Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005)
Autor: Stephan Otte
Hauptseminar-2-Beitrag am Geographischen Intitut der Universität Hannover, 2005
Titel der Arbeit: Landschaftszerschneidung - Eine Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996
3 Erfassung von Landschaftszerschneidung – Methodik
Die Untersuchung und Erfassung von Landschaftszerschneidung beinhaltet ein transdisziplinäres Vorgehen sowohl bei der wissenschaftlichen Untersuchung, aber v.a. auch bei der Beurteilung und Risikoeinschätzung der Folgen im gesamtgesellschaftlichen Kontext. D.h., dass vor dem Hintergrund der unterschiedlichen gesellschaftlichen Problemstellungen (wie sie z.B. die „Folgen der Verschiebung der Altersstruktur bei gleichzeitiger, hoher, strukturell bedingter Arbeitslosigkeit, die Aufgabe einer Umstellung der Energieversorgung und –nutzung auf ein dauerhaft umweltverträgliches System, die Folgen des Mobilitätsverhaltens, die Aufgabe der Folgenabschätzung und der bewussten Gestaltung des technologischen Wandels sowie die in vielen Bereichen nach wie vor zunehmenden weltweiten Umweltdegradationen“ darstellen,) die Bewertung sowie der Umgang mit den Prozessen der Landschaftszerschneidung eine Komplexität besitzen, die nicht durch „einfache“ Gesetzesregelungen (die hinsichtlich der rechtlichen Konsistenz eindeutig sein müssen), Erklärungen, Empfehlungen, Einzelmaßnahmen oder Planziele aufgelöst zu werden vermögen.
Vielmehr schlägt u.a. JOCHEN JAEGER die transdisziplinäre Lösung vor, wobei die Probleme – hier der Landschaftszerschneidung – durch ein Zusammenwirken der verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen im gesellschaftlichen („außerwissenschaftlichen“) Gesamtzusammenhang analysiert und bestenfalls gelöst werden können. JAEGER empfiehlt dabei ein vierstufiges Vorgehen mit:
- Problemdefinition mit disziplin- und wissenschaftsexterner Orientierung;
- freier, jedoch ziel-orientierter Methodenkombination- unter Einsatz verschiedener Disziplinen;
- Problemzerlegung in verschiedene, disziplinintern bearbeitbare Teilbereiche (Problemzerlegung und Analyse);
- Teilbereichsergebnisse können aufgrund der Problemorientierung durch die verschiedenen Teildisziplinen genutzt und weiterhin vertieft werden („wechselseitiger Bezug der Teilbereiche“) (Ergebnissynthese).
JAEGER systematisiert diesen Ansatz durch die Formulierung von drei (übergeordneten) Teil-bereichen: 1. Das Konzept der Umweltgefährdung; 2. Die Formulierung quantitativer Maße der Landschaftszerschneidung; 3. qualitative Experteninterviews zur Wahrnehmung und Beurteilung der Landschaftszerschneidung. Diese Teilbereiche setzt JAEGER durch Anwendung unterschiedlicher, methodischer Fragen wie beispielsweise jener nach dem „Begriffsverständnis und Kriterien für ‚Landschaftszerschneidung’“ oder jener nach den ableitbaren „Zielvorgaben“ in wechselseitigen Bezug (= Transdisziplinäres Vorgehen).
Abbildung 2.7 (hier links):
HAbbildung 2.7: Zerlegung der Problemstellung in drei Teile mit den wichtigsten Verknüpfungen (Leitfragen). Die Pfeile deuten an, welche Teile durch die Leitfragen verknüpft werden. Quelle: JAEGER, JOCHEN A. G.: "Landschaftszerschneidung - Eine transdisziplinäre Studie gemäß dem Konzept der Umweltgefährdung", Kap. 2.1, S. 41f (Abs. 1), Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 2002
4 Prozessablauf und Prozessstruktur von Landschaftszerschneidung
4.1 Phasenmodell zur Landschaftszerschneidung
Gemäß der Definition von Landschaftszerschneidung als Landschaftsfragmentierung durch die Verbindung anthropogen intensiv genutzter Flächen, die durch lineare Infrastrukturelemente verbunden werden, lassen sich modellhafte Prozessabläufe erarbeiten und nachweisen. Dabei bedingen selbstverständlich auch letztere eine Flächeninanspruchnahme sowohl durch die vorhandene Landnutzung selbst als auch – in ihrem Umfeld – durch die starke Beeinflussung der Nachbarräume, etwa durch Emissionen von Lärm und Schadstoffen, Einwirkung von Licht, Änderung ökologischer Austauschprozesse materieller (Fließbewegungen von Wasser im Boden und in Gewässern, Oberflächenabfluss, Stoffdiffusion oder tierische Wanderbewegungen) und energetischer Art (Änderungen mikroklimatischer Zusammenhänger im Nachbarschaftsbereich). In diesem Zusammenhang wird auch von sog. Überschneidungsräumen gesprochen. Die Dimension der Überschneidungsräume dieser eigentlich kontinuierlich verlaufenden Beeinflussung hängt dabei von unterschiedlichen technischen Gegebenheiten sowie der vorhandenen landschaftlichen Situation ab und sollte aufgrund der Teilproblemkomplexität gesondert behandelt erden.
Für die Modellentwicklung und Phasendefinition der Landschaftszerschneidung bietet sich die beobachtbare (empirische) Flächengeometrie bzw. deren Entwicklung und Änderung an. Die Erfahrung sowie Untersuchung von Landschaftszerschneidung zeigt, dass sich dabei ein phasenartiger Ablauf ergibt, wobei die einzelnen Phasen als Abfolge erkennbar sind, bei kontinuierlicher Entwicklung jedoch auch überlappen können:
Abb.: 4.1: Phasenverlauf der Landschaftzerschneidung (nach: JAEGER; JOCHEN A. G.: „Landschaftszerschneidung – Eine transdisziplinäre Studie gemäß dem Konzept der Umweltgefährdung“, Kap. 3.2, S. 49f (mit Abb. 3.1; erweitert nach FOREMAN 1995: 407f, JAEGER 2000a:116), Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 2002)
Abbildung 4.1 (hier oben):
Abb.: 4.1: Phasenverlauf der Landschaftzerschneidung (nach: JAEGER; JOCHEN A. G.: „Landschaftszerschneidung – Eine transdisziplinäre Studie gemäß dem Konzept der Umweltgefährdung“, Kap. 3.2, S. 49f (mit Abb. 3.1; erweitert nach FOREMAN 1995: 407f, JAEGER 2000a:116), Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 2002)
1) Perforation (perforation)
2) Inzision (incision)
3) Durchschneidung (dissection)
4) Zerstückelung (dissipation)
5) Verkleinerung (shrinkage)
6) Auslöschung (attrition)