Die Rehböcke – Lehnsleute

und Burgmannen im Raum Holzminden



Der  historisch sehr  interessierte und  schriftstellerisch  rege Pfarrer Johannes Letzner  aus Hardegsen kündigt in der zweiten Auflage seiner „ Corbeischen Chronica “  
(Andreas Hantzsch/ Hildesheim 1604 ) an, die „Beschreibung vieler Adelsgeschlechter, so des bemelten Stiffts Lehnsleut gewesen und noch sein “, zum Abdruck zu bringen. Er schreibt: „ Ich will aber in folgenden Cappitteln nur von denen Adelsgeschlechtern nach Ordnung des Alphabets meldung thun, so etwa im Stift Corbei oder in der Nachbarschaft gewohnet, so viel ich davon auß schriftlichen Urkunden und alter fürnehmer Leut Bericht bekommen und gefunden habe“. – (Der Name des adeligen Geschlechts der Rehbocke tritt in verschiebener Schreibweise auf: Rebock, Rehbock, Reboc, Reboch und Rebuck). Im 61. Kapitel seiner Buches berichtet Letzner: „Die Rebocke sind auch eines alten herkommens vnd Geschlechts vnd für alters so wol als zu vnser zeit, in grossem rhumwirdigen ansehn gewesen, sonderlich bey den Graffen von Eberstein, von welchem sie auch auff dem alten Schlos zum Pol, an der Weser gelegen, sonderlich Borglehne mit borgmans frei und Gerechtigkeit gehabt.  Auch von dem Kaierlichen freien Stift Corbei etzliche stück zu Lehne getragen“.  Als ältesten von ihm ermittelten Ahnherrn nennt Letzner Johann Rebock, der  1277  auf dem Haus Polle gewohnt hat. – Während sonst die älteste urkundliche Erwähnung  Polles vom 19.Februar 1285 datiert ( „ Datum in castro nostro Polle“ ), ist hiermit der Beweis erbracht, daß die Poller Burg schon 1285 bestand. In einer Eversteiner Urkunde von 1313 wird ein  „ miles (-Ritter) Henricus dictus (-genannt) Rebock “ als Zeuge genannt. Aus dem Jahre 1292 weiß Letzner zu erzählen, daß die Gebrüder Florian und Erbo Rebock Schildjungen des Herzogs Ernst zu Braunschweig-Göttingen waren und sie 1305 neben vielen anderen Jungen Gesellen auf dem Teditzer Anger zu Einbeck an einem Ritterturnier teilnahmen. In ihrem Wappen führten die Rehbocke einen Rehbock.  Ob sie ihren Namen von dem Wappentier erhielten oder ob sie sich ihren Namen nach  ihrem Wappen auswählten, ist schwer zu beantworten.  Da es in der oben erwähnten Urkunde von 1313 „dictur Rebock“ heißt, kann es sehr wohl sein, daß sie zuvor einen anderen gewählt haben. Letzner bringt keinen Familienstammbaum;  er begnügt sich vielmehr mit der Nennung einiger Namensträger und verwendet dabei Verwandtschaftbezeichnungen wie Vater, Sohn, Vetter, Bruder. Mit einiger Mühe ist folgende Geschlechterfolge aufzustellen, wobei die Verbindung von I zu II nicht völlig gesichert ist: I.Johann Rebock II. Henrich R. 00 Elilica von Leuthorts, III. Curdt R. 00 von Kerssenbroch, IV Curdt R. 00 von Hevenhusen, V. Johann R. 00 Mariam von Nette, VI. Johann R. 00 Anna Postin.  Zwischen den Rehbocken und den Ritterfamilien der näheren und weiteren Umgebung wurden zahlreiche Ehen geschlossen: Von Bovenden, von Steinberg, von Wrisberg, von Oldershausen usw. Letzner liebt das Anektodenhafte. So berichtet er von einer Tochter des Curdt Rebock namens Hase, die sich mit Ludolf von Oldershausen verhairatete. Bei der Hochzeit hätten die jungen Gesellen den Bräutigam damit gehänselt, daß er durch seine junge Frau zweierlei  Wildbret in einem Stück erhalten habe, nämlich Hasen- und Rehfleich. –Leider magelte es bei dem Chronisten an festen Daten.  Der mit Anna Postin vermählte Rehbock war der Letzte seines Stammes. Seine Ehe blieb kinderlos. Er bewohnte zunächst den Hevenhusenschen Burgmannshof in Moringen und  errichtete sich dann einen eigenen Adelssitz zu  „ Ussinhusen zwischen dem Sollinger walde vnd dem Wepergebirge an der Espel gelegen. “


