Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005)

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Autor: Stephan Otte
Hauptseminar-2-Beitrag am Geographischen Intitut der Universität Hannover, 2005

Titel der Arbeit: Landschaftszerschneidung - Eine Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996

Landschaftszerschneidung_S_Otte_2005.pdf

7.3 Zusammenfassung

7.3.1 Örtliche Entwicklung – Wachstum und Differenzierung



Von 1896 bis 1996 fand – mit zwischenzeitlichen Stagnationsphasen bzw. Phasen verlangsamter Prozessgeschwindigkeit, beispielsweise während des zweiten Weltkrieges oder während konjunktureller Schwächephasen, - eine stetige Flächenzunahme der bebauten Flächen im Untersuchungsgebiet statt. Mit Ausnahme der beiden kleineren Gemeinden im Südteil des Betrachtungsraumes, das sind Hämelschenburg und Latferde, erfuhren sämtliche Orte innerhalb des Gebietes deutliche Flächenzunahmen. Besonders die heutige Gemeinde Emmerthal sowie Klein Berkel sind hier mit den stärksten Flächenzunahmen zu bemerken, aber auch der südliche Teil von Hameln erfuhr deutliche Zuwachsraten: westlich der Weser erfolgte diese am Südhang des Klüt durch Wohngebiete, die hier neu entstanden, sowie der Ausweitung der Gewerbegebiete entlang der Bundesstraße B1 sowie auf der Ostseite der Weser mit dem starken Wachstum der Industrie- und Gewerbeflächenflächen nördlich von Tündern und Afferde. Letztere wurden historisch und Verkehrstechnisch durch die vorhandenen Bahnlinien begünstigt, an die hier leicht angeschlossen werden konnte. Es sei angemerkt, dass lediglich dieser südliche Ortsrand der Kreisstadt Hameln mit den entsprechenden Flächen an der nördlichen Schnittgrenze des Untersuchungsgebietes in diese Betrachtung aufgenommen wurde.


Bei weiterer Betrachtung zeigt sich, dass die bis heute am stärksten gewachsenen Gemeinden und Orte Anfang des 20. Jahrhunderts über Bahnverbindungen verfügten, an denen - bis Mitte des Jahrhunderts - oftmals Zuckerfabriken den Kern und Ausgangspunkt des Wachstums bildeten. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts wurden die Zuckerfabriken (in Klein Berkel ebenso wie in Emmerthal) durch geänderte Industrie- und Gewerbeanlagen substituiert.

Weiterhin kann beobachtet werden, dass beim „Zusammenwachsen" von Ortsteilen und Gemeinden, die in Nachbarschaft zu diesen Industrieflächen liegen bzw. lagen, oftmals Flächen durch Wohngebiete bebaut oder ehemalige Produktionsstandorte durch dieselben substituiert wurden, während an den neuen Ortsgrenzen weitere Gewerbegebiete entstanden. Es kann somit auch ein innerörtlicher Nutzungs- und Differenzierungsprozess beobachtet werden, bei dem Gewerbeflächen häufig an die Ortsränder verlagert wurden und werden.

Im Falle von Klein Berkel sowie Emmerthal wurde diese Ausgangslage weiterhin durch die Anbindung an die heutigen Hauptverkehrswege, der B83 sowie der B1, ergänzt, so dass hier ein weiteres Flächenwachstum bebauter Flächen entlang dieser Linien bis in die Gegenwart fortgesetzt wird. Sowohl Gewerbeflächen als auch Wohngebiete entwickeln sich an den Hauptverbindungsstraßen, wobei diese Verkehrswege mit ihrem hohen Verkehrsaufkommen sowie der aufwendigen und weit dimensionierten Konstruktion auf Trassendämmen mit Auf- und Abfahrten und Streckenführung zwischen Schallschutzwällen sowie -wänden (etwa im Verlauf der Ortsumgehung von Emmerthal) momentan in Teilbereichen eine Grenze zum weiteren ungehinderten Ortswachstum zu bilden scheinen.

