Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005)

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Autor: Stephan Otte
Hauptseminar-2-Beitrag am Geographischen Intitut der Universität Hannover, 2005

Titel der Arbeit: Landschaftszerschneidung - Eine Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996

Landschaftszerschneidung_S_Otte_2005.pdf

2. Das Problem der Landschaftszerschneidung im gesellschaftlichen Kontext


Die enge Verknüpfung wirtschaftlicher Nutzungen und Interessen bei der Infrastrukturschaffung sowie der Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Landschaftsverbrauch (s. 1.1.1) zeigt die gesamtgesellschaftliche Dimension beim Versuch, der fortschreitenden Landschaftszerschneidung entgegenzuwirken. Auch wenn davon ausgegangen werden muss, dass eine ungestörte, möglichst naturnahe Landschaft neben dem ökologischen auch einen gesellschaftlichen Wert besitzt, so ist der sich abzeichnende Zielkonflikt unterschiedlicher Nutzungsansprüche sichtbar. Dabei wirkt sich die Diffusität touristischer Nutzungsformen komplizierend aus: „Natur- und Landschaftsleben machen einen wesentlichen Teil der individuellen Lebensqualität im Rahmen von Freizeit und Tourismus aus. Andererseits sind Freizeit und Tourismus mittlerweile auch wesentliche volkswirtschaftliche Größen […] Die mittelbare Nutzung durch die Nachfrager, d.h. durch den Touristen oder freizeitaktiven Menschen, lässt sich dagegen kaum in Flächengrößen fassen. Potentiell können fast alle Freiflächen und auch viele Siedlungsflächen (Städtetourismus) touristisch von Interesse sein, sofern sie für den Menschen erreichbar sind.“. Somit zeigt sich, dass diese Nutzungsart in der Praxis anderen Nutzungsarten häufig unterlegen ist, da schon allein die Definition entsprechender Flächen schwer fällt bzw. schwer fallen kann.


Neben touristischen Nutzungen kann man sich aber auch generell auf das Anliegen des Naturschutzes beziehen. Die Erhaltung der naturnahen Landschaft, der der Naturschutz entspricht, stellt eine Notwendigkeit dar, die auch der Gesetzgeber erkannt hat. Leider wird das Problem der Landschaftszerschneidung in der praktischen Gesetzesanwendung wenig berücksichtigt, da bisher lediglich in Teilbereichen der Problematik wirklich verbindliche Verfahren umgesetzt werden, die dem Gesamtproblem leider nur unzureichend gerecht werden.


Es zeigt sich, dass bei der Bewertung von Landschaftszerschneidungsprozessen, die durchaus unterschiedlich ausfallen kann, bei Planung und Infrastrukturschaffung deutliche Zielkonflikte bestehen. Einerseits besteht der (gesellschaftliche) Nutzen von Infrastruktureinrichtungen, die zu diesem Zweck geplant und geschaffen werden. Beispielsweise erfüllt die Neuanlage und/oder Erweiterung von zusätzlichen Verkehrsflächen unumstritten einen gesellschaftlichen Nutzen und versucht dem gesteigerten Mobilitätsverhalten gerecht zu werden. Über diesen Nutzen besteht – wie bei jeder Infrastrukturmaßnahme – zumeist ein gesellschaftlicher Konsens. Das bedeutet, dass entsprechende Nachfrage sowie Bedarf für die weitere Flächennutzung besteht. Dieser Bedarf wird in den entsprechenden Bedarfsanalysen ermittelt und über die unterschiedlichen Planungsinstanzen (vgl. hierzu Pkt. 2.1ff dieser Arbeit) (hierarchisch) umgesetzt. Es besteht hierbei jedoch eine Art positiver Rückkopplung. Das bedeutet: Die Anlage neuer Verkehrswege bedingt wiederum eine weitere Zunahme des Verkehrsaufkommens, da das bereits bestehende und erweiterte Angebot angenommen wird. Dies führt unter Umständen zu einem erneut gesteigerten Bedarf an erneuter (Verkehrs-) Flächenvergrößerung im Betrachtungs- bzw. Planungsbereich.