Da er aber als tüchtiger Kriegsmann in den Diensten des Kurfürsten zu Sachsen stand und von ihm nach damaligem Brauch Manngeld und Kleidung erhielt, wurde er von seinem Herren aufgefordert, mit seinen Pferden und Knechten nach Ungarn gegen die Türken zu ziehen.  In einem Scharmützel  geriet er in Gefangenschaft und wurde „ gezebelt “, also mit einem krummen Türkensäbel getötet. Leider fehlt auch hier eine feste Jahreszahl. Die Witwe, Anna Postin, „ eine gottselige, christliche und tugendsame Frau, hatte ihren Witwenstand in allerGottesfurcht, Zucht und Ehren “ zugebracht.  Sie starb als Wohltäterin der Armenam 9. November 1581 zu  Ussinghusen und wurde auf dem Friedhof zu Moringen, neben der Martinikirche, beigesetzt. Auf einem kleinen Gedenkstein, auf dem ihr Wappen und auch ihre Ahnen angegeben waren, stand zu lesen : „ Diese Witwe vor ihrem Ende / vierhundert Taler an die Armen wande.  Der Prediger auch allhie bedacht / hundert Taler ihm hat Vermacht“. Die hinterlassenen Güter fielen nach Letzners Angaben an die „ Weißberger “, seiner „Schwester Kinder“. Das muss ein Druckfehler sein, denn von seinen  drei Schwestern heiratete nur die eine, nämlich Catharina, die sich nach Lettners Bericht mit Ernst von Wisberg vermählte.  Was sagen andere Quellen über die Rehböcke aus? Franz Fromme zitiert in seinem Buch über Lüchtringen auf Seite 216 : „ Heinrich Rehbock und Curd, sowie berthold von Luthardessen, daß das Stift Corvy von ihnen für 40 Mark  6 Hufen ( 180 Morgen ) zu Lüchtringen eingelöst habe / Urkunde von 1361“. Das Eversteiner Lehnregister des 14. Und 15. Jahrhunderts führt Lehnsgüter eines Hinze (Kurzform von Heinrich) Rehbock in Werpessen (Warbsen)  mit der dortigen Mühle und dem Zehnten des Dorfes  Dune (wüst), Oldenhagen (Wüstung?)  und Stahle auf.


Eine Urkunde von 1310 besagt: „Der Knappe Johannes dictus Rebock verkauft mit Zustimmung seiner Gattin Konegundis und seiner Söhne Florencius und Henricus an Abt und Konvent des Klosters Amelungsborn zwei Höfe (manses) und vier Hausstätten (hobes) im Dorf und Feld Lotbeke (Lobach) für 14 Mark reinen Silbers“. -Ernesto Reboc wird in einer Urkunde von 1307 ausdrücklich als „castellanus“ in Polle bezeichnet.


Autor:  Friedrich Wittkopp

Veröffentlicht : TAH, am 19.5.1982


Literatur :


Johannes Letzner (1604):  Corbeischen Chronica , Andreas Hantzsch/ Hildesheim 1604 , zweite Auflage


Franz Fromme (1980):  Lüchtringen – Grenzdorf zwischen Weser und Solling , Hrsg. Heimat- und Verkehrs

verein Lüchtringen e.V. 1980


TAH, 22.11.2003, Seite 22 „ Bangen um einen Schatz der Holzmindener Stadtgeschichte“ ( Hof der Familie Wrisberg zu Wrisbergholzen. . In den Amtsregistern um 1600 heißt der gesamte Hof meist immer noch „Rebockes Stätte“. Damit liegt sehr  wahrscheinlich  ein Bezug von einer Hausstätte zu naheliegenden Stadt Wasserburg mit seinen Rechten vor.   Sehr wahrscheinlich  sind die Lehnsleute wohl auch Burgmannen der Eversteiner Grafen gewesen.  Damit liegt ein Bezug zur Burg-, Stadt- sowie Adelsgeschichte der Familie von Rehbock vor. Mitteilung an Herrn  Dr. Christian Leiber, Schloß Bevern. 25.11.03


Anmerkung :


Burgmannen waren die sogenannten Ministralien ( der Dienstadel ), der die Burg  betreute,  verwaltete und  ver- mutlich im Ort, der Umgebung bzw. auf der Burg wohnten.  Sie waren  in  diesem Falle Lehnsleute (Borglehne) der Grafen von Everstein und wohnten 1307 auf der Burg (castellanus)


Hans Bahlow (Ausgabe von 1980 : Deutsches Namenlexikon, 15.000 Familien- u. Vornamen nach Ursprung und Sinn erklärt )  führt den Namen Rehbock nicht in seinem Lexikon.

F. Wittkopp - Text 1

Das Geschlecht der Rehböcke

Friedrich Wittkopp

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