Abbildung 6.5 (hier unterhalb):


Abbildung 6.5: Phasenweise Ortsentwicklung von Emmerthal: in der Darstellung ist das heutige Straßennetz dargestellt (Stand 2004), so dass das Phasenmodell nach Jaeger (vgl. oben) deutlich erkennbar wird. (Ersteller: Stephan Otte)

7.3.2 Entwicklung des Hauptwegenetzes


Die Gesamtlänge des heutigen Wegenetzes ist nur vergleichsweise wenig länger als zum Zeitpunkt um 1896. Das liegt u.a. daran, dass Neuanlagen von Verkehrswegen außerhalb von Ortschaften in der Summe durch die Erweiterung der Bebauungsflächen per Saldo teilweise ausgeglichen werden.

Weiterhin ist feststellbar, dass die Qualität der Verkehrswege zunimmt. Das bedeutet, sowohl die Dimension (Breite) als auch der Befestigungszustand der KFZ-Wege hat deutlich zugenommen, Was kurzfristig sogar zu einer Verminderung externer Effekte, sprich der Abnahme von Emissionen führen kann, jedoch mittel- und langfristig zu einer weiteren Verkehrslaststeigerung führt.

Der Verkehrsmengenzunahme im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung sowie der EU-Osterweiterung steht im Untersuchungsgebiet momentan nur in geringem Maße ein entsprechender weiterer Ausbau der Verkehrswege gegenüber. Das liegt in der aktuellen (schwachen) Haushaltslage begründet, die in diesem Gebiet keine weitere Zuteilung entsprechender öffentlicher Mittel für eine verstärkte Verkehrsnetzerweiterung erlaubt. So konnte die bereits projektierte Südumgehung der Stadt Hameln mit dem direkten Anschluss der B1 an die östliche Fortführung bisher nicht realisiert werden; die Streckenführung der B1 erfolgt somit auch heute noch durch das Stadtgebiet der Stadt Hameln.

7.3.3 Beobachtung des Phasenmodells der Landschaftszerschneidung (nach Jaeger)

In den stark überbauten Bereichen des UgHMS lassen sich alle Phasen der Landschaftszerschneidung nach Jaeger (vgl. 3) bis hin zu Auslöschung des naturnahen Raumes nachvollziehen und erkennen. Dies ist beispielsweise an der Ortsentwicklung der Samtgemeinde Emmerthal nachweisbar und kann bei Betrachtung der Abbildung 6.4 nachvollzogen werden.


8 Abschätzung von Landschaftszerschneidungsprozessen im Untersuchungsgebiet

8.1 Anmerkungen zur Berechnung der Gesamtstrecken


Die Streckenberechnung erfolgte mit dem Straßen- und Routenplaner „map&guide". Auch das städtische oder innerörtliche Straßennetz ist hier erfasst, lässt sich jedoch leider nur ungenügend im Programm abfragen.

Für die Analyse der Landschaftszerschneidung entfallen die Flächen und Längen der innerörtlichen Verkehrswege zu den bereits vollkommen überbauten Flächen und können somit aus der Streckenlängenberechnung (Summe) an diesem Punkt entnommen werden.

Für eine Abschnittberechnung von Straßensegmenten mit einer Länge von weniger als 100m liefert der Routenplaner eine Distanzangabe von 0,0km. Hier ist ein systematischer Fehler bei der Berechnung gegeben. Dieser Fehler tritt jedoch lediglich in einigen wenigen Tabellen auf. Es kann davon ausgegangen werden, das das Straßennetz innerhalb des Kartiergebietes 1996 bei ziemlich genau 90km liegt.

Wald-, Feld- sowie unbefestigte Wege werden von dem Programm leider nicht erfasst, da diese nicht in der Datenbank hinterlegt wurden.