Die gleichzeitige Verzahnung sämtlicher Einzelprojekte in einem Landschaftsbereich führen zusammen zu einer starken Komplexitätssteigerung, die durchaus in einer Steigerung der Unübersichtlichkeit der Gebietssituation münden kann. Es kann vermutet werden, dass die vorhandenen Planungsinstrumente bei einer gleichzeitigen Beachtung von Landschaftszerschneidung nicht ausreichend sind. Praktisch ist durchaus belegbar, dass die hierarchisch gegliederten Planungsmethodiken nicht ausreichen um diesem Problem gerecht zu werden; die Schaffung transdisziplinärer Planungsansätze, wie sie Jochen Jaeger vorschlägt, bedingen ein Höchstmaß an gemeinsamer Koordination und Diskussion sämtlicher Planungsträger. Fakt bleibt, wie bereits erwähnt, dass das Problem der Landschaftszerschneidung „systematisch“ unterschätzt wird, durch die Kompetenzverteilungen auf eine Vielzahl von Planungsträgern und Fachplanungen offenbar nicht voll erfassbar ist. Folge der Kompetenzverlagerungen hin zu den einzelnen Planungsträgern und Fachplanungen ist somit auch eine Aufsplitterung der vorgenommenen Prozessbewertungen sowie Gefährdungs- und Risikobewertungen, die hier vorgenommen werden. Dem Gesamtphänomen der Landschaftszerschneidung, die interdisziplinär muss und durch sämtliche Institutionen erkannt und als Problem realisiert werden muss, kann somit in der Praxis oftmals nur bedingt Rechnung getragen werden. Realisiert wird eine Vielzahl von Einzelprojekten auf Basis eines gesellschaftlichen Minimalkonsens’, was dem übergeordneten Problemkomplex leider oftmals nicht gerecht wird.


Allerdings bestehen in der Struktur der vorhandenen Planungsorganisation durchaus sinnvolle Ansätze, das Problem der Landschaftszerschneidung sowohl zu erkennen als auch zielgerichtet geeignete Maßnahmen zu der (allseits postulierten) Vermeidung oder sogar Verminderung (Rückbau) von Landschaftszerschneidung zu treffen: Als Ansatz zur Auflösung vorhandener Zielkonflikte zwischen Bedarfsplanung und Naturschutz können die Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) und Planfeststellungsverfahren gelten, mit denen nachteiligen Umwelteinflüssen von Projekten entgegengewirkt werden soll und kann. Dies setzt allerdings die Umsetzung und Nutzung einer geeigneten Methodik voraus, für die unter anderen Jochen Jaeger Vorschläge entwickelt hat.


Als ein nicht unwichtiges Problem bei der Vermeidung von weiterer Landschaftszerschneidung besteht jedoch derzeit das raumplanerische Prinzip, einheitliche oder zumindest vergleichbare Lebensbedingungen für alle Menschen in Deutschland zu schaffen. Dieser Grundsatz ist im Grundgesetz verankert und durch die bestehenden Behörden weitestgehend institutionalisiert, so dass – trotz der häufigen politischen Bekundung von Nachhaltigkeitswillen und entsprechenden Konzepten, die auch dem zukünftigen Landschaftsverbrauch entgegenwirken sollten, - Alternativplanungen oder sogar ein Projektverzicht nicht vorgenommen werden. Der Alternativansatz zu dieser Disparitätenegalisierung bzw. Unterschiednivellierung besteht in der gewollten und bewussten Ausweisung von geschlossenen Entwicklungsräumen einerseits – beispielsweise entlang vorhandener Verkehrs- und Siedlungsachsen in hoch konzentrierten, stark verdichteten Ballungsräumen – sowie andererseits der Ausweisung von Räumen, die ausschließlich der Natur überlassen werden könnten und in denen keinerlei Infrastrukturschaffung stattfindet, vorhandene Strukturen evtl. sogar entfernt würden, was jedoch in diesem Falle zu einer gewollten räumlichen Ungleichentwicklung führen muss.


