen Familien-Namen: von Osten bei; später nannte man ihn einen Grafen v. Büren. d). Es bedarf keiner  Widerlegung,  daß in der Zeit, in welcher er lebte, von

a) Ebirhardi Mon. Fuld. Sammaria trad. vet: C. V. nr. 25. 54. 55. bei Schannat in corp. trad. Fuld.

     p. 301. 302.

b) s. Kindlinger in der Samml. merkw. Urk. u. Nachr. Hese I. S. 169 – 171 – emit marcum a

     quodam Bernharde comite ita dislinctam: ab oriente terminatur furio Wisera ab aquilone

     Beringisan et Albachtessen a meridie Gudolmon et Meingotessen ab occidente Luitaiaresscu.

c) s. Wigand im Corveyischen Güterbesitz S. 4.

d) s. Joh.Polda I.  c. d. Moller’s kurzgefaßte Gesch. d. Stadt Hameln S. 7. (s. Büsching’s Magaz.

     f. die neueste Historie VII. 497.

keinem Familien-Namen die Rede sein konnte. Jene, wenn gleich in einer späteren Zeit hervorgerufenen Namen erregen jedoch in Beziehung auf die Eversteinsche Familie und deren Verhältniße zu Hameln einige Aufmerksamkeit. Mehrere Grafen v. Everstein nannten sich Grafen v. Osen und es steht dahin, ob nicht beim Stifte in Hameln dieser bekannte Name dem Stifter beigelegt, und statt deßen demnächst Osten gelesen war.

Der Name v. Büren wird aber dadurch bedeutender, daß bei Hameln, wahrscheinlich da, wo nächstdem eine Befestigung, das Fort George angelegt ist, ein Ort Büren lag, und Mitglieder der Eversteinschen Familie sich später v. Büren schrieben. S. § 40. Von der Lage des Ortes Büren bei Hameln, wo die Stadt, nach 1360 und 1366 geschehener Auflaßung der Kannen in Lugde, Güter, 1373 den Zehnten und 1498 den Forst (ungedr. Urk.) von dem Probste des Stifts Hameln zu Lehn erhielt, zeugt noch, daß ein Weg zu jener Befestigung der Bürensche Weg genannt wird. a). Vielleicht hat auch dieser Ort, wenn er eine Eversteinsche Besitzung war, die Veranlaßung gegeben, daß der Graf Otto v. Everstein sich de Buren nannte, wozu sonst kein grund kennbar ist. s. § 40.

a) s. Moller’s Gesch. V. Hameln.

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