Genauere Angaben würde etwa die DSK 10, das ist die Deutsche Straßenkarte im Maßstab 1 zu 10.000 auf Grundlage der TK 25 ergeben, da hier tatsächlich die meisten Verkehrswege erfasst sind. Allerdings liegen mir die entsprechenden Daten nicht vor, könnten jedoch bei entsprechender Zahlung von der LGN in Hannover bezogen werden.

Für einen Vergleich mit den Straßenlängen des hier berechneten Hauptverkehrswegenetzes bzw. der erfassten Verkehrswege für 1896 kann von einer Länge von knapp 60 bis 80km ausgegangen werden, wenn die übergeordneten Verkehrswege wie Reichsstraßen und Landstraßen erfasst werden. Allerdings ist hier zu beachten, dass mindestens 10% der Längensegmente in dieser Summe auf Wegabschnitte entfallen, die sich zum Zeitpunkt 1996 bereits in vollkommen überbauten Ortsbereichen befinden.

Eine Analyse der über die TK25 erfassten Verkehrswege kann über die oben beschriebenen Möglichkeiten verschiedener GIS-Systeme erfolgen. Diese Möglichkeit setzt jedoch eine Georeferenzierung der vorhandenen erfassten Daten voraus. Auch hiernach kann aufgrund der Datenstruktur der Corel-Draw (Version 7)-Daten, obschon diese im Vektorformat vorliegen, keine direkte Netzlängenabfrage erfolgen, da dieses Format nicht standardmäßig an die GIS-Programme übergeben zu werden vermag. Der Programmierungsaufwand zur Anpassung der Datenbanktabellen ist wahrscheinlich höher als die manuelle Auswertung übergebener Rasterformate.


Entscheidend für die Beurteilung der Landschaftszerschneidung im Bereich der Verkehrswege ist nicht nur die Bewertung der Streckenlängen sowie der Ausbaustufe der betrachteten Verkehrswege, sondern v.a. auch die Verkehrsbelastung auf den entsprechenden Straßenabschnitten.


Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Ausbaustufen der Verkehrswege im UgHMS im Zeitraum von 1896 bis 1996 überaus stark zugenommen haben. Diese Baumassenzunahme ist selbstverständlich mit dem sich permanent erhöhten KFZ-Verkehrsaufkommen korreliert.

Für die derzeitige Analyse der Arbeit liegen mir jedoch momentan Verkehrsmengenzählungen für die L431 bei Hämelschenburg (Ortsdurchfahrt) vor, die der folgenden Tabelle entnommen werden können:

Tabelle 7.1 (hier links):


Tabelle VII.LXVI: Quelle: Zählungsdaten durch die ARL Hannover

Auch wenn in dieser Zählung nicht zwischen Schwerlastverkehr und Pkw-Anteilen unterschieden wird, zeigt die Zunahme von 2748 Kfz/d die Dimension des Verkehrsmengenzuwachses, der im UgHMS ähnlich stark ist wie die durchschnittlichen Gesamtzunahmen, die für Deutschland verfügbar sind. Diese absolute Zunahme entspricht einem relativen Zuwachs von 27,48% innerhalb der Ortsdurchfahrt von Hämelschenburg.


Für die Bundesstraßen B1 und B83 dürfte der Wachstumsfaktor nochmals deutlich über diesem Wert liegen, besonders im Verlauf der B1, die aufgrund ihres West-Ost-Verlaufes nach der Wiedervereinigung ein besonders erhöhtes Verkehrsaufkommen zu bewältigen hat.

Für die weiterführende Arbeit bei der Untersuchung wäre eine Analyse der verfügbaren Verkehrszahlen sehr interessant. Diese können im Weiteren auch die Zunahmen der Quell- und Zielverkehre beinhalten sowie eine Darstellung des Angebotes öffentlicher Einrichtungen für den ruhenden motorisierten Verkehr, die auf einer entsprechenden thematischen Karte dargestellt werden könnten.

Auch eine weiterführende Analyse von durch das gesteigerte Verkehrsaufkommen erhöhten Emissionen sowie die Beurteilung der indirekten Effekte der Landschaftszerschneidung im UgHMS wäre denkbar.