Das gesetzliche Homogenitätsprinzip (mit entsprechenden räumlichen Auswirkungen) ist dabei jedoch aufgrund der heutigen – auch landschaftlichen – Situation wachsender Kritik ausgesetzt, die sich – die Anmerkung sei erlaubt – auch verstärkt in der z.Zt. verstärkenden Ost-West-Debatte bemerkbar macht (beispielsweise in entsprechenden Aussagen unseres Bundespräsidenten (BP Köhler), die ihm jüngst sowohl Lob als auch Tadel einbrachten, als er die vorhandenen Disparitäten zwischen „Alten“ und „Neuen“ Bundesländern“ hervorhob). Die gegenwärtigen Diskussionen zeigen jedoch auch, wie tief greifend die hier besprochene Problematik mit unserer gesellschaftlichen Situation verknüpft ist und welche Probleme in der Praxis bei der Umsetzung entsprechender Konzepte zu erwarten sind.


Jochen Jaeger schreibt in diesem Zusammenhang:

Gerade beim Thema der Landschaftszerschneidung erfordern die bisherige Entwicklung und ihre Folgen außer der Bewertung von Planungsentscheidungen aufgrund der gesellschaftlichen Ziele auch eine Überprüfung der Ziele selber.“.


Gemeint ist auch hier ein evtl. Abweichen von der Forderung nach (auch) räumlicher Homogenität innerhalb Deutschlands, der der Verzicht auf die Umsetzung verschiedener Infrastrukturmaßnahmen entgegengestellt bleibt. Eine ehrliche Alternativenabwägung und evtl. Wahl von Nullvarianten kann sich aus der Gegenüberstellung von Projektnutzen sowie den Eingriffskonsequenzen für den Naturraum der Landschaft ergeben. Das Ergebnis dieser Abwägung wird letztlich durch den gesellschaftlichen Kontext ethischer Forderungen bestimmt, kann in einem erhöhten „Naturschutzdenken“, im Anstreben einer „Verteilungsgerechtigkeit von Nutzen und Belastung“ und der Schaffung vergleichbarer Lebensbedingungen liegen. Entsprechende Forderungen lassen sich jedoch lediglich bei Bestehen eines gesellschaftlichen Konsens’ umgesetzt werden, nicht – das sei betont – über Sachwissen und Expertisen der Planungsträger (vgl. hierzu: RENN, 1996: 170).

’Der Naturschutz bleibt damit im Gegensatz zu anderen Teilbereichen der Umweltpolitik ein Politikfeld, dessen Anforderungen regelmäßig durch eine Abwägung mit anderen Belangen überwunden werden können.’ Ähnlich konstatiert der SRU in der Raumplanung eine einseitige Bevorzugung wirtschaftlicher Belange gegenüber ökologischen Belangen.“; (SRU 1996b: 37 Tz. 50).



2.1 Vorhandene Planungsinstrumente – die Umweltverträglichkeitsprüfung


2.1.1 Raumplanung – eine Definition


Raumordnung erfolgt durch die Raumplanung. Nach BÖKEMANN ist Raumplanung:


1) Aufgabe der einzelnen bestehenden Gebietskörperschaften von Bund, Ländern und regionalen Institutionen wie den Kommunen.

- Raumplanung erfaßt Prozesse und Veränderungsdynamik in ihren Zielgebieten und

- geht bei raumplanerische Tätigkeit von der jeweiligen Siedlungsstruktur des betreffenden Plangebietes aus.

4) Raumplanung wirkt auf die entsprechenden räumlichen Entwicklungen zwecks Optimierung der Ressourcennutzung ein.

5)  Raumplanung stellt somit ein Instrument der Koordinierung zwischen den verschiedenen Planungsträgern von Bund, Ländern und Gemeinden, aber auch den Fachplanungen – gemeint sind die Aktivitäten der entsprechenden Behörden.



2.1.2 Planungsträger, Planungsräume, Planungsablauf – eine Zusammenfassung


Es bestehen verschiedene Planungsebenen, sowohl räumlich wie institutionell, die durch raumplanerische Tätigkeit möglichst effizient zusammengeführt und abgestimmt zu werden haben:


- Räumliche Bezugs- und Planungsebenen sind

- die europaweite (kontinentale) Ebene mit der EU als Planungsträger; so verteilt die EU nach Zielregionen gestaffelt beispielsweise Fördergelder für Projekte wie z.B. Verkehrswegeanlage.