8.2 Aussagen zu Entwicklung und Zerschneidungsgrad des UgHMS


Aufgrund der räumlichen Struktur kann das UgHMS durchaus als ländlicher Raum bezeichnet werden. Bedient man sich für das Untersuchungsgebiet der möglichen Regionalisierungsparameter wie etwa der Erwerbsquoten (-strukturen) oder den Distanzen zu den nächstgelegenen Verdichtungsräumen können weiterhin folgende Daten zu r Regionalisierung herangezogen werden:

a.  der Ausbau der Netzdichte des ÖPNV,

b.  die vorhandenen Siedlungsgrößen (Fläche / Einwohner),

c. die Freiflächenareale bezogen auf die Siedlungsfläche (ein Wert der eng mit dem Zerschneidungsgrad korreliert),

d.  die vorhandenen Gebäudetypen der Bebauungsstruktur,


e.  die (Gesamt-) Verkehrsdichte,


f.   die Versorgungssituation (Zentralität) oder auch


g.  die kulturellen Betätigungsmöglichkeiten



So ist feststellbar, dass sich der zu Beginn unseres Jahrhunderts eindeutig agrarisch geprägte, ländliche Raum entlang des Wesertals südlich von Hameln zunehmend zu einem Verdichtungsraum entwickelt. Die Zunahme der Landschaftszerschneidung mit all ihren Facetten ist mit diesem Entwicklungsprozess verbunden und für das UgHMS durchaus auch nachweisbar. Beispielsweise gibt die Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung für das Jahr 1984 für die Landkreise in den Grenzen von 1981 für den Landkreis Hameln-Pyrmont das durchschnittliche Binnenwanderungssaldo mit -0,8‰ bis unter +3,9‰ an. Abwanderung innerhalb des Untersuchungsgebietes lässt sich in nennenswertem Umfange wahrscheinlich lediglich für die kleinsten Randgemeinden Hämelschenburg und Latferde zu bestimmten Perioden ermitteln. Diese beiden Orte entsprechen gleichzeitig den am geringsten an der Zunahme der Landschaftzerschneidung beteiligten Orten des UgHMS. Ein Sonderfall könnten in dieser Statistik die NATO-Streitkräfte darstellen, die innerhalb der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts teilweise reduziert wurden. Allerdings werden diese Fluktuationen von keiner der landes- oder bundesbehördlichen Statistiken ausgewiesen, so dass dieser Effekt hier unterdrückt bzw. in den Statistiken nicht sichtbar ist. Eine Umnutzung einstiger Kasemenbereiche führt somit in der „offiziellen" Statistik sogar zu einem wesentlich stärker erhöhten Bevölkerungswachstum als dies der (hier) Realität entspricht.


Bezüglich der vorhandenen Angaben über Freiflächenanteile ist folgendes feststellbar: Aufschluss über das Strukturmerkmal der Freiflächenanteile erbringt u. a. die Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung in ihrem 1984er Bericht: Der Anteil der Siedlungsfläche für den Betrachtungszeitraum (1984) liegt bei 7,5% bis 10% der Gesamtfläche des Landkreises.


Die Bundesforschungsanstalt bewertet den Landkreis Hameln-Pyrmont schon damals als Region mit Verdichtungsansätzen. Diese Entwicklung hat sich nach meiner Auffassung innerhalb der letzten 20 Jahre verstärkt, so dass das UgHMS heute nicht mehr unbedingt als „ländliches Umland" bezeichnet werden kann, sondern durchaus Eigenschaften eines bereits verdichteten Raumes aufweist.


1. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 6. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 6. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 7. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 7. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 8. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 9. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 11. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 1. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 2. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 3. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 4. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 5. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 6. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 7. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 8. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 9. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 10. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 11. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) 12. Untersuchung im Weserbergland zur Landschaftszerschneidung von 1896 bis 1996 (2004/2005) Impressum