- Die bundesweite (nationale) Ebene mit dem Bund als Planungsträger sowie die

- landesweite Planungsebene mit den entsprechenden Landesplanungsbehörden als Planungsträgern.

- Die regionale Ebene wird sowohl durch die Länder sowie die nachgeordneten Behörden wie etwa der Bezirksverwaltung beplant.


Die Hierarchie dieser Planungsorganisation wird deutlich: Jede Planungsbehörde hat ihre Planungen im Einklang mit dem Vorgehen der übergeordneten Stellen zu treffen, darf deren Aussagen nicht entgegenhandeln. Dabei ist jedoch zu bemerken, daß die Genauigkeit, die Auflösung und Detailliertheit der Planungsaussagen mit zunehmender Maßstabsgröße an Genauigkeit gewinnt, weiter konkretisiert wird. So trifft das Bundesraumordnungsverfahren bundesweit bestimmte, grundsätzliche, jedoch den nachgeordneten Behörden ein gewisses Maß an Spielraum belassende Aussagen und bleibt bewußt allgemein formuliert. In diesem Zusammenhang spricht man von der Rahmenkompetenz oder Rahmenrichtgebunbgskompetenz des Bundes. Im Bundesraumordnungsprogramm mit Bundesraumordnungsplan werden allgemeingültige, jedoch eher unscharfe Aussagen etwa über übergeordnete Verkehrswegestrukturen, Versorgungsstrukturen oder Siedlungs- und Flächennutzungsvorgaben getroffen. Beispielsweise auch zu erschließende Rohstofflager werden gekennzeichnet bzw. festgesetzt.


Aufgrund des Bundesraumordnungsplanes entwerfen die Landesplanungsämter die Landesraumordnungsprogramme sowie den Landesraumordnungsplan, treffen genauere Aussagen für die Raumplanung in ihrem Geltungsbereich, der sich aus ihrer „engeren“ Planungsperspektive und Kompetenz ergibt.


Diese Aussagen bilden wiederum die Grundlage für die weitere Landes- und Regionalplanung, die durch Landesbehörden sowie jene der weiteren Planungsebenen erbracht werden. Auf letzter Ebene, auf der kommunalen Planungsebene führen die Gemeinden innerhalb ihrer Kompetenz und Planungshoheit selbstständig die vorbereitende Bauleitplanung in Form der Flächennutzungsplanung im Maßstab 1:10.000 sowie die verbindliche Bauleitplanung in Form der Bebauungspläne im Maßstab 1:1000 bis 1:5000 durch, die als Ortsgesetz, sprich Satzung, verabschiedet werden und konkrete, rechtsbindende Aussagen treffen. Doch auch diese satzungsmäßigen Festsetzungen  (bzw. Kennzeichnungen im F-Plan) müssen übergeordnete Belange sowie die Vorgaben der Fachplanungen beachten. Letztere haben im Zweifelsfall vorrangig behandelt zu werden. Auch die Abstimmung zu den Nachbarräumen muß gewährleistet sein. Dies ist ein Grund für Gemeindezusammenschlüsse bei der Raumplanung (und Stadtplanung) in komplex strukturierten Ballungsräumen. Dies bedeutet hier eine Verfahrenserleichterung, da alle von der Planung betroffenen Stellen wie Nachbargemeinden oder Fachplanungen im Planaufstellungsverfahren beteiligt, also zur Stellung befragt, werden müssen. Ein Beispiel für einen entsprechenden Zusammenschluß gibt der Großraumverband Hannover.


Bei der Aufstellung und Durchführung entsprechender Planungen, Programme und Pläne gilt das sog. Gegenstromprinzip. Gegenstromprinzip meint, daß jede untergeordnete Ebene im Rahmen der Raumplanung mit der übergeordneten Stelle rück zu koppeln ist wie etwa bei der Beteiligung aller betroffenen Stellen bei Aufstellung und Planung – sprich Erarbeitung von Plänen, Programmen oder Entschließungen - zu denen eine Stellungnahme erfolgt, die der übergeordnete Planungsträger „zu beachten“ hat.


Somit sind Bundesraumordnungsprogramm, die Landesraumordnungsprogramme der Landesplanung mit Regional- und auch Stadtplanung Instrumente der Raumordnung und Raumplanung. Sie dienen als gesetzlich festgelegte, abgesicherte und normierte Werkzeuge der Schaffung ähnlicher, vergleichbarer Lebensbedingungen für die Menschen innerhalb Deutschlands (obschon dieses Prinzip der Raumplanung durchaus auch kritisiert werden kann – vgl. hierzu Jaeger). Erreicht wird dies v.a. durch die Abstimmung der ressortorientierten Verwaltung mit ihren zahlreichen, mitunter unübersichtlichen Planungsstellen und zahlreichen Fachplanungen. Dabei sind oftmals entgegengesetzte Aussagen für die zu beplanenden Räume miteinander zu vereinbaren, abzustimmen und abzuwägen. Letztlich zeigt die Praxis die Schwierigkeiten dieser Aufgabe, was bei der Zielkonfliktssituation bei der Vermeidung von Landschaftsverbrauch und Landschaftszerschneidung durchaus deutlich wird. Dabei müssen Kompromisse erarbeitet, Prioritäten gesetzt und sinnvolle Lösungen erdacht werden, da sich Planungsbelange und Vorhaben in ihrer räumlichen Verflechtung teilweise überlagern, überschneiden und verschiedene (räumliche) Auswirkungen erreichen können. Man spricht hierbei von  Zielkonflikten, die zu entschärfen Aufgabe der Raum- und Landesplanung ist. Hierfür müssen Abwägungen getroffen werden für die auch gesetzlich vorgesehene Gutachten wie die UVP eine Entscheidungsgrundlage bilden; §2, Abs. 2 ROG: Abwägungsverpflichtung. Auch Jochen Jaegers vorgeschlagene transdisziplinäre Methodik bei der Analyse und Beurteilung wirksamer Landschaftszerschneidungsprozesse setzt hier an und kann innerhalb der vorhanden Institutionen integriert werden.


Raumplanung verfolgt somit das Ziel, verschiedene raumbezogene Fachplanungen vertikal wie horizontal zu koordinieren.



2.1.3 Grundlagen der Raumordnung des Bundes


Grundlage der Bundesraumordnung ist Art. 75, Nr. 4 des GG, in der die Rahmenkompetenz des Bundes formuliert wird.

Im Jahre 1965 erfolgte nach Geltung von versch. Übergangsregelungen die Verabschiedung des Raumordnungsgesetzes (ROG): BGBl. I, S. 306, letztmalig geändert durch Gesetz vom 01.06.1980, BGBl. I, S. 649.


Paragraph §1 des Raumordnungsgesetzes (ROG) formuliert das allgemeine Leitbild:

Das Bundesgebiet ist in seiner  allgemeinen räumlichen Struktur einer Entwicklung zuzuführen, die der freien Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft am besten dient. Dabei sind die natürlichen Gegebenheiten sowie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfordernisse zu beachten.“.


Dieses Leitbild entspricht dem Gerechtigkeits-, zumindest aber dem Ausgleichsziel bei der Entwicklung, Schaffung und Bereitstellung von Infrastruktur in allen Teilräumen Deutschlands.

Folge war in der Vergangenheit etwa die ehemalige Zonenrandförderung vor 1990 und ist das „Aufbauprogramm Deutsche Einheit“. Auch die Förderung durch die EU nach Zielregionen (NUTS), erfolgt durch ähnliche Leitbilder.

Eine gegenteilige Strategie bei der Raumplanung verfolgte die einstige DDR, die entgegen diesem Verteilungsprinzip auf Zentralisierung der Ressourcen setzte. So wurden periphere, schwache Regionen zugunsten der weiteren Zentrenstärkung unterbewertet. Dies geschah beispielsweise für weite Teile des heutigen Mecklenburg-Vorpommerns. Das besondere Problem heute hierbei ist das Erreichen des Leitbildes in diesen stark unterstrukturierten Bereichen im erweiterten Geltungsbereich des Grundgesetzes (GG).


2.1.4 Maßnahmen von Raumordnung und Landesplanung


1975 verabschiedete die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) als Koordinierungsgremium zwischen Bund und Ländern das Bundesraumordnungsprogramm (BROP), das die Ziele der Raumordnung konkretisiert: v.a. die am stärksten unterstrukturierten, peripheren Räume sollen strukturell verbessert werden, annähernd gleiche Lebensniveaus geschaffen werden. Hierzu erfolgt die Ausweisung von entsprechenden Bedarfsräumen aufgrund einer Indikatorbildung für 38 (vor 1990) vorhandene Gebietseinheiten, die als „Problemräume der großräumigen Bevölkerungsverteilung“ für entweder „abwanderungsgefährdet“ oder „zuwanderungsdruckbelastet“ gelten. Gleichzeitig muss jedoch auch klar sein, dass das Erstreben dieses im Grundgesetz absolut formulierten Ziels zur zunehmenden Landschaftszerschneidung beiträgt und eine vollkommen homogene Raumgliederung innerhalb Deutschlands nicht dennoch nicht gewährleistet werden kann. Hinsichtlich der Vermeidung des Fortschreitens von Landschaftsverbrauch und –zerschneidung kann das gegenteilige Vorgehen, das Ausweisen von Flächen, die von weiterer Bebauung freizuhalten sind, durchaus sinnvoll sein.

Weiterhin werden Räume mit bes. Strukturschwäche ausgewiesen. Nach diesem räumlichen Muster werden u.a. Finanzmittel zur Umstrukturierung bereitgestellt.

Als weitere Entwicklungsstrategie werden großräumige, Entwicklungs-, Kommunikations- und Verkehrsachsen im durch das Zentrale-Orte-Netz gegliederten Raum ausgewiesen. Diese besitzen nationale und internationale Verbindungsfunktion und unterliegen deshalb der Beachtung bei der Raumplanung die die Funktion zu sichern und auszubauen sucht; i. bes. bei der Verkehrsplanung.


2.1.5 Ziele der Raumordnung des Bundes und der Länder


Ziele der Raumordnung sind:


1) Die Sicherung und Weiterentwicklung räumlicher Strukturen mit gesunden Lebens- und Arbeitsbedingungen.

2) Maßnahmendurchführung zwecks Verbesserung der Lebens- und Arbeitsumwelt.

3) Verdichtung von Wohn- und Arbeitsstätten im Sinne von  und  sowie zur Erlangung ausgeglichener sozio-kultureller und wirtschaftlicher Verhältnisse.

- Disparitätenverminderung und –abbau zwischen Regionen durch gezielte Infrastrukturschaffung.

- Sicherung der Bedürfnisse für Forst- und Landwirtschaft.

6) Verbesserung der Lebensverhältnisse in Verdichtungsräumen durch integrierte, gebietsübergreifend koordinierte Organisation der Daseinsgrundfunktionen sowie Dezentralisierung durch Schaffung von Entlastungsorten.

- Beachtung der Belange des Natur-, Landschafts- und Umweltschutzes.

- Die Erhaltung von Kulturdenkmälern wird genauso formuliert wie

- der Bedarf der zivilen wie militärischen Verteidigung.


Diese Grundlagen besitzen Wirkung und Bindung auf und von den planungsbeteiligten Behörden.

Konkrete und griffige Aussagen und Maßnahmen für entspr. Gebiete trifft die Landes- und Regionalplanung:


- Zusammenfassende Programme und Pläne sind beispielsweise das Niedersächsische Gesetz über Raumordnung und Landesplanung oder der Landesentwicklungsplan 1983 für Baden-Württemberg.

-   Regionalplanung für Teilräume der Länder, beispielsweise der Regionalplan Nordschwarzwald u.v.a..


Regionalplanung ist hierbei Bestandteil der Landesplanung, keine weitere Ebene unter der Landesebene.



2.1.6 Aussagen der Landes- und Regionalplanung


Grundlage ist eine Bestandsanalyse von Bevölkerungsentwicklung und –verteilung sowie der räumlichen Prozesse und Entwicklungen v.a. hinsichtlich bebauter und unbebauter Flächen. Weiterhin erfolgt eine Analyse geordnet nach den Sachgebieten Umweltschutz, Siedlungsstruktur / Städte- und Wohnungsbau, Wirtschaft / Arbeitsmarkt, Land- und Forstwirtschaft, Verkehrswesen, Energieversorgung, Wasser, Abwasser und Abfallwirtschaft, Bildungswesen / Kulturpflege, Erholung, Sport und Fremdenverkehr sowie Sozial- und

Gesundheitswesen.


Unter Beteiligung der Kommunen (s. Gegenstromprinzip) oder durch diese selbst werden aufgrund der Analyse Programme in enger überbehördlicher Kooperation und Anteilnahme (z.B. der Fachplanungen und übergeordneten Stellen) im Einklang mit dem ROP sowie dem NROG (in Niedersachsen) beschlossen und umgesetzt.


2.1.7 Ein Beispiel praktischer Regionalplanung: Aufgaben des Großraumverbands Hannover


Erstellung der Raumordnungsprogramms für die Ballungsregion Hannover; Grundlage bildet das ROG des Landes Niedersachsen von 1982, §6: Ermächtigung der entsprechenden Behörden zur Aufstellung von Raumordnungsprogrammen nach dem niedersächsischen NROG.

Erarbeitung des Regionalen Raumordnungs- sowie Regionalen Entwicklungsprogramms über der Gemeindeebene, wobei die Kommunen für die Erstellung von F- und B-Plan zuständig sind.


Das Landesraumordnungsprogramm ist den Regionalen Ordnungsprogrammen übergeordnet, wobei die untergeordneten Programme aus diesem zu entwickeln sind und sogar dessen Plankennzeichnungen sowie textlichen Festsetzungen übernehmen.

Eine Koordination der Regionalordnungsprogramme untereinander ist nötig und gesetzlich im NROG vorgesehen. Träger der regionalen Programme sind zumeist die Bezirksregierungen, seltener die Landkreise.

Da die entsprechenden Programme jeweils den Landesgesetzgebungen der 16 Bundesländer unterliegen, existieren für die jeweiligen Gesetzgeltungsbereiche der Länder unterschiedliche Planzeichenverordnungen für die Kennzeichnungen und Festsetzungen der auszuarbeitenden Pläne.

Neben den zu erstellenden Plänen - dem regionale Entwicklungs- und Raumordnungsplan - sind in Niedersachsen textliche Festsetzungen sowie  ein Erläuterungsbericht vorgesehen. Die Ausarbeitung diesbezüglicher Ziel- und Ergebnisberichte sind den Kreisverwaltungen zugeordnet.

Die zeichnerische Darstellung ist in Niedersachsen auf Grundlage der TK 50 (Topographische Kartenwerke 1:50.000) festgesetzt. Dabei erfolgt auch hier eine gewisse, durchaus gewollte „Unschärfe“ der Regionalen Raumordnungsprogramme, wobei die parzellenscharfe Realisierung den Kommunen mit der Erarbeitung der Bebauungspläne überlassen ist. Somit wird die kommunale Planungshoheit auch in Niedersachsen immer nur dann berührt, wenn tatsächlich übergeordnete Belange – beispielsweise der Fachplanungen –Planungsgegenstand sind. Dabei wird im Plan der regionalen Raumordnung immer die Planungsstände, nie der Ist-Zustand eingetragen.



2.1.8 Verfahren zur Aufstellung des Regionalen Entwicklungsprogramms


-     Vorgesehen sind 6-Jahresphasen für die Aufstellung neuer Entwicklungspläne.

-     Praktisch hat sich jedoch gezeigt, daß 10-Jahresphasen sinnvoller und realisierbarer sind.

-   Bei der Aufstellung des Regionalen Entwicklungsplanes erfolgt eine amtliche Bekanntmachung mit der Aufforderung zur Bekanntgabe geplanter (Groß-) Projekte und Vorhaben.

-     Beteiligte Stellen laut §4, ROG sind:

- Alle betroffenen Kommunen;

- Die Landkreise als Planungsführer (in Hannover übernimmt diese Aufgaben der Zweckverband);

-    Betroffene Nachbarkreise bzw. die Nachbarkreise;

- Sämtliche betroffenen Planungsträger, z.B.. Straßenverkehrsbehörde, Bahnbehörde, Forstämter, Wasserbehörde u.a. (für Hannover sind dies 142 Planungsträger);

-  Die übergeordneten Planungsbehörden, sprich das Land Niedersachsen als Zuständige für das Landesraumordnungsprogramm oder die Bundesplanungsbehörden als Träger der Raumordnung).


Diese Behörden sollten vor der Erarbeitung des Entwurfs eines regionalen Entwicklungsprogramms ihre eignen Planungsabsichten bekanntmachen, um so eine entsprechende Aufnahme zu ermöglichen.

Hiernach erfolgt die Entwurfsphase auf die nach Abschluß die Beteiligungsphase – analog zur Bauleitplanung – angeschlossen ist.

Dabei wird nur den beteiligten Planungsträgern Einsicht gewährt, nicht evtl. betroffenen Bürgern, wie dies in der konkreten Bauleitplanung der Fall ist. Die Einsichtsfrist liegt bei vier Monaten – gegenüber nur einem Monat in der Bauleitplanung. Ein Erörterungstermin wird unter den Planungsträgern vereinbart, zu dem alle betroffenen Behörden eine Stellungnahme der Regionalen Entwicklungsbehörde erhalten. Über Anregungen, Bedenken und Kritik der betroffenen und miteinbezogenen Behörden wird beraten. Eventuell wird das planungs- und Entwicklungsverfahren für die umstrittenen Bereiche erneut durchgeführt, um wiederum der Diskussion gestellt zu werden bis eine Einigung erreicht ist.

In Hannover wird das  Regionale Raumordnungsprogramm als Ortsgesetz oder Satzung erlassen, wofür ein Genehmigungsverfahren in den entsprechenden politischen Gremien nötig ist. Nach Erlangen der Rechtsgültigkeit erfolgt die amtliche Bekanntmachung des Regionalen Raumordnungsprogramms durch die Bezirksregierung.


2.2 Beispiele der Kompliziertheit gesetzlicher Bestimmungen bei der Beurteilung von Teilbereichen der Landschaftszerschneidung als Gesamtphänomen – Regelungen bei Bodenschutz und Altlasten

In den folgenden Abschnitten des Kapitels 2.2 soll gezeigt werden, wie kompliziert die Regelungen bereits innerhalb von einigen Teilbereichen bzw. von einigen Teilaspekten der Landschaftszerschneidung sind. Diese Komplexität der rechtlichen Regelungen wird durch eine Vielzahl von Planungsstellen und Verwaltungen wahrgenommen. Somit ist verdeutlicht, wie schwierig die Koordination der zahlreichen Verwaltungseinheiten und Behörden bei der Beurteilung sowie der Maßnahmenbestimmung hinsichtlich des Gesamtphänomens der Landschaftszerschneidung werden können.


Abbildung 2.2 zeigt die im Folgenden besprochenen Rechtsvorschriften und Gesetze, die den Bodenschutz regeln. Quelle: SAUERBECK, 1986, Rechtsvorschriften zum Bodenschutz (Seite 171), 1986

Abbildung 2.2 (hier links):

Abbildung 2.2 zeigt die im Folgenden besprochenen Rechtsvorschriften und Gesetze, die den Bodenschutz regeln. . Quelle: SAUERBECK, 1986, Rechtsvorschriften zum Bodenschutz (Seite 171), 1986

1. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 6. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 6. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 7. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 7. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 8. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 9. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 11. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 1. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 2. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 3. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 4. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 5. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 6. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 7. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 8. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 9. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 10. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 11. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 12. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) Impressum